Oberhausen. Erstmals werden Oberhausener Roma, die Opfer des NS-Regimes wurden, mit Stolpersteinen in Erinnerung gerufen.

Der genaue Ort ist heute nicht mehr bekannt, aber irgendwo auf der Kirchhellener Straße stand er einst, der Wohnwagen der Familie Mettbach. Während des Naziregimes wurde die siebenköpfige Familie Opfer der Verfolgung von Sinti und Roma, nur Vater Johann Mettbach überlebte die Deportation. Das Schicksal der Familie verblasste, doch schon diese Woche werden in den Boden eingelassene „Stolpersteine“, die ersten für deportierte Roma in Oberhausen, an ihre Geschichte erinnern.

Seit 2008 hat der Kölner Künstler Gunter Demnig bereits über 90 Stolpersteine verlegt, um an verfolgte Oberhausener an unterschiedlichen Orten im Stadtgebiet zu erinnern. Mit der Verlegung am 15. und 16. März kommen noch einmal Stolpersteine für 35 Verfolgungsopfer hinzu. Zum ersten Mal werden auch Roma, die Familie Mettbach, bedacht. „Das war bisher leider nicht möglich. Unterlagen über Roma gibt es kaum“, erklärt Clemens Heinrichs von der Oberhausener Gedenkhalle die Hintergründe. Doch nach langwierigen Recherchen seiner Kollegin Katrin Dönges konnten die Informationen jetzt zusammengetragen werden.

Johann Mettbach, geboren im Jahr 1914, weilte seit 1932 in Oberhausen und war von Beruf Musiker. Als ihm diese Tätigkeit von den Nazis verboten wurde, verdiente er sein Geld als Tiefbauer und Hilfsarbeiter. Mettbach lebte mit seiner Frau Anna, die er 1934 heiratete, an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet in einem Wohnwagen. Die Ehe brachte fünf Kinder hervor, Helga, Margarete, Frieda, Erwin und Joachim. Das jüngste Kind Joachim, starb im November 1942 im Alter von sechs Monaten.

Deportation nach Auschwitz

Bereits im Juni 1940 zog die Familie in eine Art von Sammelstelle für Juden, Sinti und Roma um: eher unfreiwillig, wie zu vermuten ist. Am 10. März 1943 schließlich wurde Johann Mettbach zusammen mit seiner Familie ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Das weitere Schicksal seiner Frau Anna und der Kinder Erwin und Helga ist nicht bekannt.

Klar ist nur, dass sie den Nationalsozialismus nicht überlebt haben. Margareta Mettbach wurde am 7. Juni 1944, im Alter von acht Jahren, in Auschwitz ermordet. Die jüngere Schwester Frieda ereilte am 26. Juni dasselbe Schicksal. Sie wurde nur sechs Jahre alt.

Johann Mettbach wurde im April 1944 ins KZ Buchenwald verbracht, im November erfolgte eine weitere Verlegung in das Außenlager Harzungen des KZs Mittelbau-Dora. Ende April 1945 wurde Johann Mettbach – wohl wegen der vorrückenden Roten Armee, ins KZ Sachsenhausen überführt. Während des Transports wurden die Viehwaggons mit den Häftlingen von alliierten Fliegern angegriffen. Als sie in Panik versuchten, die Waggons zu verlassen, wurden sie von den SS-Wachen beschossen. Johann Mettbach erlitt zwei Schusswunden, er verblieb, bis zur Befreiung durch sowjetische Soldaten wenige Tage später, im Häftlingskrankenhaus.

Nach dem Krieg zog Johann Mettbach nach Düsseldorf, wo er später erneut heiratete und Vater eines Kindes wurde. 1971 starb er dort in einem Krankenhaus.

Zum Nachdenken bringen

„Die Kiesgrube, an der die Mettbachs mit ihrem Wohnwagen standen, war nicht mehr zu identifizieren“, so Clemens Heinrichs. „Damit die Stolpersteine nicht irgendwo gesetzt werden, wo es niemand sieht, haben wir uns für eine Verlegung an der Bushaltestelle auf der Kirchhellener Straße entschieden.“ Der Sinn der Sache sei ja, auf die Familie und ihr Schicksal aufmerksam zu machen. „An dieser Stelle, einem Punkt, der eine gewisse Öffentlichkeit hat, werden hoffentlich mehr Menschen darauf stoßen und darüber nachdenken.“

Stolpersteinverlegungen: Die einzelnen Orte, Opfer und Uhrzeiten

Am Donnerstag, 15. März, startet die zweitägige Stolpersteinverlegung. Um 12 Uhr wird an der Klörenstraße 69 ein Stein für Willy Prüfer gesetzt, der als SPD-Mitglied Widerstand gegen das NS-Regime leistete und schließlich im Konzentrationslager Neuengamme ermordet wurde. 12.30 Uhr: Friedrich-Karl-Straße 30, Familie Lichtenstein. 13 Uhr: Havensteinstraße 52, Siegfried Samson. 13.30 Uhr: Elsässer Straße 27, Familie Rosenbaum. 14 Uhr: Von Schellingstraße 27, Paula Berghoff. 14.30 Uhr: Friedrichstraße 1, Familie Rentmeister. Die letzten Verlegungen des Tages -- für die Familie Mettbach -- beginnen um 15 Uhr an der Bushaltestelle Kirchhellener Straße, in Höhe der Hausnummer 87.
Am Freitag, 16. März, stehen an weiteren sieben Standorten Verlegungen an. 9 Uhr: Katharinenstraße 81, Johannes Zimorski. 9.30 Uhr: Beecker-ortstraße 81a, Wilhelm Böke. 10 Uhr: Koppenburgstraße 51, Stefanie Sredzinska. 10.30 Uhr: Dieckerstraße 86, Maria Hendricks. 11 Uhr: Hunsrückstraße 47, Johann Kaplon. 11.30 Uhr: Blücher-straße 49, Familie Caspary. 12 Uhr: Gewerkschaftsstraße 76-78, Wilhelm Schönen.