Mülheim. Wie die Mülheimer Sozialagentur mitteilte, können immer mehr Erwerbstätige ihre Existenz nicht aus eigener Kraft sichern und sind auf staatliche Unterstützung angewiesen. Grund dafür sind laut Agentur Probleme in den Lohnstrukturen und in der Lohnsetzung auf dem Arbeitsmarkt.

Immer mehr Mülheimer können trotz Erwerbstätigkeit nicht ohne staatliche Hilfe ihren Lebensunterhalt bestreiten. Diesen Trend macht kurz vor der Bundestagswahl Mülheims Sozialagentur aus.

3440 Mülheimer sind nach aktuellen Zahlen der Agentur mittlerweile betroffen. Sie sind erwerbstätig, bringen damit aber nicht genug Geld nach Hause, um sich und ihre Familien ernähren zu können. Folglich haben sie Anspruch auf ergänzende finanzielle Leistungen der Grundsicherung. 3440 Mülheimer nehmen diese gesetzliche Zusicherung tatsächlich in Anspruch. Heißt andersherum: Mehr als jeder vierte erwerbsfähige Mülheimer, der auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen ist, geht einer Beschäftigung nach (26,8 %).

Job sichert nicht Existenz

Dabei stellt die Sozialagentur fest, dass unter den Leistungsempfängern zwar immer noch die meisten lediglich eine geringfügige Beschäftigung (bis zu 450 Euro steuerfrei) haben. Doch sei auffällig, dass immer mehr der so genannten Ergänzer auch regulären Jobs nachgingen, ihr Einkommen daraus trotzdem nicht auskömmlich sei.

So sei der Anteil derjenigen Leistungsempfänger, die trotz Einkommen von 450 bis 850 Euro auf zusätzliche Zahlungen aus der Grundsicherung angewiesen seien, von Januar 2011 bis April 2013 von 3,5 % auf 4,2 % angewachsen (gut 500 Personen). Auch der Anteil der Hilfeempfänger, die mit ihrer Erwerbstätigkeit mehr als 850 Euro verdienen, wächst – von 5,5 % (Januar 2011) auf 6,5 % (April 2013). Auch für diese gut 800 Mülheimer gilt: Allein ihr Job sichert deren Existenz nicht.

Probleme in den Lohnstrukturen und in der Lohnsetzung des Arbeitsmarkts

Die Sozialagentur stellt vor diesem Hintergrund fest, dass offensichtlich immer mehr Vollzeitjobs kein auskömmliches Einkommen bringen. „Das deutet vor allem auf Probleme in den Lohnstrukturen und in der Lohnsetzung auf dem Arbeitsmarkt hin“, so die mit Blick auf die Mindestlohndebatte bemerkenswert politische Feststellung der Agentur. Die Probleme im Bereich der geringer qualifizierten Tätigkeiten seien offenkundig.

Zunehmend sei mit gering entlohnten Tätigkeiten das Existenzsicherungsniveau aus eigener Kraft nicht mehr zu erreichen.

Für Bezieher von Arbeitslosengeld I macht Mülheims Hartz-IV-Behörde einen ähnlichen Trend aus. Auch hier reichten die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zunehmend nicht mehr aus, um das staatlich garantierte Existenzminimum zu erreichen. Im April 2013, aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor, mussten 262 Empfänger von Arbeitslosengeld I zusätzlich Leistungen der Grundsicherung in Anspruch nehmen.