Witten. 300 bis 400 Menschen haben an der Dankeschön-Gala des ukrainischen Kulturvereins „Wolja“ in Witten teilgenommen. Das Programm war beeindruckend.
Wer nur ein bisschen Zeit mit den Menschen aus der Ukraine und ihrer Kultur verbringt, versteht schnell, warum dieses Land im Krieg gegen Putin so zusammenhält. Ob auf der Bühne oder bei einer Bibelstunde in Bommern – man spürt schnell die Kraft, den Willen – und die Emotion dieses Volkes. „Von ganzem Herzen“ lautete denn auch das Motto der Dankeschön-Gala des ukrainischen Kulturvereins „Wolja“ am Freitagabend im Saalbau.
Innerhalb weniger Wochen war es der Vorsitzenden Nataliya Koshel und ihren Mitstreiterinnen sowie Mitstreitern gelungen, dieses gut zweistündige Programm auf die Beine zu stellen. Von einem „Konzert als Geschenk“ spricht Koshel, die im roten Kleid mit Alla Vaysband, Vorsitzendes des Vereins „Europa Grenzenlos“, durch den Abend führt. Ein Geschenk an all die Menschen aus Witten und Umgebung, die vom ersten Tag an den Flüchtlingen geholfen und sie bei sich aufgenommen haben.
„Sie vertreten für uns die ganze deutsche Gesellschaft, bei der wir Ukrainer uns bedanken wollen“, sagt Vaysband vor den 300 bis 400 Gala-Besuchern. Etwa die Hälfte von ihnen sind ukrainische Flüchtlinge, die anderen ihre deutschen Gastgeber oder andere engagierte Ehrenamtliche. Dieser Freitag ist ausgerechnet der 100. Tag des Angriffskrieges. „Dieser Tag ist mit Tod, Schmerzen, zerstörten Städten und zerstörten Schicksalen verbunden“, sagt die Moderatorin. „Er bedeutet aber auch 100 Tage der Solidarität. Die Politiker können noch überlegen, ob sie Waffen liefern. Die Menschen helfen vom ersten Tag an.“
Zu einem so tragischen Tag, sagte sie, gehöre auch ein tragisches Lied gleich am Anfang des Konzerts. Eine 20-Jährige singt von einem Kranich. „Bin allein in fremden Welten, wie ein Stein in den Wellen bleib ich am Boden liegen, kann nicht fliegen.“ Es folgen ein Chor von Ukrainerinnen aus dem Sauerland, die Blumenkränze im Haar tragen, und zwei geflüchtete Kinder aus Charkiw, die das Singen in einer Kinder-Pop-Akademie gelernt haben. Der junge Mychailo sorgt schnell für ein begeisternd mitklatschendes Publikum und die zehnjährige Olga ist der Hit schlechthin.
Erst trägt das Mädchen ein ans Herz gehendes Lied in ihrer Sprache vor, bevor sie später wie eine junge Britney Spears im Kleidchen, mit rosa Stirnband und in weißen Sneakers „Oops! I did it again“ zum Besten gibt. Sehen wir da die European-Song-Contest-Gewinnerin von morgen?
Auf höchstem Niveau bewegen sich Pianist Yevhenii Motorenko und Akkordeonspieler Roman Yusipey. Nicht weniger begeisternd und berührend die Lieder von Etel Enenberg, am Jazz-Piano begleitet von Natalia Lebedeva.
Der Bürgermeister ist auch gekommen, um sich bei all denen zu bedanken, „die sich von Tag eins an engagiert haben“, auch finanziell. „Allein hätte die Stadt das nicht bewältigen können“, sagt Lars König. In der Pause ist es schön zu sehen, wie deutsche Gastgeber und ihre neuen „Untermieter“ zusammenstehen, etwa Laura aus der Innenstadt mit ihren Kindern und ihren beiden ukrainischen Nachbarn André (46) und Valentina (38) aus Sumy, einer Großstadt im Nordosten, in der Nähe der russischen Grenze. Lauras Familie hatte eine Ferienwohnung frei und über den Help-Kiosk kam der Kontakt zustande.
Beide Seiten fühlen sich durch diese unerwartete Begegnung bereichert. „Sie sind super hilfsbereit“, sagt Laura. Und André findet die Familie, die seine Frau und ihn aufgenommen haben, genauso wie Witten „super“. Aus Dortmund ist Johann (65) mit seiner Frau und den ukrainischen Gästen zur Dankeschön-Gala gekommen. Er hatte zwei Zimmer über die Caritas angeboten. Nun wohnt ein junges Paar mit Kind aus Odessa bei ihnen.
Der Bürgermeister wünscht „uns weiter so viel Freude am Kennenlernen und Zusammenwachsen“. Und die Sprache der Musik verstehen sowieso alle. Was hätte da als Zugabe besser passen können als das Partisanenlied „Bella Ciao“, natürlich in Ukrainisch.