Mülheim.

Soll, muss, darf man die Vögel im Winter füttern? Grundsätzlich spreche nichts dagegen, weil es ja auch vielen Menschen Freude mache, meint die Biologin Inge Püschel. Die freiberuflich tätige Mülheimerin plädiert aber dafür, im Winter nicht zu füttern. Und erklärt, wie man den Vögeln auf natürliche Weise helfen kann.


Warum, meinen Sie, kann man auf Meisenknödel & Co. verzichten?

Inge Püschel: Die Tiere, die hier bei uns leben, kommen auch ohne Vogelhäuschen zurecht. Das besuchen nur die Amseln und die Körnerfresser. Und schwache Tiere, die sonst verendet wären, kommen so vielleicht trotzdem durch den Winter. Aber man hilft den wirklich seltenen Arten damit nicht.

Welche Vögel meinen Sie?

Püschel: Nehmen Sie die Schleiereule oder den Steinkauz, die sich ja von Mäusen ernähren. Bei einer geschlossenen Schneedecke in einem richtig harten Winter bekommen diese Arten große Probleme. Die Bestände können dann komplett zusammenbrechen. Das gilt auch für die Greifvögel, die am Tag jagen. Unerfahrene Jungtiere überstehen oft die harten Winter nicht.

Und diese Vögel füttert man ja eher nicht...

Püschel: Doch, das kommt auf dem Land schon mal vor, dass ein Bauer eine Wanne mit Stroh auslegt und dann Mäuse hineinsetzt, damit der „Hof-Steinkauz“ etwas zum Fressen findet...

Daran denkt man aber eher nicht, wenn man sich an einem gut besuchten Vogelhäuschen erfreut...

Püschel: Und es ist ja auch ein schönes Naturerlebnis für Kinder, für Familien. Das finde ich ja auch gerechtfertigt. Nur – der große Natur- und Tierschützer ist man absolut nicht, wenn man im Garten ein Vogelhäuschen aufstellt. Da gibt es ganz andere Möglichkeiten.

Welche denn?

Püschel: Im Garten mal fünf gerade sein lassen und nicht auch noch die Beete mit dem Laubsauger absaugen. Auch mal etwas Reisig und Laub liegen lassen – wenigstens in einer Ecke. Und mehr heimische Pflanzenarten im Garten wachsen lassen. Das ist viel besser, als Meisenknödel aufzuhängen. Wussten Sie, dass die Vogelbeere, die Eberesche, von 63 fruchtfressenden Vogelarten genutzt wird? Auch schwarzer Holunder ist gut für die heimische Vogelwelt, Weißdorn mag der Dompfaff besonders gern. Und Efeu sollte man nicht schneiden, bevor die Beeren von den Vögeln abgeerntet worden sind.

Nun hat ja nicht jeder einen Garten. Worauf muss ich denn beim Vogelhäuschen auf dem Balkon achten?

Püschel: Der Futterplatz muss unbedingt ganz sauber und trocken gehalten werden. Mindestens einmal täglich sollte man ihn reinigen. Wenn ein kranker Vogel auffällt, der zum Fressen kommt, dann sollte man nicht mehr weiterfüttern, damit sich die Krankheiten nicht verbreiten können. Denn bei einer Futterstelle wie einem Vogelhäuschen kommt es zu einer Zusammenballung von Tieren, die sich ja sonst nicht zusammen an einem Platz treffen würden. Das Vogelhäuschen muss außerdem katzensicher stehen und nicht zu nah an einem Fenster. Sonst brechen sich die Vögel möglicherweise beim Anflug das Genick.