Neviges. Endlich wieder Schützenfest in Velbert-Neviges: Die Hardenberger bauen ihre Vögel, die Kapelle ist bestellt. Doch einiges ist anders dieses Jahr.

„Seidenmatt Grau“, „Glänzend Bronze“, nicht zu vergessen „Gold“, denn so leuchten schließlich später Krone, Zepter und Reichsapfel. In der Garage der Familie Martin stapeln sich im Regal die diversen Lackdosen, hinten liegen große Schablonen, auch an Werkzeug wie Stichsäge und Pinseln mangelt es nicht. Alles da für die neuen Vögel, die die Hardenberger Schützen traditionell hier auf dem Hof der Martins an der Assbrucher Straße zusammen bauen. Endlich wieder Schützenfest nach zwei Jahren Corona-Zwangspause, endlich wieder Königsschießen. Die Vorfreude ist riesig.

Kurze Vorbereitungszeit

Ein gutes Team: Ehrenmitglied Reinhold Martin (l.) und der erste Vorsitzende Karsten Schulz mit dem neuen Vogel, der noch angemalt werden muss.
Ein gutes Team: Ehrenmitglied Reinhold Martin (l.) und der erste Vorsitzende Karsten Schulz mit dem neuen Vogel, der noch angemalt werden muss. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

„Wir mussten ja bis zum 22. März warten, bis dahin war nicht klar, ob überhaupt was geht“, sagt Karsten Schulz, frisch gewählter 1. Vorsitzender der Hardenberger. Durch die kurze Vorbereitungszeit hieß es: ordentlich Gas geben, und das mit neuem Team. Kronprinzessin Alina Schulz (19) peppt die Vögel nicht nur farblich auf, die Papa Karsten Schulz zuvor mit Ehrenmitglied Reinhold Martin ausgesägt und zusammengebaut hat. Die künftige Studentin im Fach Mediendesign, die den Verein auch 2021 bei den Deutschen Meisterschaften vertreten hatte, zeigt auch Geschick beim Gestalten der Schablone. Beim kleineren Vogel für das Prinzenschießen geht es jetzt gerade ans Eingemachte.

Premiere beim Vogelbau

Geld zur Modernisierung

Gute Nachricht für die Hardenberger Schützen: Im Rahmen des NRW-Förderprogrammes „Moderne Sportstätten 2022“ bekommt der Verein 16.500 Euro für eine elektronische Schießanlage.

Zur Geschichte: Der Hardenberger Schützenverein wurde 1656 gegründet und gilt als einer der ältesten seiner Art in Deutschland. Bei seiner Gründung haben vermutlich die Grafen von Hardenberg mit Paten gestanden. Zurzeit hat der Verein rund 300 Mitglieder.

„Ich glaub, lieber noch ein bisschen dunkler, Papa.“ Vorsichtig streicht sie mit dem Pinsel über das Holz, „immer so kleine Striche, damit man auch sieht, dass das Federn sind“. Und wer vielleicht befürchtet, hier entstehe jetzt ein bunter „komischer Vogel“, der sei beruhigt. „Bei den Farben richten wir uns nach einem richtigen Adler“, merkt Karsten Schulz an, für den das hier ebenfalls eine Premiere ist: „Unser alter Vogelbauer ging vor Corona in Rente, das hatte immer Gerald Klein gemacht.“

Experte mit Blick fürs Detail

Beständige Größe im neuen Dream-Team der Vogel-Designer: Ehrenmitglied Reinhold Martin, seit 51 Jahren Hardenberger Schütze und ausgestattet nicht nur mit viel handwerklichem Geschick, sondern auch Blick fürs Detail – auch die Krallen müssen schließlich sitzen. Etwa fünf Samstage verbringen die Drei mit der Gestaltung des Vogels, eine Woche vor Pfingsten wird das gute Stück dann im Vereinshaus an der Elberfelder Straße ausgestellt. „Damit die Schützen es begutachten und sich darauf einstellen können“, so der 1. Vorsitzende.

Wiedersehen mit den Kapellen

Pfingsten ohne Schützenfest – das war für viele in Neviges undenkbar und wurde doch zwei Jahre lang durch den Corona-Lockdown plötzlich Realität. Als Gewissheit wurde, was sich alle im Verein erhofft hatten, als es am 22. März durch die Lockerung der Corona-Schutzverordnung grünes Licht für die Vorbereitung gab, da standen alle vor ganz neuen Herausforderungen, wie sich Karsten Schulz erinnert: „Es musste ja alles schnell gehen und man wusste gar nicht: Gibt’s die Musikkapellen eigentlich noch?“ Zum Glück ja, wie schon vor Corona sorgen wieder der Spielmannszug blau-weiß 1928“ und das „Flutes und Drums Orchestra“ für Stimmung.

Für Bier ist gesorgt

„Klar, wenn man einen Umzug macht, braucht man Musik. Und immer schön links anfangen, heißt ja nicht umsonst: links, zwo, drei vier“, wirft Reinhold Martin vergnügt ein. Weniger lustig war die Nachricht, dass die Hardenberger nicht mehr auf den bisherigen Bierzelt-Verleiher zurückgreifen konnten. Und dass im Lockdown das Gastwirtspaar im Schützenhaus aufgeben musste und die Gaststätte jetzt wieder von den Schützen selbst betrieben wird, macht die Sache auch nicht gerade einfacher. „Pfingsten haben wir einen Caterer“, sagt Karsten Schulz erleichtert, und der bringe auch eine Biegarten-Garnitur mit.

Fest geht eher zu Ende

Also alles fast wie immer, bis auf zwei wichtige Änderungen: Zum einen geht der ganze Spaß einen Tag eher zu Ende: Gefeiert wird am Samstag, 5. Juni, und Pfingstsonntag, 6. Juni, der übliche Pfingstmontag fällt aus. „Wir wollen erst mal kleiner anfangen, wir wissen ja nicht, wie viele Leute kommen. Daher kalkulieren wir lieber vorsichtig“, so Karsten Klein. Und auch der Umzug wird leicht verkürzt: Statt traditionell am Schloss starten die Schützen jetzt am Busbahnhof in Richtung Schützenhaus.

Was die Organisatoren bei allem Stress, den die kurze Vorbereitungszeit mit sich bringt, freut: „Toll, wie viele Sponsoren mitmachen, wir hatten ja auch zwei Jahre kein Festheft mit Anzeigen mehr. Dafür ein dickes Dankeschön.“ Nun hoffen die Hardenberger auf gutes Wetter und natürlich viele Besucher. Karsten Schulz: „Wir sind das erste Schützenfest in der Region, das kann ein Vorteil sein.“

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