Warum Pflege-Konzepte für die 68er anders sein müssen
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Essen. . Die künftig Plegebedürftigen brauchen andere Pflegekonzepte als die heute Hochbetagten. Experten setzen daher immer stärker auf die Förderung von Wohngemeinschaften statt auf häusliche Pflege durch die Kinder.
Wer als Student Mitglied einer Kommune war, wer seit 30 Jahren die Rolling Stones hört, wer niemals in der klassischen Kleinfamilie lebte – der wird nicht einfach im Alter ins Heim gehen oder ein Zimmer bei den Kindern beziehen. „Die Hippies kommen“, sagt die Wittener Professorin und Pflegeexpertin Angelika Zegelin trocken. Und die brauchen neue Konzepte, wenn sie hochbetagt ein Leben führen sollen, das Rücksicht auf ihre mitunter bunte Vergangenheit nimmt.
Seit 2005 kommt diese Generation, die zwischen 1940 und 1950 geboren wurde, ins Rentenalter. In zehn Jahren werden viele von ihnen im Alltag Unterstützung brauchen oder gar pflegebedürftig sein. Experten erwarten, dass sie andere Konzepte brauchen als die Generation, die heute hochbetagt in den Pflegeheimen lebt oder von Angehörigen betreut wird. Langfristig müsse die Pflege weg vom Prinzip: entweder stationär oder häuslich, sagt ein Experte des Düsseldorfer Gesundheitsministeriums von Barbara Steffens (Grüne). Weshalb das Ministerium mit Hochdruck ein einem neuen Landespflegegesetz arbeitet, dass auf die Bedürfnisse dieser Generation eingeht.
„Krank im Alter – wie geht es weiter?“
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Ein Schlagwort für die Pflege der Zukunft lautet: Wohngemeinschaften für Betagte und/oder Demente. Diese Wohnformen sollen in Zukunft besonders gefördert werden, das ist, so der Experte, schon jetzt Konsens im Düsseldorfer Regierungsbetrieb. Die Eckpunkte dazu seien dem Kabinett bereits vorgestellt worden. Zur Zeit werde beraten, ob das Budget für die Pflege-Fördermittel von derzeit acht Millionen Euro aufgestockt wird.
Der Sozialstaat muss sich kümmern
Daran wird wohl kein Weg vorbei gehen. Die Anzahl der Pflegebedürftigen wird bis 2030 in Deutschland um 40 Prozent auf 3,5 Millionen steigen, so die Berechnungen des Statistischen Bundesamtes. Und die müssen versorgt werden. Denn durch den demografischen Wandel sind immer mehr Ältere auf fremde Hilfe angewiesen, weil sie keine eigenen Kinder haben. Der Sozialstaat ist verpflichtet, sich um sie zu kümmern.
Neben Wohngemeinschaften oder Mehr-Generationen-Wohnen will das Steffens-Ministerium den Alten ermöglichen, möglichst lange in ihrem Wohnumfeld zu bleiben. Die Versorgung solle „im Quartier“ stattfinden, heißt es dazu. Oft genug reiche es aus, sogenannte haushaltsnahe Dienste anzubieten.
Von einem ganz anderen Konzept erzählt die Wittener Professorin Angelika Zegelin: Statt mehrere tausend Euro monatlich in die Heimpflege zu stecken, könnten Pflegebedürftige sich dauerhaft auf einem Kreuzfahrtschiff einmieten. Tatsächlich gibt es im Internet entsprechende Angebote sogar für Alzheimer Patieten mit Pflegestufe 3.
Altenheime weniger gefragt
Halbwegs rüstig ein Altenheim beziehen – das ist schon heute selten. Die meisten Heimbewohner sind dement; den Hochbetagten, die zwar rund um die Uhr Hilfe brauchen, aber noch einen klaren Kopf haben, fehlt dort oft ein Ansprechpartner. Dies sei eine Folge der starken Förderung der häuslichen Pflege, sagt Annette Guenther, Leiterin des Fachbereichs Pflege der DAK. Anfang der 1990er Jahre seien zu viel Plätze in Heimen geschaffen worden. Inzwischen seien die Heime mitunter nur noch zu 80 Prozent ausgelastet – „das ist zu wenig, um wirtschaftlich arbeiten zu können“, sagt die DAK-Expertin. Auch wenn es aufgrund der puren Masse an alten, pflegebedürftigen Menschen auch in Zukunft nicht ohne Heime geht – die Bedeutung der stationären Pflege werde wohl weiter abnehmen.
Demenz - ein wachsendes Problem
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Abgesehen von Demenz und Pflegebedürftigkeit: In Zukunft werde die ohnehin schon hohe Zahl an fitten, rüstigen Alten zunehmen, sagt Annette Guenther. Wie genau die vielen Hochbetagten leben werden, wisse man noch nicht. Klar sei aber schon jetzt: „Ältere Menschen werden mehr und mehr das öffentliche Leben bestimmen.“
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