Berlin. .

Der neue Freiwilligendienst soll den Zivildienst Mitte nächsten Jahres ablösen. Die Caritas in NRW rechnet dann mit weniger jungen Helfern. Das dürfte sich auch auf das Angebot auswirken.

Der Sprecher der Caritasdirektoren in NRW, Heinz-Josef Kessmann, begrüßt die von der Bundesregierung geplante Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes. „Es ist erst einmal gut, dass es weiter eine Möglichkeit für junge Leute geben soll, sich sozial zu engagieren”, sagte Kessmann zu DerWesten. Zu loben sei auch der Ansatz, dass der Bundesfreiwilligendienst nicht in Konkurrenz zu bestehenden Freiwilligendiensten treten soll.

Die Caritas geht davon aus, dass sich in dem neuen Dienst weniger junge Menschen engagieren werden als heute im Zivildienst. „Das ist natürlich ein Problem. Aber dadurch ist die soziale Landschaft in NRW nicht gefährdet. Keiner unserer Dienste wird grundsätzlich in Frage gestellt”, versichert Kessmann, der auch Vizepräsident des Deutschen Caritasverbandes ist.

35.000 Freiwillige sollen geworben werden

Einzelne Angebote stünden aber auf der Kippe. „Wir bieten zum Beispiel in Münster Beschäftigten in Behindertenwerkstätten im Sommer zwei Wochen gemeinsamen Urlaub in Begleitung von Zivildienstleistenden an. Vielleicht wird es diese Urlaube bald nicht mehr geben, denn dafür bräuchten wir genügend Freiwillige.”

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) will für den neuen „Bundesfreiwilligendienst“, der den wegfallenden Zivildienst ersetzen soll, auch Frauen und Senioren gewinnen. Nach der geplanten Aussetzung der Wehrpflicht soll der neue Dienst ab dem 1. Juni 2011 allen nicht mehr schulpflichtigen Männern und Frauen offenstehen. Bestehende Dienste der Länder wie das Freiwillige Soziale Jahr würden parallel weiterexistieren und „quantitativ und qualitativ“ gestärkt werden. Darauf habe man sich innerhalb der Koalition, mit den Ländern und den Trägern geeinigt, sagte Schröder in Berlin.

Man sei dankbar, dass man nicht alles neu erfinden müsse, betonte Schröder. Mit der Ausweitung der bisherigen von Zivildienstleistenden besetzten Plätze um Einsatzbereiche wie Sport, Integration, Kultur oder Bildung sollen jährlich 35.000 Freiwillige für den zusätzlichen Bundesdienst gewonnen werden. Um ein Verdrängen des ehrenamtlichen Engagements vieler Menschen zu vermeiden, soll die Arbeitszeit für alle ab 27-Jährigen nicht weniger als 20 Wochenstunden betragen. Die unter 27-Jährigen sollen in Vollzeit beschäftigt werden. Es soll zudem möglich sein, Hochschulwartesemester zu überbrücken, den Hauptschulabschluss nachzuholen oder Pflichtpraktika für ein späteres Studium zu absolvieren, sagte Schröder.

Der „Bundesfreiwilligendienst“ kostet den Bund laut Familienministerium jährlich 300 Millionen Euro. Der neue Dienst soll den Angaben zufolge in der Regel zwölf Monaten dauern. Er könne aber in Ausnahmefällen auf bis zu 24 Monate verlängert werden. Die Förderpauschalen für die Jugendfreiwilligendienste sollen auf monatlich 200 Euro angehoben werden. Die Zuständigkeit für den neuen „Bundesfreiwilligendienst“ soll weiterhin beim Bundesamt für den Zivildienst liegen, das jedoch in „Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben“ umbenannt werden soll und entschlackt werden soll.

Mit Einigung auf Gleichbehandlung auch FDP einverstanden

Die Freiwilligen würden laut Schröder nicht bemerken, in welcher Rechtsform sie sich befänden. Die Regelungen wurden an die bestehenden Freiwilligendienste der Länder angepasst. Hier sei ein Taschengeld von bis zu sechs Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung vorgesehen. Der Ministerin zufolge beläuft sich die Obergrenze im Westen somit auf 324 Euro im Monat und 273 Euro im Osten. Mit Anspruch auf Verpflegungsgeld, Kleidungsgeld und Unterkunftszuschuss stünde einem Freiwilligen im Schnitt etwa 550 Euro monatlich zur Verfügung.

Der Koalitionspartner zeigte sich am Donnerstag mit der jetzigen Vereinbarung zufrieden: „Mit dem vorliegenden Konzept ist es gelungen, die bestehenden Jugendfreiwilligendienste auszubauen und finanziell zu stäken“, sagte die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Miriam Gruß. Zuvor waren die Pläne der Ministerin bei den Liberalen auf scharfe Kritik gestoßen: Der Zivildienstexperte der Fraktion, Florian Bernschneider, hatte in der vergangenen Woche gesagt: „Die FDP wird keiner Regelung zustimmen, die künftig ein Zwei-Klassen-System bei den Freiwilligendiensten schafft.“ Für die Partei habe der Ausbau der bestehenden Angebote wie des Freiwilligen Sozialen Jahres und des Freiwilligen Ökologischen Jahres „eindeutig Priorität“. (mit rtr)