Oberhausen. Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) ist nun seit einem Jahr im Amt. Reaktionen und Beurteilungen der Ratsfraktionen.
Ein Jahr ist Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) bereits im Amt, da kann man eine kleine erste Bilanz ziehen. Wir fragten die Fraktionen, die nicht seiner Partei angehören, was sie von seiner Arbeit halten.
Hier die Stellungnahme der SPD:
Das Interview mit Oberbürgermeister Daniel Schranz anlässlich seiner Bilanz nach einem Jahr im Amt hat bei Oberhausens Sozialdemokraten Befremden ausgelöst. „Niemand erwartet von Oberbürgermeister Schranz Wunder. Was aber erwartet werden muss, ist ein ehrlicher Umgang miteinander. Dazu gehört, dass auch ein Oberbürgermeister über seinen Schatten springen und erklären muss, welche seiner zahlreichen Wahlversprechen nicht eingehalten werden und zum Teil gar nicht erfüllt werden können“, erklärt SPD-Fraktionschef Wolfgang Große Brömer.
Bei der Verlagerung des Rotlichtbezirkes aus der City plane man jetzt mittelfristig bis zu zehn Jahre und nehme im kommenden Jahr Gespräche auf, so Schranz im Interview. Hat sich das nicht im Kommunal- und Oberbürgermeisterwahlkampf ganz anders angehört? Und wohin soll denn verlagert werden?
Einen „horrenden Anstieg der Grundsteuern“, den er ändern wolle, hatte Daniel Schranz noch im Wahlkampf festgestellt. Aber jetzt bleibt alles beim Alten, weil „uns fast alle anderen vergleichbaren Städte schon überholt haben“: War das nicht bereits vor über einem Jahr der Fall?
Ähnlich verhält es sich mit dem Personalabbau im Rathaus: Hatte nicht bereits die Gemeindeaufsicht Herrn Schranz ins Stammbuch geschrieben, dass seine Forderung nach abzubauenden 300 Stellen völlig realitätsfern ist? Das hat ihn ja nicht abgeschreckt, diese scheinbar populäre Forderung im Wahlkampf permanent zu wiederholen.
Dass sich Daniel Schranz den Breitbandausbau mit schnellem Internet ans Revers heftet, sorgt bei den Sozialdemokraten für Kopfschütteln. „Bereits im Frühjahr 2015, noch unter der Regie von Oberbürgermeister Klaus Wehling in Zusammenarbeit mit Kämmerer Apostolos Tsalastras und dem Breitbandbeauftragten Klaus Lerch, sind die Verträge mit der Telekom unterzeichnet worden.“.
Ganz ähnlich verhält es sich beim Thema Müllgebühren: Die jetzt endlich bevorstehende Rückzahlung der durch die GMVA zu hoch in Rechnung gestellten Verbrennungsentgelte erfolgt einzig und allein auf der Grundlage der Begutachtung der Preisprüfstelle bei der Bezirksregierung – und diese Überprüfung ist auf Initiative von SPD und Grünen eingeleitet worden. „Oberbürgermeister Schranz erntet doch jetzt nur das, was andere vor ihm gesät haben.“
Hier die Stellungnahme der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Regina Wittmann:
„Wenn Daniel Schranz aus seiner Erfahrung als ehemaliger Fraktionsvorsitzender schöpft und nun als Oberbürgermeister routiniert durch Sitzungen leitet, bleibt auch nach einem Jahr die entscheidende Frage, was aus seinen inhaltlichen Vorstellungen von einem Wechsel geworden ist. Souverän hat er im letzten Jahr dazu beigetragen, die Aufnahme der vielen geflüchteten Menschen in Oberhausen zu bewältigen. Hier hat er Präsenz gezeigt und ist persönlich im Dialog mit den BürgerInnen für unsere Willkommenskultur eingetreten. Respekt!
Das Fehlen von Mehrheiten im Rat ist offensichtlich – nur in wenigen Abstimmungen war der Wunsch der Opposition, der Koalition eine Abstimmungsniederlage beizubringen, stärker als der inhaltliche Dissenz. Da lässt allerdings sein themen- und sachbezogener, inhaltlicher Austausch mit unserer Fraktion bzw. der Koalition auf sich warten.
Die schnelle Rückzahlung der Müllgebühren oder die Bordellverlagerung haben sich als Wahlkampfrhetorik statt seriöser Politik erwiesen. Statt des von ihm propagierten, noch viel weitergehenden Stellenabbaus in der Stadtverwaltung sind in den letzten Jahren noch nie so viele Stellen eingerichtet worden wie im letzten Jahr. Was er in der Opposition anprangerte, ist nun vergessen. Von einer Wende in Sachen Haushalt – vor einem Jahr für das Jahr 2017 angekündigt – ist weit und breit nichts zu sehen.
