Mülheim.

„Darf ich die mal streicheln?“ Unter den Schülerinnen der Klasse 5b vom Gymnasium Broich herrscht helle Aufregung. Im Bio-Unterricht nehmen sie gerade Waldtiere durch. Aber dass sie heute zwei echte Schleiereulen gemeinsam mit den Vogelkennern vom Nabu Ruhr in die Freiheit entlassen würden, hätten sie wohl nicht erwartet.

Begleitet werden sie von ihrem Lehrer Benedikt Wehr, der im Naturschutzbund Ruhr organisiert ist. „Es ist schon ein Unterschied, ob die Kinder solche Tiere nur aus dem Schulbuch kennen, oder sie in freier Wildbahn erleben“, so Wehr. Eine schulische Veranstaltung sei dies aber nicht, die Mädchen seien in ihrer Freizeit gekommen.

Zurück in das alte Jagdrevier

Nabu-Mitglieder hatten insgesamt drei Eulen als Jungtiere entkräftet unter einem Nistkasten in Mülheim gefunden und gaben sie in die Obhut von Karl-Heinz und Ute Dietz. Das Ehepaar betreibt eine Vogelpflegestation in Duisburg und hat die Tiere liebevoll aufgepäppelt. Nun werden zwei von ihnen im Naturschutzgebiet am Kocks Loch ausgewildert und kehren somit zurück in ihr altes Jagdrevier.

Nummer Drei bleibt vorerst noch in der Voliere und wird später an einem anderen Ort ausgesetzt – die Tiere sollen sich bei der Futtersuche nicht ins Gehege kommen.

"Das sind eindeutig drei Weiber"

„Das sind eindeutig drei Weiber“, ist sich Karl-Heinz Dietz ganz sicher. „Die schminken sich eben gern.“ Tatsächlich haben die Weibchen mehr Punkte über dem Schleier als die Euler und ein vergleichsweise dunkleres Gesicht. In Kisten bringen die Naturschützer die Tiere dann zu einer Scheune, wo es viele Unterschlupfmöglichkeiten gibt. Vorsichtig setzt Karl-Heinz Dietz den ersten Vogel Julia Prohl auf die Hand. „Die ist ja ganz flauschig“, sagt die Zehnjährige fasziniert. Angst hat sie nicht. „Ich mache mir mehr Sorgen, ihr versehentlich wehzutun, als selbst gebissen zu werden.“

Auch interessant

So recht kann das Tier mit der geballten Aufmerksamkeit offenbar nicht umgehen und zieht orientierungslos ein paar Kreise durch die Scheune. Die Schaulustigen müssen sich wegducken. Viel Stress am Morgen für ein eigentlich nachtaktives Tier. Die zweite Eule findet dagegen schnell den Weg ins Freie. „Alle drei müssten im vergangenen Jahr geschlüpft sein“, erklärt Dietz. „Eulen können bis zu 20 Jahre alt werden, also hoffen wir für unsere Mädels das Beste.“