Oberhausen. Die Linken in Oberhausen gehen mit populären Themen in den Wahlkampf. Sie wollen ein neues Freibad, günstige Wohnungen, gratis ÖPNV, mehr Natur.
Im Wahlkampf neigen Parteien dazu, vergangene Entscheidungen des politischen Gegners zu kritisieren und Ideen zu präsentieren, wie man es selbst in Zukunft besser machen möchte. Die Linken wagen bei der Präsentation ihres Wahlprogrammes für die Kommunalwahl am 13. September dennoch einen Blick zurück in die eigene Vergangenheit. Denn, so sagt es der Fraktionsvorsitzende Yusuf Karacelik, bei erstaunlich vielen Themen habe sich gezeigt, dass die Vorschläge der Linken durchaus Potenzial für Mehrheiten im Rat haben.
Der Weg der Oberhausener Gebäudemanagement GmbH zurück in den Schoß der Stadt ist auf den Weg gebracht. „Viele Parteien beanspruchen das als Erfolg für sich, aber wir waren nachweislich immer für eine Rekommunalisierung“, sagt Karacelik. Und dieser Weg müsse nun fortgeführt werden, auch andere städtische Töchter, seien es die Wirtschaftsbetriebe (WBO) oder sei es die Energieversorgung (EVO), sollten wieder in die Verwaltung integriert werden.
Neue Gesamtschule, neues Freibad
Ebenso habe man mit Erstaunen festgestellt, dass sich nun auch die Oberhausener SPD für eine neue Gesamtschule ausspricht. „Das fordern wir seit Jahren, aber uns wurde immer gesagt, die Schülerzahlen gäben das nicht her“, sagt David Driever. Jetzt stelle sich heraus: „Die Zahlen geben es eben doch her, die Bezirksregierung mahnt bereits Lösungen für Oberhausens steigende Schülerzahlen an.“ Zur Erinnerung: Die SPD hat jüngst bei einem Ortstermin die ehemalige Hauptschule St. Michael als neuen Gesamtschul-Standort ins Rennen geworfen, die Oberhausener CDU plädiert dagegen für eine neue Realschule mit Hauptschulzweig.
Drittes Beispiel einer jahrelangen Forderung der Linken: Oberhausen braucht ein weiteres Freibad mit auch für Familien erschwinglichen Eintrittspreisen. Längere Hitzeperioden werde es wegen des Klimawandels künftig vermehrt geben, sagt David Driever. Und im Corona-Jahr 2020 werde der Bedarf mehr als deutlich: „Vor den Freibädern gab es lange Warteschlangen.“ Die Oberhausener Jusos haben sich der Forderung mittlerweile angeschlossen, „hoffentlich können die Jungen die Alten überzeugen“, sagt Driever – in der Hoffnung auf Unterstützung aus der SPD insgesamt.
Weniger Autos, mehr Umweltschutz
In den Wahlkampf gehen die Oberhausener mit weiteren Themen: Oberhausen müsse sich bei der Inklusion behinderter Menschen mehr anstrengen, sagt Heike Hansen. Nicht nur in der Schule, auch in den Bereichen Wohnen und Arbeit. Der Autoverkehr muss aus Sicht der Linken reduziert werden, zu Gunsten der Radfahrer und Fußgänger. Ziel müsse ein gebührenfreier ÖPNV sein.
Mit 19 Jahren zählt Lion Rudi zu den jüngsten Ratskandidaten der Kommunalwahl, mit einem Platz 4 auf der Reserveliste hat er gute Chancen, künftig im Rat mitzuentscheiden. Als Teil der Bewegung Fridays for Future liegen ihm die umwelt- und klimapolitischen Themen am Herzen. Er fordert etwa, die städtischen Beteiligungen an Konzernen wie Steag und RWE zu beenden. Unnötige Versiegelungen freier Flächen gelte es zu verhindern – angefangen vom privaten Schottergarten bis zum großen Stahlwerksgelände gegenüber dem Centro.
Oberhausen braucht eine Schuldenlösung
Für mehr bezahlbaren Wohnraum in Oberhausen tritt Fraktionsvorsitzender Yusuf Karacelik ein. Wohnungen seien oft zu teuer „und wenn sie bezahlbar sind, handelt es sich um menschenunwürdige Schrottimmobilien.“ Seit Jahren fordern die Linken eine gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft, „und an dieser Forderung halten wir fest.“ Wichtige Lebensbereiche wie das Wohnen dürfe man nicht dem freien Markt überlassen. Die CDU in Oberhausen steht aus Sicht des Linken-Politikers für höherwertigen und dementsprechend höherpreisigen Wohnraum. „Wir möchten aber verhindern, dass Menschen drei Viertel ihres Verdienstes für die Miete ausgeben müssen.“
Attacken gegen Linken-Politiker
Anfeindungen gegen sie und ihre linke Politik „erleben wir regelmäßig, daran haben wir uns fast schon gewöhnt“, sagt Fraktionsvorsitzender Yusuf Karacelik. Doch vor dieser Wahl sei die Stimmung „so aggressiv wie nie zuvor“. Sogar einen persönlichen Angriff hat es schon gegeben: Der Kommunalpolitiker Jürgen Dittmeyer wurde beim Plakatieren attackiert und leicht verletzt. Der Staatsschutz ermittelt.
In ganzen Straßenzügen seien zudem die Plakate der Linken gezielt zerstört worden – während andere hängen blieben, berichtet Karacelik weiter. Pöbeleien lägen an der Tagesordnung. Auch Schmierereien, sogar mit Fäkalien, hätten zugenommen, ergänzt David Driever. „Um das gesellschaftliche Klima mache ich mir im Moment sehr große Sorgen.“
Als Oberbürgermeister-Kandidat der Linken geht Jens Carstensen ins Rennen. Er hat sich den bisherigen Wahlkampf der anderen Parteien angesehen. „Und ich frage mich, woher die das ganze Geld nehmen für die Versprechungen, die sie machen.“ Da fehle es den politischen Mitbewerbern an Lösungen. Aus seiner Sicht müssen gerade ärmere Kommunen stärker zusammenhalten und gemeinsam für mehr Unterstützung trommeln. „Reicher Bund, arme Kommunen – das geht nicht mehr lange gut.“ Städte müssten finanziell in der Lage sein, sich selbst zu verwalten. Die Coronakrise habe doch gezeigt, wie viel Geld ein Staat in die Hand nehmen kann. Mit einem ähnlich hohen Paket müssen Bund und Länder die Städte aus dem Schuldensumpf ziehen.