Die BürgerInnenbeteiligung – vor seiner Wahl auf den Weg gebracht – muss sich noch beweisen und von seinen inhaltlichen Ansätzen, die tatsächlichen oder vermeintlichen Defizite der OGM-Arbeit anzugehen, bleibt im Moment nur die gemeinsam beschlossene Beauftragung eines Gutachters. Nach wie vor zeichnet sich kein Gestaltungsvermögen für die Entwicklung der Stadt ab. Doch präsentiert der Oberbürgermeister gerne die Ergebnisse der Arbeit der Koalition der letzten Jahre, die nun Früchte trägt. Die Grünen ziehen daher ein gemischtes und kritisches Resümee.“
Hier die Stellungnahme des FDP-Gruppenvorsitzenden Hans-Otto Runkler:
Einen Wandel von Daniel Schranz in seinem Amt als Oberbürgermeister hat FDP-Ratsgruppenvorsitzender Hans-Otto Runkler festgestellt.
„Als Oppositionsführer hat Herr Schranz sehr polarisiert und viel kritisiert. Das ist in seiner Amtsführung nicht mehr zu spüren. Er nimmt es etwas selbstverständlich, dass die Ampelkoalition von SPD, Grünen und uns sich sehr konstruktiv verhält.“ Als sehr erfreulich bezeichnet Runkler die Atmosphäre im Rat: „Es gibt jetzt ein konstruktives Miteinander. Die Gesprächskultur hat sich deutlich verbessert. Die harten Frontstellungen gibt es heute nicht mehr. Argumente werden ausführlicher als früher ausgetauscht, der Oberbürgermeister hat sich im Wesentlichen auf die Ampelkoalition gestützt.“ Besonders positiv sei der Einsatz von Schranz für die menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen gewesen.
Nach Auffassung von Runkler könnte es allerdings sein, dass die Wähler von Schranz von seinen Ergebnissen nach einem Jahr Amtszeit enttäuscht sind. „Seine Wahlkampfversprechen können kaum eingelöst werden. Niemand rechnet doch ernsthaft damit, dass das Bordell verlagert werden kann – und man sich für dieses Ziel energisch einsetzt. Auch der geplante Personalabbau findet nicht wie von Schranz versprochen statt, sondern es werden wie schon zuvor weitere Stellen geschaffen. Das ist auch nicht so verwunderlich, weil die Entwicklung von außen dies verlangt.“
Hier die Stellungnahme des Bündnisses Oberhausener Bürger (BOB) im Rat:
Souverän und konstruktiv im Umgang mit Kritik, stets freundlich und aufmerksam – so nimmt die BOB-Fraktion Oberbürgermeister Daniel Schranz in seinem ersten Amtsjahr wahr: „Wir haben uns von dem neuen OB einen anderen Politikstil und Umgang mit politisch anders Denkenden in unserer Stadt erhofft. Daniel Schranz lässt viele gute Ansätze erkennen“, lobt BOB-Fraktionssprecher Werner Nowak.
In erster Linie begrüßt die Fraktion das offene Ohr des OB für die Anliegen von Bürgern, Initiativen und Minderheiten, sei es für die BI zum Autobahnkreuz Oberhausen oder für die Integration von Langzeitarbeitslosen. BOB-Ratsmitglied Peter Bruckhoff lobt die vom OB initiierten Informationsrunden zur Flüchtlingssituation, „die es vor der OB-Wahl so nicht gegeben hat“. BOB-Bürgermitglied Norbert Mellis hebt besonders den Besuch des OB im Beirat für Menschen mit Behinderung hervor.
Das wichtige Anliegen von BOB – die Bürgerbeteiligung – hat durch Schranz (etwa mit dem neuen Bürgerrat) Fortschritte gemacht. BOB hofft, dass die Umsetzung einer Bürgerbeteiligung ebenso konsequent angegangen wird. Einziger Kritikpunkt: Schranz Haltung zum Mawick-Mosaik. „Hier haben wir uns mehr Einsatz für den Erhalt der geschichtsträchtigen Kunst erhofft.“
Hier die Stellungnahme von Linken-Ratsfraktionschef Yusuf Karacelik:
„Im Vergleich zum vorherigen Oberbürgermeister machen wir die Erfahrung, dass Herr Schranz sich kooperativ zeigt und auch gegenüber kleineren Fraktionen nicht verschlossen ist. Es liegt auf der Hand, dass dies auch den Mehrheitsverhältnissen im Rat geschuldet ist, da er auf jede Stimme angewiesen ist.
Erwartungsgemäß hat sich an der rigiden Sparpolitik nichts geändert, da Herr Schranz sich mit seiner CDU-Fraktion der Sanierungspolitik unter dem Diktat des ,Stärkungspakts Stadtfinanzen’ mit seinen millionenschweren Kürzungen verschrieben hat.“
Hier die Stellungnahme von Andrea-Cora Walther, Bürgerliste:
Andrea-Cora Walther von der Bürgerliste meint zur Leistung von OB Schranz: „Er geht Konflikten nicht aus dem Weg, sondern versucht, durch frühzeitige Transparenz die politisch Verantwortlichen in die Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen.“ Nicht sichtbar bleibe aber, wie Schranz Einfluss auf Bund und Land nehme, um mehr Geld für Oberhausen zu generieren. Sein Versprechen, finanzielle Freiräume durch Personalabbau im Rathaus zu schaffen, habe sich bisher nicht realisieren lassen. Zudem sei keine Vision für Oberhausen erkennbar.