Neviges. Der Hardenberger Schützenverein in Velbert-Neviges hat ein neues Königspaar. Das unterscheidet sich in vielem von anderen Majestäten.

Die Königskette bleibt auf jeden Fall in der Familie, so viel war schon mal klar beim Schützenfest der Hardenberger, dem Traditions-Schützenverein in Velbert-Neviges. Vater Karsten Schulz hatte im letzten Jahr den Vogel abgeschossen, dieses Jahr meldeten sich im Vorfeld zwei im Verein erfolgreiche Sportschützen: Tochter Alina und Sohn Florian. Der setzte sich am Ende mit 88 Schuss gegen seine Schwester durch. Damit stellen die Hardenberger, einer der ältesten Schützenvereine Deutschlands, „wohl den jüngsten König im Umkreis“, wie der 23-Jährige vergnügt sagt.

Königskette und Königin-Krone sind aus massivem Silber. Die Kette stammt aus dem Jahr 1906.
Königskette und Königin-Krone sind aus massivem Silber. Die Kette stammt aus dem Jahr 1906. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

Majestätswürden sind dem jungen Velberter nicht fremd, und auch seine Königin Saskia Altenburg (28) hat schon mal eine Krone getragen, allerdings eine ganz andere. Die zwei sind nämlich ziemlich jeck: Florian I. war in der Session 2022/23 Karnevalsprinz, seine jetzige Schützenkönigin war 2019 Prinzessin. Aus der närrischen Szene kennen sich die beiden auch, sind kein Paar, aber eng befreundet. Und daher war es für die Medizinischen Fachangestellten (MFA), die bei einem Orthopäden in Essen angestellt ist, auch ganz klar, „Ja“ zu sagen: Florian Schulz hatte sie im Vorfeld gefragt, ob sie im Falle des Falles seine Königin werde. „Als er dann schoss, da war ich schon sehr aufgeregt.“ Ja, aufregend sei es gewesen, und alles ganz neu.

Velberts neuer König wurde im Schützenhaus groß

Im Gegensatz zu seiner Königin ist Florian Schulz quasi im Schützenhaus groß geworden. „Mein Opa war 1960 Schützenkönig, mein Vater zweimal, 2107 und letztes Jahr. Klar, ich kenne das alles nur zu gut, war bei vielen Schützenfesten dabei und bin ja auch selbst aktiv.“ Und kennt damit auch all die Pflichten und Rituale, weiß, was auf das Königspaar jetzt alles zukommt. Und das ist nicht gerade wenig.

Die Majestäten haben viele Verpflichtungen

Historische Krönungskette

Der Hardenberger Schützenverein, Elberfelder Straße 145, wurde im Jahr 1656 gegründet und gehört zu den traditionsreichsten in Deutschland.

Die Krönungskette aus massivem Silber hat der preußische König Wilhelm II dem verein 1906 geschenkt. Sie lag lange Zeit im Safe, wurde dann fachmännisch aufgearbeitet und wird seit 2005 wieder getragen.

Die Krone ließ der Verein im Jahr 2013 passend dazu anfertigen.

„Vor allem im August und September ist Hochsaison, da haben viele Vereine im Umkreis ihr Schützenfest. Da sind wir fast jedes Wochenende unterwegs.“ Die Premiere beim SV Kleine Schweiz habe schon mal bestens geklappt, die Tönisheider feiern ja immer eine Woche nach den Hardenbergern. Dann müssen die beiden im Oktober das Kartoffelschießen organisieren und Anfang 2025 den Königsabend. „Und auch sonst bei allen Veranstaltungen dabei sein“, sagt der 23-Jährige. Unter dem Strich also viele Verpflichtungen, doch das, so der 23-Jährige, könne auch eine Chance sein.

Mit Augenmaß ein paar Dinge ändern

Denn wie der neue König auf Nachfrage sagt, möchte das Paar „schon etwas ändern, nicht alles, aber ein bisschen“. Zum Beispiel mehr Schwung in den Königsabend bringen, überhaupt ein paar Traditionen entstauben, ohne mit ihnen zu brechen. „Was genau wir ändern, das wird man dann sehen, aber ein bisschen mehr Schwung wäre nicht schlecht.“ Was der König schon jetzt kraft seines Amtes problemlos ändern darf, ist nicht gerade viel: „Ich kann Marscherleichterung anordnen“, sagt Florian Schulz und muss dabei selbst lachen: „Anordnen, wann die Jacken ausgezogen werden dürfen.“

Tradition ist beiden wichtig

Damit hier kein Missverständnis entsteht: Tradition ist dem 23-Jährigen sehr wichtig, deshalb hat er sich überhaupt entschlossen, auf den Vogel zu schießen. „Tradition und Sportschießen, das kann nur miteinander existieren, das macht einen Schützenverein aus.“ Doch es gebe inzwischen mehr reine Sportschützen unter den Mitgliedern als jene, die auch in Uniform schießen und bereit seien, ihren Verein nach außen zu repräsentieren. „Man muss einfach die Tradition stärken, sonst geht es nicht.“

Der Verein zahlt ein in die Königskasse

Was für Königin Saskia kein Problem sei, beteuert die 28-Jährige: „Im Karneval gibt es ja auch gewisse Traditionen und dass es Zeit kostet, das kenne ich ja schon.“ Okay, die Zeit ist das eine, und wie sieht es mit dem Geld aus? Ist so ein Amt nicht teuer, die Kleidung, und all das Drumherum, das bezahlt werden muss? Florian Schulz winkt ab: „Ach nein, das geht. Wir haben ja eine Königskasse, daraus werden die Runden gezahlt und auch die Gastgeschenke, wenn man bei anderen Vereinen eingeladen wird.“

Uniformjacken werden auch schon mal getauscht

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Ausgesprochen pragmatisch handhaben die Hardenberger auch die Kleiderfrage. So schneidert der Vereins-Ausstatter nur die Jacken, die werden bei Bedarf unter den Schützen getauscht, wenn mal ein Kilo drauf- oder runter kommt. „Wir kaufen nur die schwarze Hose selbst, und die braucht man ja auch so mal.“ Auch seine Königin bleibt ganz locker, als Ex-Karnevalsprinzessin habe sie noch ein Abendkleid im Schrank hängen. Nur an das Gewicht ihrer Krone aus massivem Silber müsse sie sich noch gewöhnen, sagt Saskia Altenburg und lacht. Da sei der Prinzessinnen-Schmuck schon ein bisschen leichter gewesen.

Bierwagen wäre beinahe umgekippt

So ganz ohne Aufregung begann die Regentschaft von Florian I. und Saskia I. übrigens nicht. Nur ganz knapp, so erzählt der neue König, habe der Bierwagen beim Schützenfest die Einfahrt von der Elberfelder Straße zum Schützenhaus geschafft, fast drohte er umzukippen. Denn durch die Neubauten ist die Ecke erheblich enger geworden. Schützenfest ohne Bier, das wäre ein denkbar schlechtes Omen für das junge Königspaar, um nicht zu sagen: einfach undenkbar.