Essen. Mit seinem neuen Album kehrt Rufus Wainwright zur Popmusik zurück. Im Interview spricht er über seinen Ehemann – und seine neunjährige Tochter.
Nach diversen kreativen Ausflügen kehrt Rufus Wainwright mit seinem Album „Unfollow The Rules“ wieder zum Kerngeschäft zurück und brilliert mit barocken, in Harmonien schwelgenden und inhaltlich nicht selten augenzwinkernden neuen Songs. Steffen Rüth traf den 46-jährigen Musiker, der mit seinem Ehemann, Kunsthändler Jörn Weisbrodt, sowie der neunjährigen Tochter Viva im hippen Laurel Canyon im Norden Hollywoods lebt, wenige Tage vor der Eskalation der Coronakrise in Berlin.
Sie haben Jahre lang kein Pop-Album mehr gemacht. Weshalb jetzt?
Wainwright: Ich fing an, die Popwelt zu vermissen. Ich führe ein sehr vielfältiges, schillerndes Künstlerleben, habe in den vergangenen Jahren unter anderem Sonette von Shakespeare vertont und die Oper „Hadrian“ geschrieben. Doch jetzt hatte ich Lust, dorthin zurückzukehren, wo alles für mich angefangen hat.
Wie hat sich die Popwelt während Ihrer Abwesenheit verändert?
Bin ich zu optimistisch, wenn ich denke, dass sie mir ein Stück entgegengekommen ist? Taylor Swift, Justin Bieber, Drake – das war für mich ein anderer, zu greller und zu süßer, Planet. Aber der Pop scheint neuerdings die Außenseiter zu feiern. Lizzo etwa oder Billie Eilish.
Im Song „This One’s For The Ladies“ erzählen Sie, wie eine Horde wildgewordener Fans Ihnen nachstellt. Ist das die Realität oder ein Wunschtraum?
Nein, das ist wirklich geschehen. Mit sehr loyalen und intensiven Fans, die vielleicht ein bisschen zu leidenschaftlich sind, habe ich so meine Erfahrungen gemacht. Das muss mit den Hormonen zusammenhängen. Frauen über 50 genießen ihre Freiheiten wirklich sehr gründlich.
Wie ist das bei den Männern?
Wir haben unsere krasse Phase in unseren Zwanzigern und Dreißigern. Danach werden wir ruhiger. Ich bin 46, ich weiß, wovon ich rede. Ich bin angekommen, sowohl in meinem künstlerischen Leben, als auch in meiner Familie. Ich bin seit acht Jahren verheiratet, sogar schon seit fünfzehn Jahren mit Jörn zusammen, wir sind Eltern einer Neunjährigen, deren Sorgerecht wir uns mit ihrer Mutter, Lorca Cohen, teilen.
Ist es wahr, dass die Devise „Unfollow The Rules“, also „Unbefolge die Regeln“ von Ihrer Tochter stammt?
Ja. Sie meint, ich würde sie dazu ermuntern, die Regeln außen vor zu lassen, und sie hat Recht.
Die neuen Songs wie „Only The People We Love“ haben einen sehr hoffnungsvollen Grundton.
Auf einer persönlichen Ebene bin ich überrascht und positiv geschockt, dass ich schon seit fünfzehn Jahren mit meinem Mann glücklich bin. In der Pubertät war ich überzeugt, dass ich einmal an Aids sterben müsste. Ich hätte nie geglaubt, dass ich einmal ein Kind haben würde oder verheiratet bin. Die Homosexuellen-Ehe war illegal damals. Jetzt habe ich eine Tochter, einen Mann, bin gesund. Wenn ich auf 5000 Jahre Zivilisation zurückblicke, dann leben wir doch jetzt in der besten Zeit, die wir Menschen je gesehen haben.-
Sie sagen, daheim in Los Angeles herrschen deutschen Hausregeln. Was hat man sich da vorzustellen?
Die Küche ist nie dreckig und der Staubsauger im Dauereinsatz. Jörn faltet auch sehr gern Dinge zusammen. Gerade mit Kind ist das ein Segen. Ich selbst bin dagegen ein absolut unordentlicher Chaot, fast schon ein Messie.
Wer kocht?
Wir wechseln uns ab. Bei Jörn gibt es fast immer gute deutsche und österreichische Hausmannskost. Sein Wiener Schnitzel ist perfekt.