Oberhausen. Sebastian Schwenk macht sich seit einem Jahr als „Booker“ im Ebertbad Oberhausen unentbehrlich - und verspricht große Namen fürs Jahr 2024.
- Das Ebertbad Oberhausen ist bekannt für Comedy und Kleinkunst
- Das Haus am Ebertbad holt aber immer öfter auch echte Stars aus Rock und Jazz nach Oberhausen
- Er holt die Stars in die Stadt: Sebastian Schwenk, der Booker des Ebertbades
„Backstage“, also hinter den Kulissen, hat das Ebertbad ebenso viel Flair, wie rund um das seit Jahrzehnten als Fläche für 400 Stühle „überdachte“ Becken: Die Gästinnen und Gäste blicken auf Wände voller liebevoll gerahmter Promi-Fotos, haben es bequem auf Leder-Fauteuils oder können an einem großen Tisch gemeinsam tafeln. Wer dagegen weiß, wie trist zumeist die Katakomben der so überaus zweckdienlichen Mehrzweckhallen eingerichtet sind, erkennt sofort: Im Ebertbad dürfen sich Künstler willkommen fühlen.
„Es war schön hier in Oberhausen“, so hörte es Sebastian Schwenk bereits von den großen Jazz-Gitarristen John Scofield und Mike Stern, und ergänzt: „Das werden sie auch ihren Kollegen weitererzählen.“ Schließlich hat der 41-jährige Duisburger, seit September vorigen Jahres vom neuen „Bademeister“ Tobias Voss als „Booker“ engagiert, hier Großes vor. So soll das für seine Kabarett-Prominenz bestens bekannte Haus im gerade begonnenen Jahr 2024 wöchentlich Konzerte von Rang anbieten: Und damit meint Schwenk sowohl Jazz-Virtuosen als auch Pop- und Indie-Bands für ein jüngeres Publikum. Mutig nimmt der erfahrene Konzertveranstalter, dem das Ebertbad jetzt erstmals im Berufsleben eine Festanstellung bietet, Maß an der Metropole: an der „Konzerthauptstadt Köln“.
Als Kundschafter auf der Suche nach vielversprechenden Talenten war er immer wieder in Nordrhein-Westfalens einziger Millionenstadt unterwegs, „in Läden mit dürftigem Sound, wo man nichts sieht, weil die Bühne viel zu niedrig ist“. Vor den vermeintlichen „Marken“-Clubs, meint Schwenk, müsse sich das Ebertbad überhaupt nicht verstecken. Im Gegenteil: „Hier stimmen die professionellen Strukturen“, sagt der Newcomer in Oberhausen. „Alle identifizieren sich mit dem Haus, das spornt an.“
Der Duisburger weiß das einzuschätzen, denn er hat als „Booker“ reiche Erfahrung und beste Referenzen. Der studierte Kulturwirt organisierte schon erste Auftritte für den Asta-Keller seiner Uni und tummelte sich dann in der Duisburger Szene: zunächst im „Steinbruch“, seit 2011 auch im „Grammatikoff“, lange Jahre für die Nachbarstadt quasi das Pendant des Ebertbades. Bereits 2013 fanden der Nicht-Musiker Schwenk und der umtriebige Jazz-Kontrabassist Tim Isfort zueinander. Zunächst gestalteten beide das „Platzhirsch“-Festival, seit Ende 2016 auch das berühmte Moers Festival. Acht Auflagen des jährlichen Großereignisses für improvisierte Musik jedweder Couleur erlebte Schwenk, „inklusive zweier völlig verrückter Corona-Editionen“. Das 2022er Konzert von John Scofield im Moerser Schlosspark ebnete denn auch den Weg für „Scos“ gefeiertes Solo im Ebertbad.
„Vor Moers hatte ich keine Ahnung von Jazz“, sagt der eloquente Kulturwirt unumwunden. Tim Isfort, der weltmusikalisch orientierte Jazzer, habe ihn eben „als aufgeräumten Organisator“ geschätzt: stressfest und flexibel. Nach wie vor betreibt Schwenk, neben seiner Oberhausener Dreiviertelstelle, noch eine eigene Agentur namens „Monochromat Booking“.
Als Konzertort, weiß der Booker, sei das Ebertbad noch nicht allzu bekannt. Daran gelte es zu arbeiten - und parallel daran, auch jüngeres Publikum in die klangschöne Badeanstalt aus Kaisers Zeiten zu holen: „Das ist absolutes Neuland.“ Dass sich Top-Musiker bei ihren Tourneeplänen in NRW vorrangig an der Medienmetropole Köln orientieren, müsse keine eherne Regel sein. „Die Schere zum Ruhrgebiet“ erklärt sich Schwenk allein „kulturell“: Schließlich gebe es auch im Revier ein Publikum, das hochrangige Konzerte zu schätzen wisse - und bereit sowie in der Lage sei, die entsprechenden Preise zu bezahlen.
Steigende Ticketpreise, aber kein „Dynamic pricing“
„Die Ticketpreise gehen nach oben“; der Booker macht da keine Umschweife: Angesichts der Kostenentwicklung sei das richtig so. War bisher mit 35 Euro plus Gebühren eine Obergrenze erreicht, werde das Ebertbad für große Namen auch 55 Euro nehmen, damit die Rechnung aufgeht. „Dynamic pricing“ allerdings, also das an der Nachfrage orientierte Hochsteigern der Kartenpreise, wie es bei Arena-Stars bereits vereinzelt vorkommt, will sich Schwenk für seine Klientel nicht vorstellen.
Die Palette der klangvollen Namen reicht dabei vom knalligen Jazzrock der Marke „Kraan“ bis zur Neoklassik - und bis zur vereinzelten Zusammenarbeit mit dem Künstlerförderverein. Die sphärische Musik von Martin Kohlstedt füllte erst jüngst die 400 Plätze im Haus. „Ich hätte auch gerne Brad Mehldau hier“, verrät Schwenk. Doch der Klavier-Superstar, der sich aktuell mit „Your Mother Should Know“ vor der Musik der Beatles verneigt, sei „leider noch nicht finanzierbar“.
Booker leistet Aufbauarbeit - auch in den sozialen Medien
Beim nicht weniger prominenten Rufus Wainwright, einem Star etlicher Genres von großer Oper bis zum schwelgerischen Neo-Chanson, ist der Booker dagegen guter Dinge: „Das klappt hoffentlich bald.“ Das inzwischen 50-jährige „Wunderkind“ aus Rhinebeck, New York, ließe sich womöglich im Anschluss an sommerliche Festival-Auftritte engagieren. Andere Prominenz lässt sich für einen „blauen“ Montag buchen - anstelle der härter umkämpften Wochenend-Termine. „Das ist die Aufbau-Arbeit“, sagt Sebastian Schwenk.
Aufbau-Arbeit leistet er übrigens auch in Sachen Marketing: In den sozialen Medien habe das Ebertbad an Präsenz noch aufzuholen. Auch hier engagiert sich der vierfache Familienvater, der die Strecke durch den Duisburger Stadtwald zu seinem neuen Arbeitsplatz am liebsten per Fahrrad absolviert. Und natürlich will er möglichst alle von ihm gebuchten Konzerte auch selbst betreuen. „Mein Gefühl schärfen“, nennt es der Neue in der Ebertbad-Crew, deren „Herzlichkeit und Leidenschaft“ er so schätzt.