Essen. Früher zogen hier Schwimmer ihre Bahnen, heute gibt’s Kabarett und Kraftsport, Bier und Bücher – womit Badeanstalten von einst heute locken.
Wer in diese Bäder geht, kann die Badehose getrost zu Hause lassen. Denn nass wird dort keiner mehr. Das heißt aber nicht, dass man in den Schwimmbecken keinen Spaß mehr hat. Im Gegenteil. Die neuen Besitzer lassen den Charme der alten Badeanstalten auf ihre Besucher wirken, während die an den Geräten schwitzen, über einen Kabarettisten lachen oder einfach ein Glas Bier trinken. Dabei kann man ja auch gut abtauchen.
Kabarett statt Kraulsport – eine bekannte Bühne für die Kleinkunst
Beim Bahnen-Ziehen bekommt man ja bekanntlich den Kopf frei. Aber bis sich solch eine Vision entspinnt, braucht es schon etwas: Das Bad wird zur Bühne, zu einer der schönsten Kleinkunstbühnen, die das Ruhrgebiet zu bieten hat. Aus der Vision ist Wirklichkeit geworden. Der Name: Ebertbad in Oberhausen.
Das Bad hat eine sehr lange Geschichte. Es war eines der ersten Bäder für das gemeine Volk im deutschen Kaiserreich, das 1894/95 erbaut wurde und damals „Reichsbadeanstalt am Neumarkt“ hieß. An die Anfänge erinnern die Fliesen im Eingangsbereich oder die verschnörkelten Geländer.
Eine Brandbombe zerstörte die hübsche Hülle im Zweiten Weltkrieg, doch das Bad konnte später als „Stadtbad am Ebertplatz“ wiedereröffnet werden. 1983 schwammen die letzten Besucher im Becken, es war renovierungsbedürftig und für den Schwimmsport zu klein. Der Architekt Werner Ruhnau baute das Bad zu einem Veranstaltungsort um, auf dem Kabarettgrößen wie Fritz Eckenga und Gerburg Jahnke zu Hause sind.
Wer trotzdem lieber Bahnen zieht: Theoretisch ließe sich das Becken wieder fluten. Es ist lediglich mit Holzpaneelen abgedeckt.
Mehr Info unter ebertbad.de
Binnenschiff statt Badespaß – ein Museum unter vollen Segeln
Wo einst die Menschen ausgiebig badeten – wer hatte schließlich 1910 schon eine eigene Dusche – hat heute ein Schiff die Segel gesetzt: Im „Museum der Deutschen Binnenschifffahrt“ in Duisburg-Ruhrort. Im Becken nebenan liegt ein nachgebauter Frachtkahn vor Anker: „Hermann“. Mit diesem Namen wäre man damals in diesem Teil des Bades allerdings der Tür verwiesen worden. Denn Männer und Frauen schwammen getrennt.
„Die Brausen dürfen nicht länger als drei Minuten benutzt werden“, verlangte die Schwimmordnung zur Eröffnung. Doch diese Sparsamkeit änderte auch nichts daran, dass die Ruhrorter Badeanstalt aus Kostengründen 1986 geschlossen wurde. Seit 1998 strömen die Menschen jedoch wieder ins Bad, allerdings ohne Handtuch: Da wurde es im Rahmen der Internationalen Bau-Ausstellung (IBA) in ein besonderes Museum umfunktioniert. Die hohen Decken erlaubten eben auch Schiffen, einen neuen Hafen zu finden – in der Nähe des Rheins und des größten Binnenhafens der Welt.
Apostelstraße 84; Di - So, 10 - 17 Uhr; 4,50 €, Kinder: 2 €; Am Donnerstag zahlt man so viel, wie man mag. Info: binnenschifffahrtsmuseum.de
Trinken statt tauchen – Ein Brauhaus für die Durstigen
Eine riesige Theke steht heute mitten im Schwimmbecken. Denn das, womit man nun sein Geld in der ehemaligen Badeanstalt „Kleine Flurstraße“ verdient, kommt nicht aus dem Wasser-, sondern aus dem Zapfhahn: Bier.
