Bund und Länder übertragen den Kommunen immer weitere Aufgaben. Damit soll Schluss sein, fordert Kämmerer Uwe Bonan. Allein an Unterkunftskosten zahlt Mülheim 32 Millionen Euro.
Jeder kleine Erfolg bei den Einsparungen im städtischen Haushalt, beklagt Kämmerer Uwe Bonan, werde sehr schnell wieder zunichte gemacht. Es sind die steigenden Sozialkosten, die Städte wie Mülheim erschlagen, eine Stadt, die ohnehin schon eine Schuldenlast von rund einer Milliarde Euro zu schultern hat. Bonan spricht angesichts der Soziallasten von einer „dynamischen wie dramatischen Entwicklung“. Das Aktionsbündnis der Städte „Raus aus den Schulden“, dessen Sprecherin OB Dagmar Mühlenfeld ist, fordert daher erneut Bund wie Land auf, gesamtgesellschaftliche Aufgaben nicht länger auf die Städte abzuwälzen.
„Wir fordern eine aufgabenangemessene, vom Grundgesetz garantierte Finanzausstattung der Städte“, betont Dagmar Mühlenfeld. Vier Beispiele führt der Kämmerer an, die den Druck steigender Soziallasten widerspiegeln: Der Anteil der Stadt Mülheim für die Unterbringung sozial schwacher Menschen (Hartz IV) beträgt inzwischen 32,2 Mio. Euro im Jahr. Ein Anstieg in den vergangenen sieben Jahren um 55 Prozent. Um 40 Prozent erhöhten sich die städtischen Kosten für die Hilfe zur Erziehung. Hier wendet Mülheim dafür 18 Mio. Euro im Jahr auf. „Das macht die Kommunen kaputt“, klagt Bonan.
Noch höher liegen die Aufwendungen für die Eingliederungshilfen behinderter Menschen. Darunter werden jene Maßnahmen verstanden, die Behinderten ein Leben in größtmöglicher Selbstständigkeit ermöglichen. Die Fallzahlen haben sich seit den 1960er Jahren verzehnfacht. Bund und Land haben mit dieser Fürsorge-Aufgabe die Städte nicht nur allein gelassen, wie Dagmar Mühlenfeld beklagt, sondern die Leistungen im Laufe der Jahre auch noch erhöht. Für die Stadt Mülheim verbergen sich dahinter jährliche Belastungen von etwa 24 Mio. Euro. „Wir fordern für die neue Legislaturperiode des Bundestages die unverzügliche Entlastung der Kommunen im Bereich der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen.“ Auch bei dieser Aufgabe handele es sich um eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, die auf eine gesamtgesellschaftlichen Finanzierung fußen müsse, so die OB.
Während die Stadt gegen die wachsenden Lasten kämpft, droht bereits der nächste Kostenschub: Die Inklusion, der gemeinsame Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern, soll ebenfalls von den Städten geschultert werden. Für die Stadt Essen hat ein Gutachter errechnet, könnte die Inklusion mit dem Umbau der Schulen in den nächsten Jahren rund 40 Mio. kosten. Bonan kann sich für Mülheim gut ein Drittel davon vorstellen. „Wir können uns das nicht gefallen lassen“, sagt er und bringt eine Klage gegen die Landesregierung ins Spiel.