Oberhausen. Dass auch Frauen Rassisten sein können, darüber klärte die Journalistin und Autorin Andrea Röpke auf. Im Oberhausener Elsa- Brändström Gymnasium schauten die Jungs einen Film, während die Mädels mit der Journalistin über weibliche Beteiligung an nationalsozialistischem Gedankengut und wie man diese verhindern könne, diskutierten

Auch Frauen können Rassisten, können Nazis sein. Bislang galten sie bei Behörden und in der Gesellschaft als harmlose Mitläuferin. Ihre Rolle in der rechtsradikalen Szene wird allerdings weit unterschätzt, wie Fachjournalistin Andrea Röpke im Elsa-Brandström-Gymnasium deutlich machte. Rund zehn Prozent der rechtsmotivierten Straftaten werden inzwischen von Frauen begangen. Im „Mittelbau“ der braunen Hierarchie sind sie unverzichtbare Vermittlerinnen geworden, besonders wenn es darum geht, die menschenfeindliche Ideologie hoffähig zu machen.

„Frauen sind oft noch schlimmere Rassisten als Männer“, räumt Röpke am Mittwoch vor der versammelten Mädchen-Gruppe mit gesellschaftlichen Rollenvorstellungen gründlich auf. Protest regte sich da nicht, zunächst herrschte entsetztes Schweigen. Rechtsextremismus ist nunmehr offensichtlich „Mädelsache“ geworden – so auch der Titel des Buches, in dem Röpke mit Andreas Speit die rechte Szene beleuchtet. Die grausamen Morde von Beate Zschäpe und der Zwickauer Zelle rückten die Beteiligung von Frauen zwar erst ins Licht. Im Grunde waren sie aber schon immer dabei.

Die Frau spielt viele Rollen

Stütze des Mannes, Vermittlerin, Mutter und damit zentrale Figur für den (reinrassigen) Erhalt des Volkes – in der perfiden Ideologie der Nazis spielte die Frau schon früher viele Rollen. Sie gründeten Gemeinschaften, besuchten inhaftierte Nazi-Verbrecher und hielten sie bei der Stange, sie leugneten den Holocaust, propagierten nationalsozialistische Erziehung, kreierten befremdende Kochrezepte wie „Spargelessen gegen Überfremdung“.

Nazis von heute wissen hingegen den ‘strategischen Wert’ des weiblichen Charmes mehr zu schätzen: Frauen treten als nette Nachbarin auf, warnt Röpke, sie leisten ehrenamtliche Elternarbeit etwa in der Vertretung an Schulen, sie spielen die volksnahe Kommunalpolitikerin. Frauen können so „Karriere machen“, meint Röpke, intern stoßen auch emsige Nazi-Mädels an die gläserne Decke der Hierarchie.

Dennoch: Jede fünfte Beteiligte an einer Nazi-Demo ist heute eine Frau, in NRW soll ein Drittel der NPD-Wähler weiblich sein.

Jungs schauten Film, Mädels diskutierten

Die anschließenden Fragen der Schülerinnen des Elsa-Brändström-Gymnasiums lagen damit fast auf der Hand: „Wie lässt sich dieser Trend verhindern? Soll man die NPD verbieten?“ Die Journalistin sprach sich jedoch gegen ein Verbot aus, weil das eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus verhindern würde. Stattdessen „müssen wir ein gesellschaftliches Millieu schaffen, indem sich jeder Mensch wohl fühlt“, empfahl Röpke als Strategie gegen braunes Gedankengut.

Auch am Elsa soll die Beschäftigung mit der rechten Szene und Rassismus weitergehen, kündigt Schulleiterin Brigitte Fontein an. Eines der nächsten Themen soll die hiesige Szene werden. „Wir wurden bereits von der Polizei gewarnt, dass Nazis uns einen Stein ins Fenster werfen“, sagt Lehrer und Mitinitiator Dirk Kamps. Wenn man sich aber jetzt schon einschüchtern ließe, würde man den Rechten zu viel Macht geben. Übrigens: Während die jungen Frauen diskutierten, schauten die Jungs den mit drei Lolas ausgezeichneten Spielfilm „Die Kriegerin“ über die Neo-Nazistin Marisa.