Mülheim.

Nach langer, teils hitziger Debatte mit Kämmerer und Rechtsdezernent um eine mögliche Schadenersatzklage zu den millionenschweren Verlusten mit Zinswetten hat der Finanzausschuss am Montagabend Pflöcke eingeschlagen:

Erstens soll neben das Gutachten des Rechtsamtes eine externe Beurteilung der Klageaussichten eingeholt werden. Zweitens sollen strenge Richtlinien für das künftige Zins- und Schuldenmanagement der Stadt erarbeitet werden. Drittens: Bis dahin darf der Kämmerer nicht mal mehr neue Kredite in Fremdwährungen aufnehmen.

Ob der Intensität ihrer Debatte hatte die Ausschusssitzung Seltenheitswert. Schon zu Beginn schossen kleinere Giftpfeile durch das Plenum. Adressaten stets Kämmerer Uwe Bonan und Rechtsdezernent Dr. Frank Steinfort. Beide machten erst gar nicht den Versuch der Gegenoffensive.

Klage hat geringe Aussicht auf Erfolg

Der Reihe nach: Dass der Antrag der MBI, ohne ein weiteres Gutachten quasi ins Blaue hinein gegen wen auch immer Haftungsansprüche wegen der 6,1-Millionen-Pleite mit sogenannten Korridor-Swaps geltend zu machen, scheiterte, überraschte nicht. Denn bislang liegt nur die ausgearbeitete Meinung des Rechtsamtes vor. Die besagt: Eine Klage hat „geringe Aussicht“ auf Erfolg (Steinfort).

Die Anträge von CDU und Grünen aber gingen bei Gegenstimmen der MBI durch: Ein externer Gutachter soll noch einmal die Akten zur Millionen-Pleite studieren und beurteilen, ob eine Klage wegen mangelhafter Beratung der Banken (WestLB, Commerzbank) oder wegen grob fahrlässigen Handelns des Ex-Kämmerers Gerd Bultmann und/oder der Leitung des städtischen Finanzmanagements sinnvoll ist. Peter Beitz (FDP) unterstrich, dass die Fraktionen bei der Auswahl der Gutachter entscheidend mitreden sollten, „um auch den letzten Geschmack rauszunehmen, dass sich die Verwaltung ein weiteres Gutachten nach ihrem Geschmack beschafft“.

In der Diskussion wurde deutlich, dass einzelne Fraktionen bei der Akteneinsicht auf Sachverhalte in der Abwicklung der damaligen Geschäfte gestoßen sind, an denen sie sich mächtig reiben – und die – unwidersprochen – wohl auch dem Rechtsamt zuvor „nicht bekannt gemacht worden sind“.

Grundgeschäftserklärungen fehlten

So bemängelte CDU-Mann Eckart Capitain das Fehlen zwingend vorgeschriebener „Grundgeschäftserklärungen“, FDP-Ratsherr Beitz beklagte, dass nirgends in den Akten Risikoeinschätzungen seitens der handelnden Verwaltungsmitarbeiter aufzufinden gewesen seien.

Die Vorwürfe gegen die Verwaltung aber blieben im Nebel. Steinfort zeigte sich nicht gewillt, die Fragen, die die Akteneinsicht zweifelsohne aufgeworfen habe, in öffentlicher Sitzung zu behandeln. Die Sachverhalte seien zu kompliziert, als dass eine öffentliche Debatte darüber in der Zeitung noch zu kontrollieren sei. Im Übrigen änderten die Mängel nichts an der Rechtsauffassung seines Amtes. Der WAZ hat Steinfort die Einsicht in die Akten bislang verwehrt.

Die Skepsis gegenüber dem Finanzgebaren der Stadt ist in der Politik nach jüngster Debatte groß. So fand der Vorstoß von FDP und SPD, dem Zins- und Schuldenmanagement ein Richtlinien-Korsett zu verpassen, eine breite Zustimmung. Kämmerer Bonan gelang es selbst nicht mehr, seine bislang gewinnbringenden Geschäfte mit unvergleichlich zinsgünstigen Krediten in Schweizer Währung zu verteidigen. Der Ausschuss untersagte ihm nicht nur die ohnehin von Bonan kategorisch abgelehnten Geschäfte mit Derivaten, sondern wegen der Wechselkursrisiken auch Kreditaufnahmen in Schweizer Währung – zumindest so lange bis die Richtlinien stehen.