Oberhausen. . Studie sagt 1260 fehlende Pflegekräfte und 40 Prozent mehr Pflegebedürftige für das Jahr 2030 voraus. Pflegesektor krankt an Finanzierungslücken bei der Ausbildung sowie eklatanten Image-Problemen.

Ohne tiefgreifende Reformen droht Oberhausen in Zukunft ein regelrechtes Pflege-Desaster. So lautet zumindest das Ergebnis einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung. Danach fehlen der Stadt im Jahr 2030 rund 1260 Pflegekräfte. Laut der Erhebung steigt bis zu diesem Zeitpunkt die Zahl der Pflegebedürftigen um etwa 40 Prozent und beläuft sich dann auf rund 9870 Personen. Mit dieser Zuwachsrate liegt Oberhausen ganz nahe am NRW-Durchschnitt von 41 Prozent, aber deutlich über dem Zuwachs der direkten Nachbarstädte wie Mülheim an der Ruhr (25 Prozent) oder Duisburg (21 Prozent).

Seniorenreinrichtungen müssen um jede Pflegekraft kämpfen

Schon heute verzeichnet die Bundesagentur für Arbeit 46 offene Stellen im Bereich der Altenpflege in Oberhausen. „Die Alteneinrichtungen müssen bereits jetzt um jede Pflegekraft kämpfen“, skizziert Andreas Stahl, Leiter des städtischen Büros für Chancengleichheit, die angespannte Personalsituation im Pflegesektor. Barbara Rudolph, stellvertretende Leiterin des Awo-Fachseminars für Altenpflege, bestätigt: „Unsere Absolventen können meist unter mehreren Angeboten auswählen.“ Derzeit werden im Fachseminar 242 Altenpfleger und Altenpflegehelfer ausgebildet. „Wir hätten zuletzt aber problemlos einen weiteren Kurs mit 28 Leuten anbieten können. So viele Bewerber gibt es.“ Entscheidende Hürde dabei ist jedoch die Finanzierung. Das Land NRW müsste dafür weitere Gelder bereitstellen.

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An der Finanzierungsfrage scheitert bislang auch der Plan, vermehrt Arbeitnehmer aus anderen Berufszweigen für die Altenpflege umzuschulen. „In NRW kommen die Weiterbildungsträger nur für die ersten beiden Jahre einer Umschulung auf. Das dritte Jahr seiner Umschulung muss der angehende Altenpfleger also selber zahlen“, erklärt Arbeitsagentur-Sprecherin Katja Hübner, warum die Zahl der Umschüler in diesem Bereich noch verschwindend gering ist.

Dass die massiven Probleme in der Pflege nicht allein auf Landes- und Bundesebene gelöst werden können, haben 30 Akteure in Oberhausen bereits erkannt – darunter mehrere ambulante und stationäre Pflegeanbieter. Mit Unterstützung des Büros für Chancengleichheit gründeten sie Anfang 2012 den Aktionsplan für Pflegeberufe. „Gemeinsamen wollen wir erreichen, dass sich mehr junge Leute in den Pflegeberufen ausbilden lassen und sich die allgemeine Wertschätzung dieser Tätigkeit deutlich erhöht“, so Andreas Stahl.

Pflegeberufe haben ein Image-Problem

Letztgenannten Punkt hebt auch Barbara Rudolph hervor. „Unser Beruf hat ein schlechtes Image, weil bestimmte Facetten in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden.“ Sie verweist dabei auf die hohe fachliche und soziale Kompetenz eines Altenpflegers.

„Es liegt sicher noch ein weiter Weg vor uns“, sagt Stahl dazu. „Mich stimmt aber positiv, dass die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und Vernetzung überall vorhanden ist.“ So führten die 30 Kooperationspartner bereits mehrere gemeinsame Informationsveranstaltungen durch und riefen vier Arbeitsgruppen ins Leben.

Neben einem Plus an Fachkräften sind laut Stahl jedoch noch andere Dinge notwendig, um einen Pflege-Notstand zu verhindern. „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist so ein Faktor. Nur wenn sich da etwas verbessert, können wieder mehr Leute ihre Angehörigen selber pflegen.“ Auch moderne Wohnkonzepte wie Mehrgenerationen-Projekte bezeichnet er als gute Ansätze: „Ich denke, die Vielfalt der Senioreneinrichtungen muss insgesamt weiter wachsen.“