Oberhausen. Der Freiwillige Feuerwehrmann Henning Harmsen musste nach einem Dienstunfall mehr als ein Jahr auf sein Geld warten

Sie riskieren ihre eigene Gesundheit, um andere aus Gefahrensituationen zu retten. Die Männer und Frauen der Freiwilligen Feuerwehren in Oberhausen treten ihren Dienst dabei ehrenamtlich an. Was passiert aber, wenn sie selbst Hilfe brauchen, sich während eines Einsatzes verletzen und arbeitsunfähig werden? Henning Harmsen, Gruppenführer bei der Freiwilligen Feuerwehr Mitte, musste selbst erfahren, dass die Absicherung im Schadensfall nicht immer reibungslos funktioniert. Die Unfallkasse des Landes NRW (UK), bei der ehrenamtlich Tätige versichert sind, weigerte sich über ein Jahr lang, seinen Dienstunfall anzuerkennen. Ein aktueller Fall, ähnlich gelagert, aus Moers beschäftigt die Kollegen ebenfalls.

Harmsen hatte sich während eines Kellerbrandes im November 2010 verletzt. „Während des Einsatzes bin ich auf einem Wasserschlauch ausgerutscht, ich hatte ja noch das schwere Pressluftgerät umgeschnallt.“ Die Kniescheibe im rechten Knie war bei dieser unglücklichen Bewegung versprungen. „Die Unfallkasse erkannte die Verletzung in der Folge aber nicht an.“ Die gesetzliche Krankenkasse, in seinem Fall die IKK, verwies zurück auf die Unfallkasse. Leistungen wurden von der UK aber nicht übernommen.

Feuerwehrmann musste zunächst Behandlung selbst bezahlen

„Ich musste Medikamente, Krücken, Taxifahrten und die Physiotherapie selbst bezahlen.“ Auf zunächst unbestimmte Zeit wurde Hermsen krank geschrieben, konnte seinem Beruf am Ende drei Monate nicht nachgehen. „Mein Arbeitgeber hat sich glücklicherweise ziemlich neutral verhalten, Kündigung war kein Thema.“ Durch fehlende Provisionen ging das Einkommen deutlich zurück.

Schnell stand Henning Harmsen vor finanziellen Problemen. „Ich musste ja meine Miete und laufende Kosten bezahlen.“ Hier setzte aber die Kameradschaft unter den Feuerwehrleuten ein. „Vom Förderverein der Berufsfeuerwehr bekam ich ein zinsloses Darlehen in Höhe von 500 Euro, die Kameradschaftskasse meines Löschzuges unterstützte mich ebenfalls.“ Auch den Einsatz von Feuerwehrchef Wolfgang Tingler lobt Harmsen ausdrücklich. „Er hat sich sehr stark gemacht für meinen Fall. Ohne den Rückhalt, Zuspruch und spontane Hilfen der Kollegen hätte ich es nicht so überstanden.“

Der Rechtsstreit mit der Unfallkasse, Harmsen hatte sich inzwischen einen Anwalt genommen, zog sich in die Länge. „Die UK beharrte auf dem Gutachten eines Düsseldorfer Arztes, der mich nie untersucht, geschweige denn überhaupt gesprochen hat. Dieser hat meinen Fall nur anhand der Aktenlage beurteilt.“ Ein weiteres Gutachten zu seinen Gunsten wurde nicht anerkannt.

Zusatzversicherung für Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr

Erst im November 2011, über ein Jahr nach dem Unfall und etlichen Briefwechseln durch den Anwalt, kam ein neuer Bescheid. „Endlich wurde mein Anspruch anerkannt.“ Zunächst wurden 1700 Euro Unfalltagegeld gezahlt, später weitere Kosten übernommen.

„Ich kann wieder laufen und auch joggen, aber es war lange Zeit nicht absehbar, dass der Heilungsprozess so verläuft.“ Auch wenn der Streit mit der Unfallkasse beigelegt ist, lässt ihn das Geschehene keine Ruhe. „Ich verzweifle heute noch daran, was da alles passiert ist.“ Und da ist er nicht allein. Insgesamt sei bei der Freiwilligen Feuerwehr infolge seines Unfalls eine gewisse Unsicherheit zu spüren gewesen. „Man weiß ja nie, was im Unglücksfall passiert. Ob man dann auf dieselben Probleme stößt wie in meinem Fall.“ Manchmal müsse man kurz innehalten und überlegen, ob man wirklich in ein brennendes Haus reingeht. „Was ist, wenn so etwas einem Familienvater passiert?“

Um diese Bedenken zu zerstreuen, wurde inzwischen eine Zusatzversicherung für die 216 Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr abgeschlossen. „Wir hoffen, dass damit bestehende Versorgungslücken geschlossen wurden“, schildert Feuerwehrchef Wolfgang Tingler die Situation. Auch bei ihm ist das Verhalten der Unfallkasse sauer aufgestoßen. „Der Fall hat bei uns für absolutes Unverständnis gesorgt.“ Da es ohne den Einsatz der Ehrenamtler in Oberhausen nicht geht, habe man sich schnell zusammengesetzt und unterstützt. „Eins ist klar: Wenn die Freiwillige Feuerwehr wegbrechen würde, wäre das mehr als nur problematisch.“

Keine Nachteile für Freiwillige Feuerwehrleute

„Den ehrenamtlichen Angehörigen der Feuerwehr dürfen aus dem Dienst keine Nachteile im Arbeits- oder Dienstverhältnis erwachsen“, heißt es im nordrhein-westfälischen „Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung“. Daran müsse sich das Land auch halten, findet Feuerwehrchef Wolfgang Tingler.