Dortmund. Das Heizen steht im Mittelpunkt der Dortmunder Bau-Messe. Habecks Verbotspläne für Öl und Gas lösen auch Boom von veralteter Heiztechnik aus.

Robert Habeck ist allgegenwärtig in den Dortmunder Westfalenhallen. Wo kriege ich am schnellsten eine Wärmepumpe? Taugt die überhaupt für mein 50 Jahre altes Haus? Wer kann mir noch schnell die alte Ölheizung austauschen? Auf der Messe „Bau!“ bilden sich an allen Ständen zum Thema Heizen Trauben von Menschen, die diese oder ähnliche Fragen stellen. Der Plan des grünen Bundeswirtschaftsministers, bereits ab 2024 den Einbau von herkömmlichen Öl- und Gasheizungen weitestgehend zu verbieten, hat die Branche aufgeschreckt.

„Hat der keine Berater?“, fragt ein Wärmepumpen-Händler. Es gebe weder die Maschinen noch die Leute, um eine halbe Million alte Heizungen pro Jahr gegen die strombetriebenen Geräte auszutauschen. Ganz zu schweigen davon, dass sie für viele ältere, schlecht gedämmte Häuser gar nicht geeignet seien. Ob es seinem Geschäft nicht helfe, wenn die Bundesregierung bei der Wärmewende aufs Tempo drückt und ihm so viele neue Aufträge beschert? Davon kämen schon lange mehr, als er kurzfristig abarbeiten könne.

Wärmepumpe „sofort lieferbar“

In Neubauten sind Wärmepumpen inzwischen Standard. Die Lieferzeiten sind ein zentrales Thema an den Wärmepumpen-Ständen. Neun bis zwölf Monate geben die meisten an. Die überall klebenden roten „Sofort lieferbar“-Schilder an einem Stand sorgen daher für ungläubiges Staunen. Es ist ein Großhändler, der Modelle aus Asien vertreibt. „Wir haben immer welche auf Lager“, heißt es auf Nachfrage, die Lieferzeiten bewegten sich zwischen sechs und zwölf Wochen.

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In Fernost sind Konzerne wie Panasonic, Hitachi, LG und Samsung sehr schnell auf den Zug aufgesprungen und reagieren nun auch auf die sprunghaft steigende Nachfrage in Europa. Mancher Heizungsbauer schwört dagegen auf deutsche oder schwedische Geräte, weil in den asiatischen noch häufig herkömmliche, fluorierte Kältemittel mit entsprechendem Treibhauseffekt verwendet würden, während europäische Hersteller bereits auf natürliche Kältemittel wie Propangas setzten. Letztere favorisiert etwa auch das Bundesumweltamt.

Wer etwas zum Thema Wärmepumpen sagen kann, hat schon die ersten beiden Stunden nach Öffnung der Messehallen ohne Unterlass Hausbesitzer oder solche, die es werden wollen, beraten. Es gibt so viele Details zu besprechen – ob und was sich für welches Haus eignet, ob der Abstand zum Nachbarn groß genug ist („Schmales Reihenhaus? Können Sie vergessen“), dass die Wärmepumpe selbst sogar relativ schnell lieferbar sei, aber nicht der Pufferspeicher, ohne den es nicht gehe.

Ein „rein deutsches Thema“: Die Geräusche der Wärmepumpe

Und natürlich die Lautstärke der Pumpen, des Konfliktpotenzials mit dem lieben Nachbarn wegen. Natürlich sagt jeder, seine gehöre zu den leisesten, sei kaum zu hören. Und dass dies ein rein deutsches Problem sei, in Asien störe sich niemand daran. Hierzulande „hört der Nachbar schon was, bevor ich das Gerät überhaupt angeschlossen habe“, erzählt ein Heizungsbauer.

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Wer glaubt, nur Wärmepumpen seien aktuell gefragt, der irrt allerdings gewaltig – am Stand eines Gasheizungs-Spezialisten warten die Leute bereitwillig zu, um einen der Berater zu erwischen. Ist eigentlich logisch: Viele, die weiter mit Gas heizen wollen, tauschen ihre im Zweifel noch gar nicht so alte Anlage lieber schnell noch in diesem Jahr aus, bevor die Regierung ihnen das im kommenden womöglich verbietet.

Sonderkonjunktur für Öl- und veraltete Gasheizungen

Warum selbst Ölheizungen gerade ein Comeback feiern, weiß einer, der sie einbaut, noch nie habe er so viele Aufträge erhalten. Was ihm zusätzlich am Sinn der hektischen Tauschaktionen zweifeln lässt? Nicht selten würden die alten Heizungen dann Richtung Osteuropa verkauft, wo sie noch lange laufen können. Wo sie ihr CO2 in die Atmosphäre blasen, sei dem Klima aber egal.

Wärmepumpen wie diese für die Warmwasser-Bereitung waren besonders gefragt auf der Bau-Messe in Dortmund.
Wärmepumpen wie diese für die Warmwasser-Bereitung waren besonders gefragt auf der Bau-Messe in Dortmund. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Und die ihre Gasheizung jetzt tauschen lassen, bestellten gerne ausgerechnet Heizwertgeräte. Die sind wesentlich ineffizienter als die in Neubauten längst vorgeschriebenen Brennwertthermen, aber deutlich günstiger. „Wir bauen also gerade genau die alte Technik ein, die wir doch loswerden wollen“, sagt er. Und schüttelt den Kopf, denn auch das sei ein Folge der Verbotsankündigung aus Berlin.

Fachkräftemangel bremst Heizungsbranche aus

Überall ein Thema ist auch der Fachkräftemangel, ein Mitarbeiter eines großen Wohnungsunternehmens fragt einen Fenster- und Türenspezialisten nach seiner personellen Ausstattung, ein Wärmepumpen-Anbieter klagt über den Nachwuchsmangel, ein Händler mutmaßt, den jungen Leuten sei die Arbeit sprichwörtlich zu schwer.

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Ein polnischer Hersteller preist seine Holzpellet-Heizungen als „beste Alternative für Altbauten“ an. Ein nicht perfekt isoliertes Haus mit den guten alten Heizkörpern lasse sich nicht effektiv mit einer Wärmepumpe heizen, vorher müsste es komplett saniert und am besten eine Fußbodenheizung eingebaut werden, sagt er.

Verunsicherung auch am Holzpellet-Stand

Dass sein Stand nicht zu den bestbesuchten gehört, hat damit zu tun, dass die Ampel-Koalition auch das Heizen mit Pressholz neu diskutiert. Das Bundesumweltamt empfiehlt, Pelletheizungen nicht mehr zu fördern, weil sie nicht so klimafreundlich seien wie angenommen und zudem Feinstaub ausstoßen. „Die Kunden sind verunsichert“, sagt der Pelletspezialist. Und nennt noch schnell sein derzeit stärkstes Argument: „Wir können sofort eine Heizung einbauen.“

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Dabei ist weder die Entscheidung über die Förderung von Holzpelletanlagen gefallen noch zum Verbot von Gas- und Ölheizungen ab 2024. Die FDP hat etwas dagegen, Habeck selbst betonte jüngst, dabei pragmatisch vorgehen zu wollen. Was Habeck mit seinem Vorstoß aber bereits erreicht hat, lässt sich hier auf der Dortmunder Bau-Messe sehr gut beobachten: Die Suche nach Alternativen zum Heizen mit fossilen Brennstoffen ist intensiver und eiliger denn je in Deutschland.