Gelsenkirchen. Trotz des Unwetters kamen viele Zuschauer zur Nacht der Industriekultur. Ein vielfältiges Programm wurde geboten.

Samstagabend, kurz nach halb zehn. Seit etwa einer halben Stunde ist es wieder trocken. Auf dem Consolgelände trauen sich die Musiker und DJs, die zur Tango-Nacht auf dem roten Platz zwischen Theater und Probenzentrum aufspielen sollen, langsam wieder ins Freie. Unverdrossene Kulturfans bevölkern die Bänke und Tische rund um das mit roten Kerzen abgesteckte Karree, wo eigentlich die Tango-Schnupperkurse stattfinden sollten, die aufgrund der Witterung spontan in die Kellerbar des Consol Theaters umgezogen sind.

Zwei Etagen höher, auf der Bühne, wechseln sich im Halbstundenrhythmus die Ballettschule Swoboda, das Ensemble Zukunftsmusik, Schauspieler Markus Kiefer und der Consol Chor ab. Ein paar Meter weiter musiziert ein Spielmannszug vor dem südlichen Maschinenhaus, lässt ein Feuerkünstler seine Fackeln im Dämmerlicht kreisen. Industriehistorische Führungen bedienen die Neugier wissbegieriger Besucher.

Szenenwechsel: am Nordsternpark wird man, kaum dem Auto entstiegen, von lautstarker Musik empfangen. Der DJ beschwert sich, dass aufgrund des Regens die Bässe der großen Lautsprecherboxen „durch” seien, aber der Sound reicht immer noch. Auf dem Nordsternplatz herrscht eine große Party: Hier legen die „Extraschichtler” auf ihrem nächtlichen Weg von Station zu Station gerne eine Pause ein, nehmen die gastronomischen Angebote von „Heiner's Bistro” in Anspruch und lassen sich von eienr spektakulären Lichtshow verzaubern.

Erschöpft aber beeindruckt

Zu dramatischen Klassik-Rock-Klängen wird das THS-Gebäude in den verschiedensten Farben angestrahlt, Scheinwerfer zucken über den Nachthimmel. Dann, auf dem Höhepunkt der Performance, schießen vom Dach des Turms Feuerwerkskörper meterweit in die Höhe - genau dort, wo 2010 ein neuer Glaskubus aufgesetzt werden soll.

Nach diesem beeindruckenden Schauspiel geht es kurz ins THS-Foyer, wo sich zahlreiche Literaturfreunde die Poetry Slams nicht entgehen lassen wollen. Dann machen wir uns auf den Weg durch die nächtlich dunklen Parkanlagen, geleitet von einer blauen Lichterkette am Wegesrand, vorbei am Besucherbergwerk zum Amphitheater.

Dort gestalten verschiedene Chöre und Musikensembles den Abend. Gerade besingt der „Chorale Feminale” Georg Kreislers altes, böses Chanson von „Gelsenkirchen”. Lang dauert es nicht mehr bis zum großen Finale um Mitternacht, als zusätzlich die Antonius Gospel Singers, der MGV Eufonia 1984, der Shantychor der Marinekameradschaft Bocholt und die Blechbläsergruppe „Back to Brass” die Bühne am Wasser erklimmen.

Auf dem Rückweg durch den finsteren Nordsternpark, begleitet von zahlreichen anderen Nachtschwärmern, etwas erschöpft, aber beeindruckt von soviel Programm und Spektakel, hat man es dann immer noch im Ohr, Kreislers Lied: „Das gibt es nur bei uns in Gelsenkirchen. . .”