Oberhausen. .
Fritz Giga war Oberhausener und er war ein erbitterter Nazi-Gegner. Auch seine Geschichte erzählt die Dokumentation „Faschismus kommt nicht über Nacht“ des Historischen Vereins Oberhausen-Ost.
Dabei geht es immer darum, die Geschehnisse und Menschen dieser Stadt in der Zeit des Nationalsozialismus sichtbar zu machen.
Doch bleiben wir zunächst bei Giga. Der Oberhausener war 1934 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ festgenommen worden, er hatte kommunistische Flugblätter verteilt. Während der Verhöre war er gefoltert und schließlich eine Treppe hinuntergeworfen worden, erinnert sich Zeitzeuge Hans Marchwitza. Da Giga kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben habe, hätten ihn die SA-Schergen in die Leichenhalle gebracht.
Menschlichkeit und Sorgfalt
Dort habe ein Mitarbeiter durch Zufall bemerkt, dass er doch noch lebte. Und so wurde Giga ins St.-Josef-Hospital gebracht, „wo man den Schwerverletzten mit viel Menschlichkeit und Sorgfalt behandelte“, wie Marchwitza in der Dokumentation zitiert wird. Ein Arzt habe die Gestapo immer wieder mit den Worten „Er stirbt sowieso“ abgewehrt.
Zumindest bis zu jenem Tag, an dem vier SA-Männer in das Krankenzimmer eindrangen und ihn zum Verhör abholten. Allerdings waren das diesmal falsche SA-Männer. „Genossen, die sich verkleidet hatten und in dem üblichen Jargon redeten“, erzählt Klaus Oberschewen, der als Vorsitzender des Historischen Vereins maßgeblich an der Erstellung der Dokumentation beteiligt war. Die alten Kameraden seien aber so überzeugend gewesen, dass Giga wohl tatsächlich selbst glaubte, sie hätten die Seite gewechselt oder seien in Wahrheit Gestapo-Spitzel.
Gegen General Franco gekämpft
Doch Giga wurde gerettet und in Holland gesund gepflegt. Drei Jahre später schloss er sich den Internationalen Brigaden an und kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg gegen den faschistischen General Franco, der im Juli 1936 gegen die demokratische Regierung Spaniens geputscht hatte. Fritz Giga fiel am 11. Juli 1937 in der Nähe der Ortschaft Romanillos.
Material und Ereignisse, die nicht in Vergessenheit geraten sollten, meinen Oberschewen und Mitherausgeberin Sarah Benneh. Deshalb überarbeiteten sie die ursprünglich in den 80er Jahren für den Schulunterricht erstellten Dokumentationen und stellten sie neu zusammen. „Meine Generation kennt den Nationalsozialismus hauptsächlich aus Zahlen, Daten, Fakten und damit als Geschichte von oben“, weiß Historikerin Sarah Benneh. Die meisten Zeitzeugen seien inzwischen verstorben.
Zu Tode gefoltert
„Umso wichtiger war es uns, diese Berichte von Oberhausener Zeitzeugen zu sichern und damit festzuhalten, was sich vor Ort abgespielt hat.“ Auch diesmal vor allem für den Schulunterricht. „Aber auch für alle sonst Interessierten.“ Denn nicht nur die Zwickauer-Terrorzelle um Beate Zschäpe belege: „Rechtsextremismus ist immer noch Gegenwart“, betonen Oberschewen und Benneh und ergänzen einhellig: „Extremismus verläuft schleichend, das war damals so und ist bis heute so geblieben.“
Noch immer liefen ihm deshalb kalte Schauer über den Rücken, wenn er sich die Liste der Mitläufer durchlese, die damals gemeinsam mit dem Oberhausener Oberbürgermeister Heuser (bis dahin übrigens Mitglied der christlichen Zentrum-Partei) am 1. Mai 1933 in die NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) eintraten, sagt Oberschewen und zählt auf: „Bürgermeister Dr. Legge, Stadtrat Dr. Schnöring, Stadtdirektor Mömken, Stadtbaumeister Schmitz – um nur einige von vielen zu nennen“. Während zeitgleich in unmittelbarer Nähe – in der Sporthalle des Elsa-Brändström-Gymnasiums Hitlergegner zu Tode gefoltert worden seien.
In drei Kapiteln werden die Angriffe geschildert
Die Dokumentation „Faschismus kommt nicht über Nacht“ schildert in drei Kapiteln die Angriffe der Nazis auf die Demokratie bereits vor 1933, die grausame Verfolgung aller Antifaschisten auch in unserer Stadt und zeigt schließlich in den Erinnerungen ehemaliger Widerstandskämpfer den schwierigen Aufbau der Demokratie nach 1945 auf. Die einzelnen Dokumentationen wurden in den Jahren 1985 bis 1988 im Rahmen des Projekts „Sozialgeschichte der Stadt Oberhausen“ erstmals veröffentlicht und sind bereits seit Jahren vergriffen.
Die Neuauflage ist in einer Auflage von 300 Exemplaren im Karl Maria Laufen Verlag erschienen („Mit dem wir als Verein bereits seit Jahren zusammenarbeiten und auch diesmal wieder auf offene Ohren stießen“, so Klaus Oberschewen). Zu erwerben ist sie in allen Buchhandlungen für 18 Euro unter der ISBN 978-3-87468-269-5. Das Titelbild erstellte übrigens Walter Kurowski.
„Die Kosten für den Druck übernimmt der Historische Verein Oberhausen-Ost, weil uns dieser Beitrag zur Erinnerungskultur so wichtig ist“, erläutert Oberschewen. Dies allerdings hätte der Verein nicht ohne die Unterstützung der Bürgerstiftung der Stadtsparkasse Oberhausen leisten können. „Außerdem wollten wir uns für die Aktualisierung der anhängenden Bibliografie und seine Mühe herzlich bei Clemens Heinrichs von der Gedenkhalle Oberhausen bedanken“, ergänzt Oberschewen.