Wuppertal. Vor dem Landgericht müssen sich drei Velberter wegen Raubes und mehrerer Einbrüche verantworten. Doch nun droht der Prozess zu platzen.

Der Strafprozess um einen Raubüberfall auf einen Langenberger Supermarkt und eine Einbruchserie in Neviges und Velbert-Mitte steht vor dem Platzen: Vor dem Landgericht Wuppertal hat der 27 Jahre alte Hauptbelastungszeuge erklärt, sich an nichts mehr zu erinnern.

Während der Ermittlungen hatte er die drei Angeklagten schwer belastet, mit denen er zuvor befreundet gewesen sein soll. Im Gerichtssaal erklärte er den Richterinnen und Richtern: „Ich kenne die Herren nicht.“ Er wisse nicht mehr, was er früher über sie gesagt habe.

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Drei Velberter sitzen auf der Anklagebank

Auf der Anklagebank sitzen drei Velberter im Alter von 25, 26 und 31 Jahren. Sieben sportliche Männer aus ihrem Freundeskreis verfolgen die Verhandlung vom Zuschauerraum aus. Die beiden jüngeren Angeklagten sollen im Dezember 2016 bewaffnet und maskiert zwei Mitarbeiter eines Supermarkts in Langenberg beraubt haben. Nach Ladenschluss hätten sie den stellvertretenden Filialleiter mit vorgehaltener Schreckschusspistole genötigt, den Geldbestand in einen schwarzen Rucksack zu packen. Der älteste Angeklagte soll Fahrer des Fluchtwagens gewesen sein und abseits gewartet haben. Die Beute: 2500 Euro an Scheinen und Münzen.

Einbruchsserie in fünf Firmen

Es folgte eine Einbruchserie in fünf Firmen in Neviges und Velbert-Mitte, außerdem in einem Golfclub in Essen. Drei Taten sollen im Versuch steckengeblieben sein, weil sich Türen nicht überwinden ließen. In zwei Fällen scheiterten die Einbrecher an Tresoren, die sie weder mitnehmen noch vor Ort öffnen konnten. Die Serie endete im Januar 2018.

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Hauptzeuge wollte Täter belauscht haben

In dasselbe Jahr fällt die belastende Aussage des Hauptzeugen: Er habe Monate zuvor mitgehört, wie die Angeklagten den Raub geplant hätten. Sie hätten Einzelheiten besprochen, bis dahin, am Tatort mit vorgetäuschtem Akzent zu sprechen, um eine falsche Fährte zu legen. Die Pistole sei bei der Tat ungeladen gewesen. An den Einbrüchen habe er sich teils beteiligt.

Im eigenen Strafverfahren beschuldigt

Während seiner Aussage war der Mann in einem eigenen Strafverfahren beschuldigt. Die Staatsanwaltschaft Essen soll ihm für seine Mitarbeit milde Strafe zugesichert haben. Das sei für ihn aber nicht der Grund gewesen, zu sprechen, sagte der 27-Jährige: „Ich wollte mich von meiner Vergangenheit lösen.“ Nach seiner Aussage verließ der 27-Jährige eilig das Gerichtsgebäude. Zu den Freunden der Angeklagten hielt er so viel Abstand wie möglich. Vor den Richterinnen und Richtern hatte er verneint, von seinem früheren Velberter Umfeld jemals auf seine belastenden Angaben angesprochen worden zu sein.

Überführung könnte schwierig werden

Laut Gericht dürfte eine Überführung der Angeklagten anhand von Einbruchspuren schwierig werden. Zu dem Raub gibt es einen genetischen Fingerabdruck an der Pistole, die sichergestellt wurde. Er soll zu einem der Angeklagten passen. Der sagte dazu: „Ich habe so eine Waffe mal in der Hand gehabt.“ Ein Freund habe sie ihm gezeigt; und nein, er wolle nicht sagen, wer das war. Die beiden übrigen Angeklagten schweigen.

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Gelöscht, wie eine Computer-Fesplatte

Die vorsitzende Richterin stellte zum Ausfall des Hauptzeugen fest: Dass bei einer Person das Gedächtnis gelöscht sein soll, wie eine Computer-Festplatte, halte sie für erstaunlich. Ihre Beisitzerin kommentierte: „Wenn man die Aussage liest, ist klar: Das ist Täterwissen. Dass er sich nicht mehr erinnern kann, wie er seine ehemaligen Freunde in die Pfanne gehauen hat, glaube ich keine Sekunde.“ Der Sinneswandel des Zeugen überrasche sie aber nicht. Der Mann würde aus ihrer Sicht nicht mal mehr unter Erzwingungshaft aussagen.

Das Gericht will kommenden Mittwoch weiter verhandeln. Bis dahin hat die Staatsanwaltschaft Zeit, zusätzliche Ansätze für eine mögliche Aufklärung zu finden.

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>>>Verfahren mit Hindernissen

Die Anklage der Staatsanwaltschaft Wuppertal erfolgte 2019, die Zwischenprüfung der Akten im Landgericht dauerte bis August 2022. Inzwischen liegen die Taten bis zu sechs Jahre zurück.

Fazit der vorsitzenden Richterin: „Das ist nicht gelaufen, wie es sollte.“ Gegen zwei Angeklagte kommt Jugendstrafrecht in Frage, das Erziehung zum Ziel hat. Bedingung für den Erfolg sind aber schnelle Verfahren.

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