Velbert. Dank des fiktiven Ausgleichs von Corona- und Ukraine (Folge-)Schäden kriegt Velberts Etat 2023 noch so ganz eben die Kurve. Die Schulden steigen.
Mal ausgenommen die beiden Lichtblick-Jahre 2018 und 2019, in denen der Haushalt der Stadt Velbert jeweils mit einem deutlich positiven Ergebnis abgeschlossen hat, gibt es eine Konstante, die vor Ort schon über Jahrzehnte die städtischen Finanzen prägt. Das ist der – mal mehr, mal etwas minder – auf dem Haushalt lastende Druck. Hier ist auch weiterhin kein Ende absehbar. Im Gegenteil. Das zeigt der Blick auf den Etat-Entwurf für 2023 nebst mittelfristiger Finanzplanung, den Bürgermeister Dirk Lukrafka und Kämmerer Christoph Peitz just in dieser Woche im Rat präsentieren bzw. „einbringen“, wie es in der Kommunalpolitik heißt. Das sollte ursprünglich schon längst erledigt sein.
Velberts Eigenkapital im Handumdrehen aufgezehrt
Hatte doch die Landesregierung recht kurz vor dem eigentlich ausgeguckten Termin gen Ende September angekündigt, dass die Kommunen erstens die so genannten Corona-Schäden noch ein Jahr länger und somit letztmals in 2023 „isolieren“ dürfen und dass sie zweitens mit mittelbar aus dem Ukraine-Krieg resultierenden Schäden bis incl. 2026 analog verfahren sollen. Der zugehörige Gesetzentwurf lag zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht vor. Also warteten die Verantwortlichen im Velberter Rathaus lieber ab. Nunmehr steht die Verabschiedung des Gesetzes im Landtag in diesen Tagen bevor.
Der Ertrag ist nur rein fiktiv
„Aber wir haben jetzt de facto Klarheit“, sagt Peitz und rechnet vor, dass das kommende Jahr ohne die erwähnte Isolierung mit einem dicken Defizit von 16,8, in 2024 von 11, im Jahr darauf von 7,3 und in 2026 von 8,9 Millionen Euro enden würde. Das hätte quasi im Handumdrehen das magere Eigenkapital von 30 Millionen aufgefressen, hätte ein erneutes Haushaltssicherungskonzept bedeutet. Wie es mit Blick auf 2024 weiter geht, ob es bei der Isolierung eine Verlängerung gibt, das ist völlig offen.
Millionen-Berg in dreistelliger Höhe
Isolieren heißt, dass dem genau benannten und bezifferten Schaden bzw. Verlust ein rein fiktiver außerordentlicher Ertrag gegenübergestellt wird, so dass das Ganze „buchhalterisch“ und rechnerisch im Lot ist. Mit dem Haken, dass dabei aber keine liquiden Mittel herausspringen. Das kostet folglich neue Schulden. Die Schäden – im Bereich Ukraine sind das z. B. indirekte Folgen wie gestiegene Energiekosten – sind voraussichtlich ab 2026 über maximal ein halbes Jahrhundert abzuschreiben, müssen dann also Schritt für Schritt abgestottert werden. Auf jeden Fall türmt sich hier absehbar ein dreistelliger Millionen-Berg auf.
Kreditlinie auf 250 Millionen Euro fixiert
Zum Vergleich: Mit Isolierung sind es stattdessen nächstes Jahr knapp positiv 85.000 und 2024 230.000 Euro sowie danach plus 1,1 und schließlich 1,5 rote Millionen. „Wir sind ja gehalten, die Schäden zurückzuzahlen, und das bildet das Zahlenwerk ab“, erklärte der Stadtkämmerer auf Anfrage der WAZ das letzte Minus-Ergebnis. Klar ist: Die Lage ist und bleibt ernst. „Es ist weder das Einfrieren noch die Rückführung der Schulden möglich.“
Neue Schulen in Velbert-Mitte und -Neviges
Die Kreditlinie – incl. Liquiditätskrediten – ist auf 250 Millionen Euro begrenzt. Das vorgesehene Investitionsvolumen umfasst 45 Millionen Euro. Velbert steckt u. a. viel Geld in die neue Grundschule und Turnhalle Grünstraße, in den Neubau der ungleich teureren Gesamtschule Neviges, den OGS-Ausbau, den Klima-Fonds, ins Schloss Hardenberg und dessen Außenanlagen und in neue Fahrzeuge für die Feuerwehr. Die Finanzierung solcher Projekte, die jedoch „in großen Teilen unumgänglich“ seien, könne Velbert nur über Schulden, also über die Aufnahme weiterer Kredite realisieren, hatte es dazu schon im Sommer geheißen.
Personalkosten an zweiter Stelle
Zudem wächst das Personal, so bei der Wehr, beim Rettungsdienst und in der Schulsozialarbeit. Die Personalkosten sind auf der Ausgaben-Seite nach Transfer-Leistungen wie die (Teil-)Kreisumlagen – sie machen incl. Berufskollegs und Förderzentren 53 Millionen aus – mit fast 62 Millionen Euro der zweitgrößte Posten. Hierbei ist ein Tarifanstieg von fünf Prozent eingepreist. Tja, und 3,1 Millionen Euro sind Zinsaufwendungen für den laufenden Schuldendienst.
Höherer Gewerbesteuer-Ansatz
Bei den Erträgen ist ein Gewerbesteuer-Ansatz von fast 50 Millionen Euro vermerkt. „Wir schneiden dieses Jahr deutlich unter dem Ansatz ab und stehen aktuell bei 38 statt wie ursprünglich geplant 43,8 Millionen“, erläutert Christoph Peitz. Hintergrund: Es ist eine Rückzahlung fällig geworden. Bei den Schlüsselzuweisungen kann Velbert mit 48,4 – das ist weniger als erwartet – und beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer mit 45 Millionen Euro rechnen.
Mehr Artikel aus Velbert
- Gericht: Raub in Velbert: Warum der Prozess jetzt zu platzen droht
- Einzelhandel: Modegeschäft Kult in der Stadtgalerie Velbert schließt
- Edeka: Nachfolger für Nissen in Birth steht fest
- Neue Regelungen für Autostellplätze in Velbert
- Kriminalität: Einbruchsopfer fühlt sich im Stich gelassen
[Alle Nachrichten aus Velbert | Polizei- und Feuerwehrmeldungen | Lokalsport aus Velbert]
Folgen Sie uns auf Facebook! Unseren kostenlosen Newsletter mit allen Nachrichten aus Velbert können Sie hier abonnieren!
Das sind jetzt die weiteren Schritte
An die Etat-Einbringung schließen sich erst einmal die Haushaltsgespräche und Beratungen in den Fraktionen an. Die verschiedenen Ausschüsse tagen wieder ab Ende Januar 2023 und steigen dann in die Budget-Beratungen ein.
Die Verabschiedung des Haushalts ist für die Ratssitzung am 21. März 2023 vorgesehen. Gut möglich, dass es dann erstmals eine schwarz-grüne – oder womöglich noch größere – Mehrheit für den Etat gibt, nachdem die Bündnisgrünen bisher in der Regel den Haushalt nicht mitgetragen haben.