Mülheim. Auf eine Region im Umbruch blickt das Theater an der Ruhr mit seiner Theaterlandschaft Neues Arabien. Künstler aus Libanon und Tunesien sind am Raffelberg zu Gast und bringen ihren Blick auf eine Region im Umbruch auf die Bühne. entstanden ist ein politisches Theater, das nach modernen Formen sucht.
Der arabische Frühling pflanzte Samen für einen Neubeginn. Doch sind die Länder, deren Volk Freiheit und Demokratie forderte, meist noch nicht erblüht. Roberto Ciulli spricht von einem Kampf, der stattfinde, von einer Zivilgesellschaft, die von islamischen Fundamentalisten bedroht werde. Eine Frontlinie verläuft für ihn durch die Theater der Region.
Deshalb ist es ihm und seinem Theater an der Ruhr wichtig, „den Blick weiter auf diese Länder zu halten“. Die ab dem morgigen Donnerstag gezeigten Aufführungen der Theaterlandschaft Neues Arabien schauen vor allem auf Libanon und Tunesien.
Politisches Theater in modernen Formen
Dem „Blick der Künstler auf die gesellschaftliche Situation und die teils gravierenden Veränderungen“, bereitet man laut Dramaturg Sven Schlötcke eine Bühne. Ein „konsequenterweise sehr politisches Theater“ sei entstanden, das nach „sehr eigenen, modernen Formen“ suche und nicht das ästhetisch Erwartete biete.
Kontinuität ist Kern der Reihe, die zum dritten Mal das Neue Arabien thematisiert. So ist der libanesische Regisseur Issam Bou Khaled abermals am Raffelberg zu Gast – und das mit drei Aufführungen. „Eine schwarze Komödie“ nennt Issam Bou Khaled „Die Schwarze Schachtel“ (Uraufführung, 12.12., 20 Uhr).
Todesengel wirft Job hin
Die menschliche Fähigkeit, per Knopfdruck Millionen zu töten, bringt einen Todesengel dazu, seinen Job hinzuwerfen. Bei seinem letzten Auftrag trifft er auf im Kriegswüten vergewaltigte, ermordete, einbetonierte Frauen. „Page 7“ (14.12., 19.30 Uhr) hingegen nennt der Regisseur, der darin zum Schauspieler wird, „ein Spiel für zwei Akteure“.
Ausgangspunkt ist Becketts „Warten auf Godot“ und dessen Figuren Vladimir und Estragon. In der Inszenierung „Welt ohne Stimme“ (15.12., 19.30 Uhr) agieren Taubstumme. Dennoch, sagt Bou Kahled, wird es kein stilles Stück. Vielmehr werden sich die Schauspieler mit Lauten artikulieren, die auf Gefühlen basieren.
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Eine Frau, ein Bett: „Träume, Albträume und Erinnerungen“, sagt die libanesische Regisseurin Sawsan Bou Khaled, stehen bei „Alice“ (14.12., 17.30 Uhr) im Mittelpunkt. Unsichtbares werde so sichtbar und Imaginäres greifbar.
In einer fiktiven Situation aktiv zu werden
Dem passiven Publikum, der oberflächlichen Gesellschaft und der unterdrückten Schuld will die Tunesierin Meriam Bousselmi etwas entgegensetzen und stellt eine „Truth Box“ (13.12., 19 Uhr; 14.12., 16.30 Uhr; 15.12., 18 Uhr) auf. In diesem „Beichtstuhl“ trifft ein Zuschauer auf einen Schauspieler, der ihm Intimes beichtet und sich Absolution wünscht.
Meriam Bousselmi fordert ihr Publikum heraus, „in einer fiktiven Situation aktiv zu werden“ und sich dem zu stellen, was lieber verschwiegen wird. Im Anschluss findet stets ein Publikumsgespräch statt. Karten: 20 €, erm. 8 €.