Oberhausen.
Von einem möglichen Fehlstart des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) ist dieser Tage zu hören – bislang lägen nur wenige Anmeldungen für den am 1. Juli beginnenden Dienst vor. Das zuständige Berliner Familienministerium dementiert, allein: Auch in Oberhausen ist das Interesse am Bundesfreiwilligendienst, der die Aussetzung der Wehrpflicht und damit des Zivildienstes auffangen soll, bislang gering.
„Im Moment haben wir eine einzige zarte Anfrage, da kommt relativ wenig“, sagt Reinhard Messing von der Caritas. Anderswo sieht es ähnlich aus. „Konkrete Kandidaten gibt es im Moment nicht“, meldet Rainer Lettkamp, Geschäftsführer der Lebenshilfe. Und selbst im weithin bekannten Friedensdorf, das potenziellen Helfern als besonders attraktiv gelten dürfte, kann man die Anfragen an einer Hand abzählen.
Lohn-Zückerchen spornt Zivis zum Verlängern an
So richtig erstaunt scheint darüber allerdings niemand zu sein. Viele Einrichtungen haben die Situation offenbar kommen sehen und sich so gut wie möglich und oftmals aus eigener Kraft für den Engpass nach dem Auslaufen des Zivildienstes gewappnet. Der Landschaftsverband Rheinland etwa hat alle fünf zuletzt noch an der LVR-Förderschule beschäftigten Zivis zum Bleiben bewegen können – mit einem so genannten „Pflegehilfsvertrag“, der ihnen ein etwas besseres Auskommen bietet als das Zivi-Gehalt. „Dadurch können wir das Schuljahr geregelt zu Ende bringen, ansonsten hätte ich Unterricht streichen müssen“, sagt Schulleiter Sven Ricken.
Bei der Caritas haben alle neun derzeitigen Zivildienstleistenden ihren eigentlich sechsmonatigen Einsatz verlängert – auf neun oder auf zwölf, in einem Fall sogar auf 15 Monate. Ohne Zivis steht dagegen inzwischen die Lebenshilfe da. „Wir müssen die Arbeit jetzt mit dem bestehenden Personalschlüssel abwickeln“, so Rainer Lettkamp. „Einige Angebote im Freizeitbereich fallen deshalb weg.“
Dass es sich bei all dem lediglich um vorübergehende Probleme handelt, bis der Bundesfreiwilligendienst so richtig anläuft, glauben die wenigsten der Fachleute. „Wir haben den BFD eigentlich abgehakt“, sagt Förderschulleiter Ricken. Dauerhafte Unterstützung erhofft man sich an der Von-Trotha-Straße schon eher durch das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ).
„Wir steigen im Moment stärker ins FSJ ein“
„Wir steigen im Moment stärker ins FSJ ein“, heißt es ebenso bei der Caritas, zumal das Interesse hier spürbar größer sei. Zehn bis zwölf Anfragen lägen derzeit vor. „Aber natürlich bieten wir den Bundesfreiwilligendienst auch an.“ Warum der trotz der großen Zielgruppe so wenig Zuspruch erfährt? „Es gibt noch Unwägbarkeiten, das bekommen die Leute natürlich mit“, sagt Reinhard Messing. So sei beispielsweise nach wie vor unklar, ob Eltern von jungen Teilnehmern des Bundesfreiwilligendienstes weiterhin Kindergeld erhalten, wie es beim FSJ der Fall ist.
Trotz all der offenen Fragen fänden viele Verantwortliche im sozialen Bereich es bedauernswert, wenn der Bundesfreiwilligendienst floppte – denn die Idee sei gut, sagt zum Beispiel Rainer Lettkamp von der Lebenshilfe. Dass mit dem Bundesfreiwilligendienst auch Erwachsene angesprochen sind, gefällt ihm. „Schließlich betreuen wir auch ältere Behinderte.“ Lettkamp bleibt in Sachen BFD optimistisch. „Wir hoffen immer noch, dass es kein Fehlstart wird.“ Dafür seien auch eigene Anstrengungen nötig. „Wir werden uns werbetechnisch was einfallen lassen müssen.“