Mülheim. . Mit deutlichen Stellungnahmen hat am Montagabend Mülheims Kämmerer Uwe Bonan im Finanzausschuss die Verantwortung für die Millionen-Pleite mit riskanten Zinswetten von sich geschoben. Die Kritik an Ex-Kämmerer Gerd Bultmann wurde immer lauter.
Der wohl umstrittenste Punkt war am Ende der Tagesordnung geparkt, gegen 20.30 Uhr musste der Finanzausschuss aber doch erkennen, dass die Geschichte der Millionen-Pleite, die die Stadt in den Jahren 2003 bis 2006 mit hoch spekulativen Zinswetten hingelegt hat, so einfach nicht aufzuarbeiten sein wird. Und doch wurde deutlich: Aktueller Stadtkämmerer und Rechtsdezernent sehen ein zumindest fahrlässiges, wenn auch nicht grob fahrlässiges Handeln bei Ex-Kämmerer Gerd Bultmann.
Zwei bemerkenswerte Sätze von Rechtsdezernent Dr. Frank Steinfort fielen fast unbemerkt inmitten einer seiner Stellungnahmen: „Es ist eine Wertungsfrage. Wir sind zum Ergebnis gekommen, es ist grenzwertig, aber wir haben es verneint.“ Bezug genommen hatte Steinfort da auf die im eigenen Hause angestellte Prüfung aus dem Jahr 2008, ob Alt-Kämmerer Bultmann grob fahrlässiges Handeln zu Lasten der Stadt nachzuweisen ist und er dafür beamtenrechtlich zu belangen gewesen wäre.
Knapp 6,1 Mio Miese
Steinfort und Uwe Bonan hatten im Ausschuss zuvor immer wieder dezent darauf verwiesen, dass sie in Bultmann denjenigen Verantwortlichen sehen, dessen Handeln der Stadt die Suppe von knapp 6,1 Mio Miesen letztlich eingebrockt habe. Alles das, was man nach dem Aus von Bultmann unternommen habe, sei Schadensbegrenzung gewesen. Bonan sprach von einer „Spirale“, die in Gang gesetzt worden sei – freilich mit Bezug zu einer „allgemeinen Zinsmeinung“, die damals nun mal vorgeherrscht habe.
Bultmann, so sein Nachfolger, habe sich mit seiner Äußerung in der WAZ selbst disqualifiziert, als er formuliert hat, das Risiko sei bei seinem Ausscheiden aus dem Amt „noch überschaubar“ gewesen „und auch die Hoffnung auf einen Zinsanstieg, der das Defizit hätte umdrehen können, bestand noch“. Konter Bonan: Gerade der Zinsanstieg sei maßgeblich dafür gewesen, dass die Zins-Korridore, auf die der Ex-Kämmerer gesetzt habe, überschritten worden seien. „Wenn einer das also so sagt, kennt er seine eigenen Geschäfte nicht.“
Warnungen der WestLB nicht ernst genommen
Steinfort drückte es wohl formulierter aus: „Insgesamt legt der Schriftverkehr, der mit der WestLB geführt wurde, den Schluss nahe, dass die Stadt sich bewusst für die riskanten Korridor-Swaps entschieden hat, obwohl die WestLB deutlich auf die Risiken hingewiesen hatte.“
Schon im Vorfeld der ersten Geschäfte mit den Korridor-Swaps im Dezember 2004 habe die Landesbank den alten Kämmerer gewarnt. Der suchte seinerzeit bei der WestLB, wie berichtet, eine Möglichkeit, aus vorab getätigten Risiko-Geschäften mit der Commerzbank auszusteigen. Laut Bonan belegen interne Vermerke und Schreiben der WestLB, dass die WestLB der Stadt im Hinblick auf das Vorgeschäft zunächst ein „vorsichtiges Abwarten“ empfohlen und von einer Umstrukturierung abgeraten habe. „In der Folge hatte sie außerdem auf die erheblichen Risiken der Korridor-Swaps hingewiesen und deutlich ärmere Umstrukturierungsmöglichkeiten aufgezeigt.“ Bultmann entschied sich dennoch für das hohe Risiko.
"Das Finanzmanagement hat verantwortungsvoll gehandelt"
Steinfort wiederholte die Rechtsauffassung der Stadt, wonach es keine Anzeichen für eine Falschberatung durch die WestLB gebe. Das Rechtsamt vertrete uneingeschränkt die Meinung, dass eine Klage gegen die Bank keine Aussicht habe, die verlorenen Millionen für die Stadt zurückzuholen. Er widersprach dem auf Bank- und Kapitalrecht spezialisierten Münchener Anwalt Dr. Jochen Weck in dieser Frage in allen strittigen Punkten. Steinfort lud die Ausschussmitglieder ein, in alle Swaps-Akten der Verwaltung Einsicht zu nehmen und bot Erläuterungen an.
Bislang hatte die Stadt der Politik weder den Prüfbericht des Rechtsamtes noch den der Rechnungsprüfer aus dem Jahr 2006 vorgelegt, der laut Bonan zum Ergebnis gekommen sein soll, dass das Finanzmanagement der Stadt zeitnah Risiken erkannt und versucht habe, sie zu minimieren. Es habe „keine überstürzten Umstrukturierungen gegeben“, das Finanzmanagement habe verantwortungsvoll gehandelt.