Witten/Hattingen/Sprockhövel. Vergessen sind die Umfragetiefs, die Stimmung in der SPD war nie besser. Wie ihr Bundestagskandidat für Witten und Hattingen die Lage einschätzt.

Hat da nicht gerade sogar ein Kind auf ihn gezeigt? Die vielen, schon früh gestreuten Plakate haben Axel Echeverria zweifelsohne in wenigen Monaten einen gewissen Bekanntheitsgrad beschert. Den Satz „Sie kenn ich ja“ höre er immer wieder auch bei seinen Haustürbesuchen, sagt der 41-Jährige, der bis zum Bundestagswahlkampf zumindest einem größeren Publikum eher fremd war.

Nun, das hat sich seit Juni, Juli geändert, seitdem der SPD-Bundestagskandidat für Witten, Wetter, Herdecke, Hattingen und Sprockhövel an vielen Türen schellt und im August dann auch so richtig mit den Wahlplakaten loslegen durfte. Tatsächlich sei die Stimmung für die SPD immer besser geworden. „Ich bin ja wirklich schon lang unterwegs“, sagt er. „Das ist kein Blödsinn.“

Bundestagskandidat für Witten: „Wir müssen die Stimmung in Stimmen umwandeln“

Axel Echeverria (li.) will die Nachfolge von Ralf Kapschack (2.v.re.) als direkt gewählter SPD-Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis 139 antreten. Hier besuchte gerade der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich (re.) die Genossen und Awo-Chef Jochen Winter  im EN-Kreis.
Axel Echeverria (li.) will die Nachfolge von Ralf Kapschack (2.v.re.) als direkt gewählter SPD-Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis 139 antreten. Hier besuchte gerade der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich (re.) die Genossen und Awo-Chef Jochen Winter im EN-Kreis. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Gleichzeitig weiß er, wie schnell sich das wieder ändern kann. Viele entschieden sich erst kurzfristig, wen sie wählen. „Das macht mir auch ein bisschen Angst“, sagt Echeverria. Sei es doch ein Zeichen dafür, „wie instabil die Parteienlage ist“. Deshalb warnt er, bei allem „vorsichtigen Optimismus“: „Es ist ‘ne Stimmung da, die muss man nun in Stimmen umwandeln.“ Die Partei stehe jedenfalls geschlossen hinter ihrem Kanzlerkandidaten und sei motiviert. „Wir spielen auf Sieg!“

Die Agenda des Axel Echeverria, der sich selbst zum linken Flügel zählt, ist schnell zusammengefasst. Er setzt auf eine „faire“ Sozialpolitik: Mindestlohn von mindestens zwölf Euro, Kindergrundsicherung, Vermögenssteuer für die obersten „fünf Prozent“, mehr Ganztagsschulen, auch mit Logopäden und Sozialarbeitern. „Wir müssen die Kinder aus dem Hartz-IV-Bezug herausholen“, sagt er. „Armut ist das, was sich am schnellsten vererben lässt.“

Die Berliner Luft kennt er nach sechs Jahren Arbeit für Ralf Kapschack im Bundestag

Genügend Schicksale begegnen ihm bei seiner Arbeit im Jobcenter, wo der studierte Historiker und Wittener Parteichef seit zwei Jahren tätig ist, nachdem er zuvor wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem scheidenden SPD-Bundestagsabgeordneten Ralf Kapschack war. Die Berliner Luft kennt er also.

Ein Wittener Jung

Axel Echeverria ist 41 Jahre alt und gebürtiger Wittener. Sein Vater ist Spanier. Der SPD-Bundestagskandidat hat nach dem Abitur an der Hardenstein-Gesamtschule Geschichte studiert. Sechs Jahre war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem scheidenden SPD-Bundestagsabgeordneten Ralf Kapschack tätig. Seit zwei Jahren arbeitet Echeverria für das Jobcenter.

Er war bei den Jusos aktiv, saß als Nachrücker im Kreistag und als Sachkundiger Bürger im Wittener Ausschuss für Schule und Jugendhilfe. In Witten ist er seit Ende Juni 2019 SPD-Stadtverbandsvorsitzender. Innerparteilich konnte er sich bei seiner Bundestagskandidatur gegen Tanja Knopp durchsetzen.

Nun bewirbt er sich um die Nachfolge, „weil ich etwas für die Menschen in meinem Wahlkreis erreichen möchte“. Altschuldenfonds ist noch so ein Stichwort. Denn aus eigener Kraft kämen Städte wie Witten nie wieder aus ihren Schulden heraus.

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Menschen, die fast Vollzeit tätig sind, müssten von ihrer Arbeit ihren Lebensunterhalt bestreiten können, wirbt Echeverria für einen höheren Mindestlohn, ebenso wie für eine gesetzliche Rente, auf die sich die Menschen verlassen können müssten. Es gelte, die Basis zu vergrößern, indem auch Beamte oder Abgeordnete in die Rentenkasse einzahlen. Einem höheren Eintrittsalter, etwa 70, lehnt er entschieden ab.

Wittener würde Schwerpunkt gerne auf Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik legen

Anfang Februar nominierte die EN-SPD Axel Echeverria als ihren Bundestagskandidaten.
Anfang Februar nominierte die EN-SPD Axel Echeverria als ihren Bundestagskandidaten. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik wären die Themen, die Echeverria im Falle seiner Wahl gerne zum Schwerpunkt machen würde. Jugendlichen, sagt er, müsse man auch eine zweite oder dritte Chance geben. Auf dem Weg in die „industrielle Revolution 2.0“ gelte es, alle mitzunehmen.

Gefragt nach Koalitionen, sagt er: „Ich persönlich bevorzuge Rot-Grün. Aber natürlich brauchen wir einen Dritten. Wir werden uns mit der FDP unterhalten, aber auch die Linken nicht fernhalten können.“ In einer Zeit, „wo man mit wahrscheinlich 25 Prozent eine Wahl gewinnt“, müsse man mit allen demokratischen Parteien reden. „Ganz klares Ziel“ sei eine Regierung ohne die CDU.

Natürlich ist auch Klimaschutz ein Thema des Witteners, der einen anderthalbjährigen Sohn hat. „Grüner Stahl durch grünen Wasserstoff“, nennt Echeverria ein Beispiel, um die Industriearbeitsplätze in diesem Land zu erhalten. Er setzt auf mehr Wind und Photovoltaik. Hier brauche es eine europaweite Lösung. „Als Halbspanier weiß ich, dass dafür in Zentralspanien ganz viel Platz wäre.“ Jetzt zieht es ihn aber erst mal weiter östlich, nach Berlin.