Oberhausen. In vier Städten, in Oberhausen, Düsseldorf, Solingen und Langenfeld, fanden am Mittwoch zeitgleich Razzien im Rockermilieu statt. In Oberhausen stürmten über 100 Polizeibeamte das Clubheim der Bandidos.
Es ist Mittwochabend. Im Rockermilieu finden zeitgleich Polizei-Razzien in Oberhausen, Düsseldorf, Solingen und Langenfeld statt. Die Oberhausener Bandidos kommen ungeschoren davon. Aber in Düsseldorf nimmt die Polizei fünf Personen fest.
Die Szenerie in Oberhausen wirkt gespenstisch: An der unteren Marktstraße stehen in der Dunkelheit der beginnenden Nacht dicht an dicht Polizeimannschaftswagen. Und es wimmelt nur so von Polizisten. Die meisten von ihnen sind an ihrer grünen Einsatzkleidung als Mitglieder von Spezialeinheiten erkennbar. Kurz nach 20 Uhr lastet eine merkwürdige Stille über diesem Bereich der Straße, in dem nur hellerleuchtete Fenster der Anwohner einen Hauch von Normaliät vermitteln.
Die ganze Polizei hier draußen - alles Kulisse für einen Action-Film, der im Verborgenen, im Clubheim der Bandidos, abläuft. Das wird gerade durchsucht. Zum ersten Mal seit das Chapter die Räumlichkeiten an der Marktstraße bezog.
Unerwarteter Besuch von der Polizei
Immer mittwochs haben die Rocker ihr Clubtreffen. Diesmal bekamen sie unerwarteten Besuch. Stürmte die Polizei die Räume in der ersten Etage des Hinterhofgebäudes. Zeitgleich fanden Razzien bei Rockern in Düsseldorf, Solingen und Langenfeld statt, in Clubräumen und auf Clubgeländen, aber auch in Privatwohnungen. Die Fäden der Razzien hält das Polizeipräsidium Mönchengladbach in der Hand. Denn: Bei Auseinandersetzungen zwischen Bandidos und Hells Angels wurden am 21. Januar dieses Jahres zwei Männer durch Messerstiche schwer verletzt.
Weil die Staatsanwaltschaft die Angriffe auf die Opfer als versuchte Tötungsdelikte bewertete, richtete die Polizei Mönchengladbach die Mordkommission „Kutte“ ein. Die Beamten fahnden nun nach Tatverdächtigen für die versuchten Tötungsdelikte und ermitteln wegen schwerem Landfriedensbruch (aktive Beteiligung an gewalttätigen Ausschreitungen). Ein schwieriges Geschäft, da verfeindete Rockerclubs wie Bandidos und Hells Angels ihre Konflikte untereinander austragen. Gegenüber der Polizei aber eisern schweigen.
"Wir sind ohne Zwischenfälle reingekommen"
Während die Polizei die Räume der Bandidos durchsucht und von sämtlichen Rockern die Personalien aufnimmt, heißt es draußen warten. Eine SMS der Polizisten an der Front an den Oberhausener Polizeisprecher Johannes Paus beruhigt: „Wir sind ohne Zwischenfälle reingekommen.“ 32 Rocker im Clubheim bleiben gelassen. Etwas aufgebrachter sind fünf Kumpels, die womöglich etwas spät dran waren und die Razzia „verpassten“. Die Muskelpakete warten jetzt an der Ecke Mülheimer Straße/Marktstraße. Dem WAZ-Fotografen, der dort vorbeikommt, drohen sie schon einmal vorbeugend: „Ey, Kamera weg, sonst gibt’s was auf die Fresse.“
Oberhausener Bandidosheim durchsucht
Vor dem Clubhaus bleibt es aber weiter ruhig. Schaulustige finden sich so gut wie keine ein. Nur einige Gäste und Mitarbeiter des spanischen Restaurants direkt gegenüber fragen: „Was ist denn hier los?“ In den Polizeiwagen bellen Rauschgift- und Sprengstoffhunde. Schutzhündin Elfi, eine Belgische Schäferhündin und ein kleines Powerpaket, wird von ihrem Hundeführer beschäftigt. Elfi, die so freundlich wirkt, ist jetzt im Dienst. Also, besser Abstand halten.
Mehr als 100 Polizisten allein in Oberhausen im Einsatz
Ansonsten sind allein in Oberhausen über 100 Polizisten im Einsatz - in allen vier Städten 500, die 100 Rocker überprüfen. Während der Einsatz in Oberhausen gegen Mitternacht unspektakulär endet, die Bandidos ihr Vereinsheim wieder für sich haben, ergibt sich für die Polizei in Düsseldorf ein Schmankerl am Rande. „Per Zufall haben wir über den Clubräumen des Clan 81 eine Hanfplantage gefunden“, erklärte der Mönchengladbacher Polizeisprecher Willy Theveßen. Übrigens ist es eine der größten Plantagen, die je in NRW entdeckt wurden. Den fünf in Düsseldorf Festgenommenen, darunter auch der Präsident des „Clan 81“, einer Gruppierung, die die Höllenengel unterstützt, werden Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen.
Fünf Festgenommene
Bei den Razzien wurde neben den fünf festgenommenen Personen, vier Männer und eine Frau, 15 Leute weitere erkennungsdienstlich behandelt. Es wurden auch Waffen sichergestellt. Messer, Beile und ein Elektroschocker. Außerdem sicherte die Polizei zahlreiche Computer. Den Razzien am Donnerstag waren bereits Einsätze am 9. Februar in Leverkusen, Köln und Duisburg vorausgegangen. In der Nacht, in der es zu der Schlägerei zwischen Bandidos und Hells Angels gekommen war, fielen in Oberhausen auch Schüsse auf das Wohnhaus eines führenden Bandido des örtlichen Chapters. In Herten wurde eine Handgranate in das Clubhaus der Bandidos geworfen. In der Rockerszene sind erneut Revierstreitigkeiten entbrannt, bei denen es um die Kontrolle von Rotlichtvierteln, Waffen- und Drogengeschäften oder Einfluss in der Türsteherszene geht. In Oberhausen werden sechs der Häuser im Bordellviertel an der Flaßhofstraße von einem Bandido betrieben.