Oberhausen. .

Zekeriya Keles zündet sich erst einmal eine Zigarette an, es ist 7 Uhr in der Früh. Dann geht’s aber sofort los: Präzise und gekonnt lenkt er seinen Kehrwagen bis an den Rand des Bordsteins der Friedrich-Karl-Straße, bis in die letzte Ritze. Unter dem schmalen weißen Mobil verschwinden Staub, Blätter, Papier, Moos aus Fugen und sogar Plastik- und Glasflaschen in den hinteren Kessel der Maschine. Mit der „Fluppe“ wirkt der 48-Jährige auf manchen Fußgänger in der Innenstadt vielleicht lässig, Kelis ist aber hochkonzentriert. „Manche sagen: ‘Du lenkst doch nur.’ Aber wenn ich nach der Arbeit zuhause ankomme, muss ich erst einmal eine Stunde entspannen.“ Fußgänger, Autoverkehr und Maschine muss Keles im Blick haben: anstrengend – Saubermachen ist Kopfarbeit.

Müll und Moos

Von Entspannung kann bei der Straßenreinigung in der City indes keine Rede sein: Seit mehr als einem halben Jahr fährt der Kehrwagen an vier verschiedenen Tagen im Monat gesondert durch das Quartier. Von der Friedrich-Karl-Straße bis zur Alsenstraße wird dann – neben der üblichen Straßenreinigung – gründlich gesäubert. Oder besser gesagt: So gründlich wie möglich. Denn wo Autos geparkt sind, kommt selbst der Kehr-Mini nicht bis an die Straßenkante. Das Ergebnis: Müll und Moos bleiben liegen.

Und das ist – trotz des geltenden Parkverbots, das in der Kehrzeit für bestimmte Straßen ausgesprochen wird – nicht selten der Fall. Das erste Mal kommt der Trupp aus sieben Kehrern, die mit Besen, Rechen und Unkrauthacke die Vorarbeit leisten, und einem Kehrwagen nach einer halben Stunde an der Goebenstraße ins Stocken. Hier, in den Parkbuchten an der Deutschen Bank stehen vier Pkw im nun geltenden Parkverbot. Die drei Ordnungshüter schreiten zur Tat.

"Manche lassen sich regelmäßig von uns rausklingeln"

„Wir ermitteln erst den Halter. Wenn er hier wohnt, klingeln wir“, betont der Mitarbeiter des Ordnungsamts, „wir schellen Sturm.“ Tatsächlich kommt eine Frau aus dem Haus: „Was ist denn los? Ach so...“ Noch mal Glück gehabt, es bleibt beim Knöllchen. „Manche lassen sich regelmäßig von uns rausklingeln“, bemerkt der Mann vom Ordnungsamt.

Bei denen, die sich nicht aufspüren lassen, legt der Schlepper das Seil an, Fotos werden gemacht, „falls der Halter später Schäden am Auto reklamiert“, so der Ordnungshüter – und die Pkw werden abtransportiert. Das macht etwa 160 Euro plus Verwarnung, rund 200 Euro. Drei Abschleppwagen folgen der Kolonne und haben reichlich zu tun. Dabei soll es hier noch verhältnismäßig ruhig sein, merkt der Mitarbeiter des Ordnungsamtes an, von der Saar- bis zur Alsenstraße steigere sich die Zahl der Knöllchen und Abschlepp-Aktionen erheblich. Warum? „Gute Frage“, meint er.

Nach etwa zehn Minuten geht’s weiter für die sieben Kehrer. Sind es immer so viele oder nur der Presse wegen? „Je nachdem, wieviel Leute wir zur Verfügung haben“, sagt einer. Meist sei man aber zu dritt.

Holzstücke sind problematisch

Zekeriya Keles folgt, macht noch eine Wende und wienert nach. „Andere machen das vielleicht nicht so, aber das ist eben meine Einstellung“, sagt er. Schade, dass der Kehrmaschinenfahrer sonst nur im Oberhausener Norden eingesetzt wird. Seit 19 Jahren ist er übrigens schon bei der WBO, seit 15 fährt er die Kehrmaschine.

Die reinigt vorne mit Wasser und einem rotierenden Besen. Der so gebundene Staub und Müll wird durch eine Lade unter dem Wagen aufgenommen und durch einen dicken Schlauch in den hinteren Kessel gesaugt. Flaschen gehen auch mit, nur wenn sich Holzstücke im Schlauch verkannten, „dann haben wir den Salat“, meint Keles. Das Wasser wird anschließend wiederverwertet. Nach ein paar Stunden ist der Kessel voll und muss ausgeleert werden.

Nach der Extra-Runde blickt der 48-Jährige zufrieden in den Rückspiegel. „Der Effekt ist deutlich. Man müsste einige Kräfte mehr anstellen, wenn man das mit Handfegern machen wollte“, schätzt er.

Reinigungskonzept ist umstritten

Ist das Straßenreinigungs-Konzept sinnvoll? „Vollkommen richtig, dass abgeschleppt wird“, meint ein älterer Oberhausener, „die Leute müssten doch inzwischen Bescheid wissen.“ Sein Beispiel kommt aus Hamburg. Als er noch auf dem Fischmarkt gearbeitet hatte, schleppte die Polizei falsch parkende Händler rigoros ab.

Ein Mülheimer, der seine Frau in die City zum Arzt gebracht hat, gibt dagegen zu bedenken: „Als Ortsfremder habe ich die Schilder nicht gesehen und kenne die Regelung auch nicht. Zum Glück kam ich noch rechtzeitig weg“, meint er. Jeder zweite Montag bis Donnerstag im Monat? Das sei schwer nachzuhalten.

Auch deswegen ist die Extra-Sauber-Tour bei nicht wenigen Bürgern umstritten. Sie halten zudem das Umparken ihres Fahrzeugs für die Zeit des Kehrdienstes für viel zu aufwändig und beklagen mangelnde Ausweichparkplätze. Manche sind überzeugt, die Reinigung wäre gut nur mit dem Besen zu erledigen. Dann könnten die parkenden Autos stehen bleiben.

WBO-Mitarbeiterin Gabriele Fröhlich macht den Kehrdienst seit acht Jahren: „Kompliziert? Muss man sich die Tage doch nur auf dem Kalender anstreichen“, sagt sie. Für die Kehrer sei das Konzept eine Erleichterung. Und für die Bürger? Aufwändig vielleicht, meint Zekeriya Keles, andererseits: „Zuhause muss ich ja auch die Tische und Stühle rücken, wenn ich saubermachen will.“