Witten. Angeln boomt seit Corona. 660 Menschen aus Witten engagieren sich über den Sportfischerverein für den Artenschutz – im Gegensatz zu anderen.

Wenn man an Naturschutz in Witten denkt, fallen einem vermutlich die Naturschutzgruppe oder die Öko-Landwirtschaft ein. Völlig unter geht dabei aber der Sportfischerverein, der seit neunzig Jahren besteht. Die Aktiven setzen sich auf einem von der Stadt gepachteten, elf Kilometer langen Ruhrabschnitt für einen nachhaltigen Umgang mit dem Fluss ein.

Doch warum geben sie sich so viel Mühe, die Natur an und in der Ruhr zu bewahren? Der Vorsitzende des einzigen Wittener Angel-Vereins in Heven, Udo Schulte, hat darauf eine klare Antwort: „Jeder Angler ist gleichzeitig auch ein Naturschützer, das wird auch Interessierten bereits bei der Ausbildung vermittelt.“ Ähnlich wie ein Führerschein für das Autofahren ist für die Sportfischerei in Deutschland nämlich ein Angelschein notwendig. Diesen erhält man nur nach Bestehen einer theoretischen Prüfung. Ohne diesen Schein darf man nicht angeln gehen.

Immer wieder Eingriffe in die Natur

Schulte macht deutlich: „Bei unserem Abschnitt der Ruhr kontrollieren insgesamt 15 amtlich bestellte Fischereiaufseher, ob die Menschen den erforderlichen Angelschein vorweisen können.“ Diese elf Kilometer sind die Ruhr im kompletten Wittener Stadtgebiet abzüglich gewisser Bereiche wie das Wasserwerk, das Naturschutzgebiet und der Einlauf des Ölbachs in den Stausee.

Wenn jemand keinen Angelschein habe, könne das ernsthafte Konsequenzen haben. Der Vereinsvorsitzende skizziert diese nüchtern: „Wir bewegen uns hier im Bereich des Strafrechtes, Schwarzangeln zeigen wir also auch an. Das kommt gar nicht so selten vor, in den letzten Jahren sind solche Situationen mehr geworden.“

Der Vereinsvorsitzende Udo Schulte zeigt eine Karte mit den in der Ruhr heimischen Fischarten.
Der Vereinsvorsitzende Udo Schulte zeigt eine Karte mit den in der Ruhr heimischen Fischarten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald (theo)

Die Kontrollen seien ein wichtiger Bestandteil zum Schutz der lokalen Biotope. Die Fischpopulationen in der Ruhr steigen übrigens: Die Lage habe sich durch Renaturierungsmaßnahmen der Bezirksregierung verbessert, wie die Schaffung von Fischtreppen oder Tümpeln, wie man sie von der Nachtigallbrücke aus sieht.

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Die naturverbundenen Angler gucken allerdings auch besorgt auf eine andere Entwicklung: Durch einen immer stärkeren Wochenendtourismus kämen viele völlig unerfahrene Kanufahrer, die sich entlang der Ruhr Boote leihen würden. Solche Touristen würden dabei oft in geschützte Biotope fahren und damit vielfach Natur zerstören. Auch viele illegale Schwimmer würden durch ihr rücksichtsloses Handeln empfindliche natürliche Abläufe stören. Schulte stellt klar: „Hier reden wir aber nicht von den Kanu- oder Schwimmervereinen, mit denen läuft alles super und die sind sehr vorsichtig.“

Kampf gegen invasive Arten

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Vielfach werden die Sportfischer gefragt, wie denn Naturschutz und das Töten von Tieren übereinkomme. Der Angelverein-Vorsitzende antwortet darauf, dass das Angeln immens wichtig sei. „Schließlich gibt es vielfach invasive Arten in der Ruhr, die bekämpft werden müssen“, meint Schulte. „Wenn Welse, die in unserem Bereich der Ruhr eigentlich nicht vorkommen, zwei Meter oder noch größer werden, zerstört das viel in der Ruhr.“ Andere Fischpopulationen, wie Weißfische (der Döbel oder die Barbe), würden so leiden. Daher müsse der Wels bekämpft werden.

Angelschein-Übungen für Interessierte

Der Fischereiverein bietet für die Vorbereitung aufs Angeln einen Kurs an. Start ist Freitag, 30.9., um 17 Uhr. An 14 Übungsabenden, jeweils montags, mittwochs und freitags von 18 bis 21 Uhr, werden die notwendigen Lerninhalte für die Angelscheinprüfung vermittelt.

Der Lehrgang ist für Teilnehmer ab dem 14. Lebensjahr geeignet. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Alle notwendigen Lehrmittel werden vom Sportfischerverein zur Verfügung gestellt. Anmeldung unter 02302-59222 (nur donnerstags von 18-20 Uhr) oder per Mail: info@sfv-witten.de.

Auch andere Fische, die in Deutschland eigentlich gar nicht heimisch wären, müssen aus der Ruhr wieder herausgeangelt werden. Der Sportfischerverein-Vorsitzende nimmt hier auch die Bevölkerung in die Pflicht: „Wenn jemand in Teichen Fische haben will, sollten das heimische sein.“ Viele würden sich darum nicht scheren und sogar zu groß gewordene Fische in dem sensiblen Ökosystem Ruhr loswerden. Dieses rechtswidrige Handeln habe mitunter katastrophale Folgen für die Natur und die heimischen Fischpopulationen.

Interesse am Angeln steigt

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Eine positive Nachricht gäbe es bei den vielen Herausforderungen aber doch: Nicht nur in den Nachbarstädten, auch in Witten steigt das Interesse am Fischereisport. In fünf Jahren ist die Zahl der Mitglieder des Sportfischereivereins von 600 auf 660 gestiegen, auch mehr jüngere Menschen bringen sich ein. Das freut den Vorsitzenden, der dazu meint: „Angeln ist einfach viel mehr, als man auf den ersten Blick sieht. Es bietet die Möglichkeit zum Entspannen, inmitten der fantastischen Natur vor Ort, die wir schützen.“