Düsseldorf. Die Zinswende führt zu einem Gewinnsprung bei den rheinischen Sparkassen. Das Neugeschäft mit Baukrediten bricht aber ein.
Lange hatten Geldinstitute unter der Nullzins-Politik der Europäischen Zentralbank gelitten. Jetzt steigen die Zinsen so rasch, dass etwa den rheinischen Sparkassen das Neugeschäft mit Immobilien-Krediten wegbricht und sie erhebliche Abschreibungen auf Wertpapiere vornehmen müssen. Mit ihrer auf über 190 Milliarden Euro gestiegenen Bilanzsumme für 2022 sind sie dennoch zufrieden.
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„Ich hätte mir gewünscht, dass die EZB die wirtschaftlichen Risiken eher bekämpft hätte und nicht so abrupt wie jetzt“, sagt Michael Breuer, Präsident des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands, am Montag vor Journalisten in Düsseldorf. Dabei lässt er keinen Zweifel daran, dass die Anhebung des Leitzinses auf inzwischen 3,5 Prozent der richtige Weg sei, um die Inflation zu bekämpfen. Zum Teil profitierten die 28 rheinischen Sparkassen, zu denen auch die Institute in Essen, Duisburg, Niederrhein, Düsseldorf, Mülheim und Oberhausen gehören, im vergangenen Jahr von der Zinswende. Als Folge fiel das operative Ergebnis deutlich höher aus, und der Bilanzgewinn schnellte um 71,4 auf 239,4 Millionen Euro in die Höhe. Zur Freude der Kommunen, die Trägerinnen der Sparkassen sind.
705 Millionen Euro Abschreibung auf Wertpapiere
Auf der anderen Seite mussten die rheinischen Sparkassen aber auch mehr als 705 Millionen Euro auf Wertpapiere abschreiben. Der Zinsanstieg hatte in der zweiten Jahreshälfte 2022 dazu geführt, dass festverzinsliche Eigenanlagen der Institute deutlich an Wert verloren. Trotz der hohen Summen zeigt sich Präsident Breuer gelassen. „Die rheinischen Sparkassen verfügen über ausreichenden Spielraum, um diese handelsrechtlichen Effekte abzufedern. Sie können auch in Zukunft ihren Aufgaben in der Region ohne Einschränkungen nachkommen“, sagt er.
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Bleibende Spuren hat die Zinswende bei den Immobilien-Finanzierungen hinterlassen. Nach Jahren der Rekorde brach das Geschäft der Sparkassen mit neu ausgegebenen Wohnungsbaukrediten in der zweiten Jahreshälfte regelrecht ein. Im Dezember 2022 hatte sich die Kreditvergabe nach Verbandsangaben verglichen mit dem Vorjahreszeitraum halbiert. „Und im Januar und Februar 2023 hat sich die Lage nicht verbessert“, meint Präsident Breuer, verweist aber zugleich darauf, dass die Sparkassen zuletzt immer noch so viele neue Baukredite vergeben haben wie 2019.
Deutlich weniger Konsumentenkredite vergeben
Kreditausfälle in großem Stil bei laufenden Immobilien-Finanzierungen erwartet der Verbandschef indes nicht. Immerhin beträgt das Gesamtvolumen privater Wohnungsbaukredite bei den rheinischen Sparkassen 50,6 Milliarden Euro. Das durch hohe Inflationsraten geprägte schlechte Verbraucherklima bekommen auch die Sparkassen zu spüren. Zusagen für neue Konsumentenkredite gingen im vergangenen Jahr um 10,8 Prozent auf ein Volumen von 1,2 Milliarden Euro zurück.
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„Krise ist die neue Normalität“, sagt Breuer nüchtern im Hinblick auf Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Arbeitskräftemangel und Inflation. Aber: „Es wird aber weiter gespart.“ Obwohl die rheinischen Sparkassen gar nicht damit gerechnet hatten, verzeichneten sie bei den Einlagen einen deutlichen Zuwachs um 3,5 auf 147,5 Milliarden Euro. „Das Wachstum hat uns überrascht. Allerdings sind vor allem kurzfristige Anlageformen gefragt“, erklärt Thomas Pennartz, Geschäftsführer des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands.
Firmenkredite mit deutlichen Zuwächsen
Wenig beeindruckt von der Vielzahl der Krisen zeigten sich offenbar auch die Firmenkunden. Die rheinischen Sparkassen vergaben im vergangenen Jahr 2,6 Prozent mehr Kredite an größere Unternehmen und Mittelständler als 2021. Mit Darlehenszusagen in Höhe von 13,6 Milliarden Euro fuhren die Institute das „historisch zweithöchste Neugeschäftsvolumen“ ein. Nach Verbandsangaben waren vor allem Investitionen in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge geplant. Die Sparkassen beobachteten aber auch Nachholeffekte etwa im Hotel- und Gastgewerbe, das unter den Einschränkungen während der Corona-Pandemie besonders gelitten hatte.
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Dass sich das Leben mit dem Virus allmählich wieder normalisiert, lesen die Sparkassen an einem weiteren Trend ab: Ihre Kundinnen und Kunden zahlen wieder häufiger mit Bargeld. Die Zahl der Abhebungen bei den Heimatsparkassen im konsumstarken Monat Dezember sank zwar zwischen 2015 und 2021 deutlich um 9,46 auf 6,65 Millionen Verfügungen. Im Dezember 2022 kletterte die Zahl der Abhebungen aber wieder auf 6,85 Millionen. Auch der durchschnittliche Betrag, den die Geldautomaten ausspucken, wuchs deutlich – von 183,63 Euro im Jahr 2015 auf 242,71 Euro im vergangenen Jahr.