Über zu wenig Zuhörer kann die katholische Akademie „Die Wolfsburg“ in Speldorf am Freitagabend wahrlich nicht klagen: Rund 270 Menschen kommen zum ersten Dialog zwischen dem Sozialethiker Gerhard Kruip von der Universität Mainz und Ruhrbischof Franz Josef Overbeck. Beide führen unter Leitung von Moderatorin Judith Wolf ein Streitgespräch um die Frage „Wie viel Beteiligung braucht die katholische Kirche?“. Und auch das Publikum kommt zu Wort, wenn auch weniger als es sich gewünscht hätte – was jedoch dem zeitlichen Rahmen der Veranstaltung geschuldet ist.
Mitsprache gefordert
Den Auftakt bestreiten die Zuhörer, unter ihnen finden sich kaum junge Menschen. Sie sprechen an, was ihnen beim Thema Beteiligung auf dem Herzen liegt. Es geht um Beteiligung bei der Wahl von Gremien, Pfarrern, gar dem Bischof selbst. Frauen in der Liturgie sind ein Thema. Einer kritisiert „Verwerfungen im Sozialwesen der Kirche“, ein anderer fordert mehr Einfluss des göttlich Weiblichen. Auf den Punkt bringt es ein Oberhausener, er sieht wenig Dialogbereitschaft, fordert eine stärkere seelsorgerische Tätigkeit. Bischof Overbeck spitzt die Ohren, schreibt gar auf einem Notizzettel mit.
Eigentlich sollen die Gläubigen Fragen stellen, die in die Diskussion einfließen sollen. Stattdessen geben sie Statements ab. Moderatorin Wolf schreitet ab und zu ein und bricht Monologe mit Verweis auf die Zeit ab. Darauf folgt der Dialog zwischen den beiden Referenten. „Durch die Fälle am Canisius-Kolleg ist ein System, eine Struktur sichtbar geworden in der Kirche, eine des Sich-Nicht-Kümmerns um Opfer, des Vertuschens“, erklärt Kruip den Grund für das Entstehen des Memorandums katholischer Theologieprofessoren. Während sein Gegenüber spricht, wippt Overbeck, faltet die Hände. Mit stoischer Ruhe erträgt er anscheinend die Ausführungen des Wissenschaftlers. Was geht in diesem Moment in ihm vor? Das würden wohl viele gerne wissen.
Overbeck verteidigt Ehe als Bund für die Ewigkeit
„Sind denn die Theologen nicht kreativer und origineller?“, fragt Overbeck. Er meint es nicht als Provokation, sondern spricht im Verlauf der Diskussion viel über die Auslöser für das Zweite Vatikanische Konzil 1962. Er verteidigt die Ehe als Bund für die Ewigkeit, ebenso wie den Zölibat. Seine Sprache orientiert sich weniger an den Laien. Er punktet jedoch damit, als er sagt, dass mehr Beteiligung der Gläubigen auch mehr Verantwortung bedeuten müsse.
Ganz halten beide sich nicht an das vorgegebene Thema. Auch die Zuhörer haben damit Schwierigkeiten. Die Zeit reicht nicht aus, am Ende müssen Fragen aus dem Publikum abgewürgt werden. Als Fazit bleibt das riesige Mitteilungsbedürfnis der Menschen. Daher hätte die Frage auch lauten können: „Wie viel Demokratie verträgt die Kirche, ohne darunter zu leiden?“
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