Oberhausen. "Sensationell", die Besucher brauchten oft nur ein einziges Wort, um zu beschreiben, wie es ihnen im Oberhausener Gasometer unter der riesigen Mondnachbildung während der 9. Langen Nacht der Industriekultur gefiel. Rund 150.000 Besucher kamen am Samstag zur Extraschicht ins Ruhrgebiet.
Besonders, wenn Finn Martin zu Saxophon oder Flöte griff oder einfach einen monotonen Singsang ins Mikrofon hauchte. Esoterisch, geheimnisvoll, geradezu mystisch verstärkten die Klänge des Jazzmusikers das Ambiente in der dunklen Manege unter dem Mond.
Ziel: Neue Besucher anlocken
Die Seele, sie hätte einfach baumeln können. Wären da nicht diese vielen Menschen gewesen, die wie Ameisen die Stufen rauf und runter wuselten. Aber genau das ist ja andererseits das Ziel der Extraschicht – möglichst viele Menschen zu erreichen. Am besten solche, die vorher noch nie an den Veranstaltungsorten gewesen sind.
Führungen durch die „Sternstunden“-Ausstellung, musikalische Untermalung, eine „Sternwanderung“ mit dem Astronomen Hermann-Michael Hahn, Liftfahrten zur Aussichtsplattform – die Veranstalter hatten allerhand aufgefahren, um neue Besucher anzulocken.
Abstecher ins industriekulturelle Nachtleben
Bei Oliver Vogelbusch („cool“) hat es geklappt: „Ich war vorher noch nie im Gasometer“, sagte der 24-jährige Essener, der mit seinen Hattinger Freunden Christoph und Christine Ulrich einen Abstecher ins industriekulturelle Nachtleben machte.
Angetan hatte es den Dreien vor allem der Erdtrabant. „Der Mond ist schon unheimlich beeindruckend, weil er so originalgetreu dargestellt ist und einen guten Einblick ermöglicht, wie es da oben aussieht“, schwärmte Christoph Ulrich.
Ausgesucht hatten sich die Freunde den Gasometer für ihren Ausflug aber auch, weil das Gebäude so hoch ist und die Dachplattform einen tollen Ausblick über das Ruhrgebiet versprach. „Wegen des Feuerwerks im Landschaftspark“, erklärte Christine Ulrich.
"Ich bin vorher 1000 Mal dran vorbei gefahren"
Auch für David Gläser („sensationell“) und Kathrin Hennig war es der Premierenbesuch im Gasometer. „Wir wohnen jetzt schon so lange in der Nähe, aber wir waren noch nie hier.“ Bei der Extraschicht packten der Grefrather und seine Freundin Kathrin Hennig endlich die Gelegenheit beim Schopfe. „Wir waren schon im Landschaftspark Duisburg-Nord“, erzählt der 33-Jährige. „Da bin ich vorher 1000 Mal mit dem Auto dran vorbei gefahren.“
Alles, was sie sich vorgenommen hatten, schafften die beiden allerdings nicht. Das Programm der Extraschicht wollen sie sich aber aufbewahren, um in nächster Zeit die Punkte „abarbeiten“ zu können. „Man unterschätzt, was die nähere Umgebung zu bieten hat“, findet David Gläser.
Extra aus Hannover angereist
Für Edelgard und Hellmut Pulwer („phänomenal“) war es alles andere als die nähere Umgebung. Das Ehepaar war aus Hannover angereist. „Extra wegen der Extraschicht“, sagte Hellmut Pulwer. Seine Tochter Gundis lebt in Gelsenkirchen und hatte ihrem astrophysik-begeisterten Vater die Karte zum 65. Geburtstag geschenkt.
Während Gundis den Trommlern von „Beats and Noises“ zuhörte, die sich mit dem Jazzmusiker Finn Martin abwechselten, schaute sich Hellmut Pulwer lieber in der Ausstellung „Sternstunden“ um: „Die vergangenen Weltbilder aus dem Mittelalter… das ist schon faszinierend.“ Ein paar Stunden würden gar nicht ausreichen, um alles zu erkunden. Auf jeden Fall seien die Erlebnisse bei der Extraschicht für ihn „ein Anlass, um im nächsten Jahr zur Kulturhauptstadt 2010 noch mal hierher zu kommen“.