Velbert. Markus Kiel und der Scala Verlag aus Velbert haben Artikel sowie Anzeigen der Nevigeser und Velberter Zeitung aus dem Jahr 1953 zusammengestellt.
Wir schreiben das Jahr 1953. Im September läuft im Wülfrather Tonfilm-Theater in der Spätvorstellung der Streifen „Falsche Scham“ ein „dramatischer Aufklärungsfilm von schonungsloser Offenheit“, die Firma Rehmann und Söhne preist als „Stolz des jungen Paares“ ein Schlafzimmer für 835 D-Mark an, eine Familie sucht ein „junges, ehrliches Mädel für kleinen Geschäfts-Haushalt“. Leider ohne Schlafgelegenheit und die grüne Rabattmarke, die in mehr als 100 Velberter Lebensmittelgeschäften gilt, schafft „die Brücke zur sparsamen Hausfrau“.
All das ist nachzulesen im neuen Buch „Niederbergische Heimat 1953“, für das der Wülfrather Markus Kiel den Gründungsjahrgang der Wülfrather, der Heiligenhauser, Nevigeser und Velberter Zeitung durchforstet hat. So ist auf 108 Seiten eine faszinierende Zeitreise in die frühen Wirtschaftswunderjahre nach der entbehrungsreichen Kriegszeit entstanden.
Aufbewahrt hat die Zeitungen der Wülfrather Klaus H. Jann
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Dass diese Erinnerungen „überlebt“ haben, ist dem Wülfrather Klaus H. Jann zu verdanken. Dieser war einst Lehrling im Verlagshaus Atteln und hatte zu seinem Abschied einen Sammelband mit den Ausgaben des ersten Jahrgangs nach der Zeitungs-Neugründung im September 1953 erhalten. Einige Jahre vor seinem Tod inserierte Jann in seinem „Roten Reporter“, den man in Wülfrath für wenige Cent kaufen konnte, den Sammelband – um mit dem Verkauf Geld für die Aktion „Milch für Kubas Kinder“ zu generieren. Für 15 Euro kaufte Markus Kiel ihm die dicke, etwas muffig riechende Sammlung mit rund 100 Zeitungsausgaben ab.
Verlegerin aus Velbert ist begeistert von den alten Zeitungsausgaben
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In einem von Kiels Bücherregalen gerieten die Zeitungen dann in Vergessenheit – bis der Wülfrather, der schon mehrere Werke über Nationalsozialismus im Niederbergischen veröffentlicht hat, beim Bücherumräumen zwischen Weihnachten und Silvester im vergangenen Jahr wieder darauf stieß, lange in den Ausgaben blätterte – und dann kurzentschlossen am Neujahrsmorgen die Velberter Verlegerin Dr. Jutta Scheidsteger kontaktierte. Nachdem auch sie bei einem persönlichen Treffen begeistert von der Zeitreise ins Jahr 1953 war, ging alles ganz schnell: „Ich hatte meiner Frau versprochen, bis zum Beginn der Gartensaison fertig zu sein“, sagt Markus Kiel lachend.
Buch ist im Scala-Shop und im Buchhandel in Velbert erhältlich
Es wurden zahlreiche Artikel und Anzeigen ausgewählt, reproduziert – und nun liegt das Buch druckfrisch vor. Es wird in Kürze im Online-Shop des Scala-Verlags (www.derscalashop.de) und im örtlichen Buchhandel für 24,80 Euro erhältlich sein.
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„Es ist mal amüsant, mal informativ“, sagt Dr. Jutta Scheidsteger. So ist von einer „Sensation in Velbert“ die Rede: ein Schwefel-Wunderschwamm, den „die Fußkranken“ drei Tage lang an einem Werbewagen neben dem Blumenhaus Hasenkamp erhalten können, die Rede. So erfährt man, dass „wenn das Gebiß wackelt“, man sich vertrauensvoll an die Parfümerie Struck wenden kann – und die Leica-Kamera IIf bei Foto-Elefant gerade für 490 Mark (bei 98 Mark Anzahlung) erhältlich ist.
230.000 Pilger in Neviges – Hänsel und Gretel im Bürgerhaus Velbert
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In Neviges geht ein Wallfahrtsjahr, das man mit voller Befriedigung beurteilen könne, zu Ende: 230.000 Pilger wurden gezählt. Senatspräsident Herbert Preuß steuert zum Start in den Velberter Fastelowend die „Große Velberter Karnevalsgesellschaft“, das Narrenschiff, in den Rheinischen Hof – und „originelle Büttenredner werden geistreichen Witz servieren“. Und „Deutsche helfen Deutschen“, indem sie für Freunde und Bekannte in der Sowjetzone Weihnachtspakete packen. Das Märchengastspiel „Hänsel und Gretel“ im Bürgerhaus Velbert kostet 60 Pfennig – plus 50 Pfennig Aufschlag für Erwachsene. „Lustiges Gedichtaufsagen in der Pause“ inklusive. Im Seifenhaus Steiger kostet die Closettgarnitur 2,95 Mark – und im Lokal Walter Dalbeck findet die 17. Allgemeine Zwerghuhn- und Taubenschau statt. Jeder 50. Besucher erhält eine Taube.
„Das Blättern und Stöbern macht wirklich Spaß“, sagt Scheidsteger.
>>> Die Velberter Zeitung
1882 wurde in Velbert die „Bergische Zeitung“ ins Leben gerufen, der Vorläufer der „Velberter Zeitung“. Diesen Titel erhält das Blatt 1888. Man hätte die Bergische Zeitung gern schon eher umbenannt. Das war jedoch nicht möglich, da der Titel in Langenberg besetzt war.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gingen die Rechte ab 1953 in die Hände der „Niederbergischen Heimat“ – Druckerei und Verlag Karl Flothmann – über.
Heute liest man die Velberter Zeitung als Teil der örtlichen WAZ der FUNKE Mediengruppe.