Mülheim. Viele Tiere und Pflanzen in NRW sind gefährdet - auch auf dem Auberg. Das Spiegellaichkraut ist verschwunden, die Breitflügefledermaus bedroht. Doch es gibt auch Erfolge: Graureiher etwa sind nicht mehr gefährdet. Die Bemühungen gehen weiter.

Viele Tier- und Pflanzenarten in NRW sind gefährdet. Zu diesem Ergebnis kam Umweltminister Johannes Remmel bei der Vorstellung der „Roten Liste“. Wie sieht es in Mülheim aus?

Beim Regionalverband Ruhr (RVR), dem der Auberg gehört, macht sich Heinz-Hermann Verholte Sorgen um einen kleinen Vogel: „Ich war selbst erstaunt, dass der Fitislaubsänger schon auf der Vorwarnliste steht.“ Das sei ein häufig vorkommender Vogel gewesen. Der Bestand habe ähnlich stark abgenommen, wie beim gefährdeten Feldsperling. Verholte, beim RVR zuständig für Naturschutzgebiete, hofft, dass auch der stark gefährdete Gartenrotschwanz wieder angelockt wird: Wenn die Obstwiesen am Auberg in den Ur-Zustand zurückversetzt worden sind.

Auch die Feldlerche gehört zu den selten gewordenen Arten. Beim RVR hofft man, dass sie am Auberg wieder häufiger nistet, wenn Naturschutz-Maßnahmen greifen, mit denen man dort eine höhere Artenvielfalt bewirken will.

Landwirtschaftliche Nutzung verdrängt häufig spezielle Lebensräume

Die Wiesen auf dem Auberg sind nämlich etwas Besonderes: „Eine der größten zusammenhängenden Wie­senflächen, die wir im westlichen Ruhrgebiet haben,“ so Heinz-Hermann Verholte. Die Lerche braucht einerseits große, offene Flächen, muss aber in ihrem Nest am Boden ungestört von Hunden und Spaziergängern bleiben. Damit nennt Verholte auch den Grund, warum der Feldhase auf dem Auberg keine Chance hat: „Der würde viel zu oft aufgescheucht.“ Wenn die Wälder zu „aufgeräumt“ sind, findet auch der Kleinspecht keinen Lebensraum: Er baut seine Nisthöhlen in totem Holz.

Die Kuckuckslichtnelke, eine im Frühsommer rosa blühende Pflanze, sieht man am Auberg hingegen recht häufig. Längst steht sie auf der Vorwarnliste, genau wie die Braune Segge, ein Gras, das wohl nur Fachleute begeistert. Beide Pflanzen sind aber typisch für Feuchtwiesen, erklärt RVR-Mann Verholte. Die sind längst rar geworden. Man ent­wäs­sert lieber, um Ackerbau be­treiben zu können. „Durch die intensive landwirtschaftliche Nutzung verschwinden spezielle Lebensräume häufig, und mit ihnen auch die Arten.“ Ein winziger gelber Pilz aber zeigt den Naturschützern an, dass am Auberg die Wiesen noch nicht überdüngt sind: Die „Goldgelbe Wiesenkeule“ verschwände sonst völlig.

Graureiher nicht mehr gefährdet

Die Sumpfschafgarbe, die am Ruhrufer wächst, hat ein anderes Problem: Auf ihr wird zu oft herumgetrampelt, was sie auf die Vorwarnliste befördert hat. „Im Ballungsraum Ruhrgebiet ist die Gefährdung für die Arten einfach höher als anderswo in NRW“, erklärt NABU-Sprecher Randolph Krickel. Er kennt weitere Beispiele: „Das gefährdete Spiegellaichkraut wuchs 2004 noch nördlich der Mendener Brücke am Altarm der Ruhr.“ Inzwischen sei es verschwunden. Dafür gibt es in der Tierwelt kleine Erfolge. Nicht nur, dass der Eisvogel an der Ruhr nistet. Krickel erinnert auch an die Graureiherkolonie, die man vom „Georch“-Turm aus in der Nähe des Kirmesplatzes beobachten kann: 80 bis 100 Paare sollen dort nisten. „Für uns als Ballungsraum ist das eine tolle Sache.“ Nach der neuen Roten Liste sind Graureiher nicht mehr gefährdet.

Der Rohrdommel und dem Tüpfelsumpfhuhn ist es aber nicht so gut ergangen. „Das sind Arten, die es in Mülheim mal gab, und die seit langem verschwunden sind“, so Krickel. Das stark gefährdete Rebhuhn, ein typischer Feldvogel, hat sich auch in Mülheim rar gemacht. In Kocks Loch wurden vor ein, zwei Jahre noch Tiere gesehen: „Bei intensiv betriebener Landwirtschaft verschwinden solche Arten“, sagt Randolph Krickel. Aber in Mülheim sei die Landwirtschaft eben nur „kleinzellig“, es gebe wenige große Felder: „Ich bin guter Dinge, dass wir das Rebhuhn dauerhaft in Mülheim haben.“

Wanderfalke wieder da

Ein „toller Erfolg“ ist für Krickel die Ansiedlung der früher so stark bedrohten Wanderfalken an der Ruhr. Bekanntlich hat der Raubvogel die Nisthilfe an der Ruhrtalbrücke gut angenommen. „Der Nistkasten an der hohen Brücke ermöglicht es dem Wanderfalken überhaupt, zu brüten,“ so der NABU-Sprecher. Dass es nur ein, zwei Paare sind, mag Laien wenig vorkommen, für Biologen ist es viel. „Wanderfalken sind Topjäger“, erklärt Krickel. Sie stürzen sich aus der Luft von oben auf kleinere Vögel. Heißt: „Der Wanderfalke braucht ein großes Revier.“

Für die Jäger der Nacht hingegen sind in Ballungsgebieten die Lebensräume häufig zerstört. Die Zwergfledermaus und den Großen Abendsegler gibt es in der Stadt, weiß Krickel. Sie brauchen alte Bäume zum Leben, wie sie auch auf dem Altstadtfriedhof stehen.

Für Breitflügelfledermäuse hingegen sieht es nicht so gut aus. „Auf der alten Roten Liste war sie schon gefährdet, heute ist sie stark gefährdet.“ Weil sie dörfliche Strukturen brauchen, können diese fliegenden Säugetiere in dicht besiedelten Großstädten kaum überleben. Aber wenn man sehr viel Glück hat, kann man sie in Mülheim sehen: in der Saarner Aue im Bereich der Mendener Brücke, verrät Krickel.