Oberhausen. . Der Titel des dritten Stadtgesprächs von WAZ und Volkshochschule unter der Moderation von WAZ-Redaktionsleiter Peter Szymaniak war bewusst provokant gewählt: „Gibt es in Oberhausen eine Parallelgesellschaft?“

Bei der Diskussion wurde deutlich: Das subjektive Gefühl, Parallelgesellschaften existieren hier, ist bei etlichen Menschen vorhanden. Polizeidirektor Peter Sterner gestand den Leuten mit mulmigem Gefühl zu: „Es gibt ein, zwei Punkte in der Stadt, in denen man das Empfinden haben könnte, hier entwickeln sich Parallelgesellschaften.“ Doch objektivieren könne man das nicht, so gebe es kein eigenes Rechtssystem einer Gruppe.

Bildhaft fiel die Darstellung von Abschottung durch den Geschäftsführer des Integrationsrates aus. „Wir sind alle eine große Wohngemeinschaft, in der man sich ab und zu im Wohnzimmer trifft“, sagte Ercan Telli. Erst wenn einer nicht mehr aus seinem Zimmer rauskäme, würde es aber bedenklich. Telli formulierte eine klare Voraussetzung für Integration: „Alle, die zu Menschenrechten und bestehenden Gesetzen stehen, sind herzlich willkommen.“

Türken als Synonym für alle Muslime

Und das sind eben nicht nur Türken, die, wie Telli immer wieder erfährt, oft fälschlicherweise im Guten wie im Bösen als Synonym für alle Muslime herhalten müssen. Auf die Frage eines Gastes konnte Telli antworten: „138 Nationalitäten leben in Oberhausen.“ Im Grunde sei hier die ganze Welt zu Hause. Die größte Gruppe seien Türken gefolgt von Italienern, Russen, Polen, Tamilen.

Aber Parallelgesellschaften innerhalb dieses Völkergemischs gebe es ihrer Meinung nicht, sagte auch Jamila Zouaoui, Kultur- und Nachbarschaftsmediatorin der Kurbel. Und zum Thema Integration erklärte Desbina Kallinikidou, die Leiterin des Büros für Interkultur der Stadt: „Ich glaube, wir stehen da in Oberhausen sehr gut da.“ In Noten ausgedrückt gebe sie dieser Stadt fürs Zusammenleben der Nationen eine Drei plus. „Verbessern kann man sich immer noch.“

"Es gibt in Oberhausen keine Parallelgesellschaft"

CDU-Vorsitzender Wilhelm Hausmann sieht allerdings durchaus die Gefahr einer Parallelgesellschaft in Osterfeld an der Fahnhorststraße, wo radikale Muslime auch einmal ein Internat errichten wollten. Den Bau zweier neuer Moscheen lehne er nicht ab, so lange darüber offen geredet werde.

Kulturdezernent Apostolos Tsalastras sieht sogar die Errichtung von Kuppel-Moscheen mit Minaretten als Beweis für eine positive Entwicklung: „Es gibt in Oberhausen keine Parallelgesellschaft, im Gegenteil, die Migranten wollen stärker am öffentlichen Leben teilhaben.“ Die Ängste der Menschen, die mit solch fremden Dingen konfrontiert würden, könne er jedoch verstehen. Die Leiterin der Gesamtschule Osterfeld, Ingrid Wenzler, hielt fest: „Wir sind die Schule mit dem größten Anteil von Kindern aus nichtdeutschen Familien. Aber dennoch sind 80 Prozent unserer Kinder in Osterfeld geboren, sie sind Osterfelder.“

Soziale Probleme haben nichts mit dem Kulturkreis zu tun

Unterm Strich waberte ein Hauch Skepsis über der Debattenrunde. So schilderte ein Teilnehmer das Erlebnis seines Enkels, der sich auf der Gesamtschule Osterfeld unwohl gefühlt habe. „Da sind so viele Türken, die nennen mich alle Ali“, habe das Kind gesagt. Und auf die Frage von Szymaniak: „Gibt es Deutschenhasser?“, antwortete Telli: „In Einzelfällen, ja.“

„Warum haben Migranten schlechtere Schulabschlüsse, eine höhere Arbeitslosenquote und oft Probleme mit der deutschen Sprache?“, fragte Peter Szymaniak. Ercan Telli: „Sie haben diese Probleme nicht, weil sie einem bestimmten Kulturkreis angehören.“ Apostolos Tsalastras: „Die Bildungsprobleme resultieren aus der sozialen Situation der Leute.“ Man müsse deren Chancen verbessern und das Bewusstsein: Bildung ist wichtig. An der Gesamtschule Osterfeld etwa werden Kinder ihren Bedürfnissen entsprechend gefördert.