Das Wuppertaler Brauhaus öffnete 1997 in dem denkmalgeschützten Gebäude die Türen für alle Durstigen. Die kannten es zuvor als eines der ersten Volksbäder aus dem Jahre 1882. Es lag mitten in Barmen: Der heutige Teil von Wuppertal war damals noch eine selbstständige Stadt. Das Bad bestand zuletzt noch aus einer Schwimmhalle und einem kleineren Becken, dem so genannten Damenbad. Weil es sich nicht mehr finanzieren ließ, wurde es rund 110 Jahre nach Eröffnung geschlossen.
Wasser gibt es dort heute nur noch im Glas, gemischt mit Malz, Hopfen und Hefe. Dafür ist etwas erlaubt, vor dem viele Mütter und Väter bis heute ihre Kinder warnen: Nicht im Schwimmbad essen! Nun darf dort ordentlich geschlemmt werden – Brezel, Frikadelle oder auch Haxe.
Kleine Flurstraße 5, Di - Fr ab 14 Uhr; Sa, So und am Feiertag ab 12 Uhr;
Schmökern statt schwimmen – Aus dem Schrottbad würde eine Bücherei
Unter einem gläsernen Dach sollte in Essen ein Bad mit Wasserrutsche und Strandkörben die Besucher nur so strömen lassen. Doch sie kamen nicht. Für die anfangs von der Stadt so pompös geplante Badelandschaft „Holiday Beach“ fehlte dann doch das Geld. Man beließ es bei dem bescheidenen Namen „Gildehof-Bad“. Aber auch das schützte nicht vor dem Untergang. Kaum eröffnet, bröckelten schon die ersten Fliesen vom Beckenrand.
Heute ist unter dem gläsernen Kuppeldach des ehemaligen Schwimmbads in der Nähe des Hauptbahnhofs die Zentralbibliothek der Stadt untergebracht. Schmökern statt schwimmen. Allerdings ist das auch bald Geschichte: Die Bücherei wird umziehen. Ab 2025 hat sie ihre Adresse mitten in der Stadt am Markt 5. Geplant ist unter anderem eine Eltern-Kind-Bibliothek und ganz oben eine Terrasse für Veranstaltungen – mit einem gläsernen Dach.
Hollestr. 3; Mo: 15 - 19 Uhr, Di - Fr: 11 - 19 Uhr, Sa: 11 - 15 Uhr. Verlängerte Öffnungszeiten für Inhaber einer Servicekarte (stadtbibliothek-essen.de)
Pumpen statt planschen – Wie aus einem alten Bad ein modernes Fitnessstudio wurde
Schweißtreibend geht es in diesem ehemaligen Becken zu: Statt Poolnudel-Training machen die Besucher Trockenübungen an Fitnessgeräten. Das Neptunbad in Köln-Ehrenfeld ist seit mehr als 20 Jahren eine Adresse für Kraftsport-Begeisterte, die sich danach noch bei Sauna oder Massage schön entspannen möchte.
Dabei werden die ersten Besucher der 13 Meter hohen Jugendstilhalle wenig Lust an schweißtreibender Freizeitbeschäftigung verspürt haben. Denn der Kölner Vorort war 1912 industriell geprägt, viele Arbeiterfamilien lebten dort und hatten sich bereits die Woche über körperlich angestrengt. Ihnen ging es mehr darum, mal wieder richtig sauber zu werden.
Neptunplatz 1; Fitness: Mo bis Fr ab 7 Uhr (Sauna ab 9 Uhr) bis 24 Uhr; Sa, So ab 9 Uhr; Kinderbetreuung nach Anmeldung. Verschiedene Tarife, z.B.: Innerhalb der Woche vor 11 Uhr für 3 Stunden: 25,50 € ; Tageseintritt am Wochenende: 42,50 € (neptunbad.de)
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