Velbert. Oberflächlich betrachtet sieht der Etat von Velbert nicht so übel aus. Aber Corona ist noch nicht passé, und große Projekte fordern neue Schulden

In der Momentaufnahme, da sieht der laufende Haushalt von Velbert gar nicht mal so schlecht aus. Die Situation stelle sich besser dar als geplant, lautet die ausdrücklich „vorsichtige“ Einschätzung von Christoph Peitz beim ersten Überblick über die Etat-Entwicklung im just abgeschlossenen zweiten Quartal, das sich in dieser Hinsicht auch mit den Erkenntnissen im ersten Quartal deckt. Wie der Stadtkämmerer auf WAZ-Anfrage berichtete, liegt beispielsweise die Gewerbesteuer momentan rund fünf Millionen über dem Ansatz von 30,9 Millionen Euro. Grund zu Euphorie ist das allerdings in keiner Hinsicht.

Übererfüllung bringt keine Verbesserung

Christoph Peitz ist seit 2017 Kämmerer der Stadt Velbert.
Christoph Peitz ist seit 2017 Kämmerer der Stadt Velbert. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Abgesehen davon, dass auch hier erst zum Schluss wirklich abgerechnet wird und das tatsächliche Steueraufkommen 2021 noch abzuwarten bleibt, hatte nämlich erstens der Ansatz in der Mittelfristplanung bei 51,6 gelegen und musste nach dem erlittenen herben Einbruch im Vorjahr auf 25 Millionen durch Corona realistisch angepasst und nach unten korrigiert werden. Zweitens trägt die „Übererfüllung“ nicht zur Verbesserung des angepeilten Jahresergebnisses bei, das mit schwarzen 320.000 Euro gegenüber dem Gesamt-Volumen von 215 Millionen beim Ertrag und 238 Millionen beim Ertrag sehr überschaubar ausfällt. Vielmehr führt das Steuer-Plus lediglich zu einer reinen Verschiebung zwischen Haushaltsposten, weil das Delta – also die Minderung – zwischen den 51,6 und den 30,9 Millionen als Corona-Schaden ausgewiesen wird.

Zehn Millionen Euro Corona-Schaden in 2020

Der Bericht fürs zweite Quartel ist übrigens noch nicht fertig bzw. abgeschlossen. Der Prozess läuft noch. Dabei werden die Zahlen im Rathaus zusammengetragen und die einzelnen Fachbereiche der Reihe nach abgefragt: jeweils nach ihrem Ansatz, ihrem Ist und ihrer Prognose für das Jahresende. Zudem befindet sich der Jahresabschluss 2020 zurzeit im Entwurf. „Er wird einen deutlich geringeren Corona-Schaden aufweisen als sich mal abzeichnete. Es sind allerdings immer noch rund zehn Millionen Euro“, sagt der Kämmerer (seit 2017).

Verschiebungen und Bewegung

Beispiel Forum Niederberg: Der Eigenanteil für den Umbau zum Velberter Bürgerforum will aufgebracht werden, und mit dessen Inbetriebnahme werden laufen die Abschreibungen fällig.
Beispiel Forum Niederberg: Der Eigenanteil für den Umbau zum Velberter Bürgerforum will aufgebracht werden, und mit dessen Inbetriebnahme werden laufen die Abschreibungen fällig. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Zu welcher Summe sich die Corona-Schäden langfristig auftürmen, dazu sei „seriös eigentlich nicht viel zu sagen“, meint Peitz zurückhaltend. Es seien ja immer wieder Verschiebungen und Bewegung drin. Betrachtet man die derzeit für die nächsten drei Jahre erwarteten Schäden und addiert den bereits eingetretenen hinzu, so würde Velbert bei 125 Millionen landen. Darin stecken auch Mindereinnahmen bei der Einkommen- und Umsatzsteuer, ganz wesentlich sind es aber die Gewerbesteuer-Rückgänge.

Kein erneuter Ausgleich für Steuerausfälle

Ein erneuter Ausgleich, wie er letztes Jahr vom Land geleistet wurde, den Ausfall allerdings nur zu etwa 75 Prozent kompensiert hat, ist bislang nicht in Sicht. Hingegen soll es wohl einen weiteren Rettungsschirm für Einbußen im ÖPNV-Bereich geben. In 2020 hat Velbert auch letztmalig Stärkungspakt-Mittel als Corona-Hilfe erhalten.

Investitionen „sehr herausfordernd“

Etat-Entwurf 2022 wird im September eingebracht

Das Kämmerei-Team ist zurzeit auch dabei, den neuen Haushalt für 2022 aufzustellen. Er soll im September in den Stadtrat eingebracht und dort im November verabschiedet werden.

Derweil hat Velbert bisher für 2021 offiziell noch keinen genehmigten Etat. Die Prüfung bei der Bezirksregierung Düsseldorf soll abgeschlossen sein, die Verfügung steht jedoch noch aus. Vom kommenden Jahr an ist wieder der Kreis Mettmann als Finanzaufsicht zuständig.

Die absehbar auf die Stadt zukommenden Investitionen – u. a. neue Grundschule, weitere Kita-Plätze, Ausbau für den Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz, Neubau der Gesamtschule Neviges – bezeichnet der Kämmerer als „sehr herausfordernd“. Die Finanzierung solcher Projekte, die jedoch „in großen Teilen unumgänglich“ seien, könne Velbert nur über Schulden, also über die Aufnahme weiterer Kredite realisieren.

Eigenanteile und Abschreibungen aufbringen

Darüber hinaus muss die Stadt ja auch noch erhebliche Summen für den jeweils erforderlichen Eigenanteil bei Förder-Projekten aufbringen. Das derzeit mit Abstand aufwändigste Vorhaben ist der Umbau des Forum Niederberg in ein Velberter Bürgerforum. Und ab dem Datum der Inbetriebnahme, etwas seit der des aufwändig sanierten Historischen Bürgerhauses Langenberg, fallen im laufenden Haushalt jeweils Jahr für Jahr Abschreibungen an.