Mülheim. . Die CDU in Mülheim bemängelt, dass die Stadt jährlich eine Millionen-Summe für externe Gutachten ausgibt. Stadtsprecher Volker Wiebels weist die Vorwürfe zurück und betont, dass sie zu vielen Gutachten gesetzlich verpflichtet sei.

Manchmal ist der Expertenrat kurz und für wenig Geld zu haben: Die Begutachtung eines dreibeinigen Lamas, das eine Familie in Mülheim zu sich in die Wohnung aufgenommen hatte, kostete die Stadt 100 Euro. Eine Ausnahme. In der Regel sind Gutachten und Beratungen von externen Fachleuten, die sich die Stadtverwaltung ins Haus holt, deutlich teurer. Die CDU hat spitz gerechnet und kommt gar zu dem Ergebnis, dass die Stadt Mülheim im Jahr eine Millionen-Summe für Gutachten ausgibt – und findet das beängstigend viel.

„Wenn ich allein die letzten Initiativen des Planungsdezernats für neue teure Gutachten sehe, muss ich feststellen, dass trotz harter Etatdiskussion noch nicht überall in der Verwaltungsführung der Wille zum kreativen Sparen erkannt worden ist“, bedauert CDU-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Michels. Und der finanzpolitische Sprecher der Union, Eckart Capitain, betont: „Ich will natürlich nicht grundsätzlich gegen Gutachten sprechen, aber man sollte sie schon kritisch hinterfragen.“ Damit meint er nicht nur die häufige Vergabe von Gutachten, sondern auch deren Ergebnisse und vor allem die Kosten.

30.000 Euro für Einzelhandelslage

Beispiele: An die 30.000 Euro musste die Stadt für die Begutachtung der Einzelhandelslage und deren Auswirkungen auf das Umfeld zahlen. Als das Gutachten an die Politik ausgegeben wurde, kritisierten gleich mehrere Ratsmitglieder: Längst überholt, unbrauchbar für die weitere Arbeit. Also Geldverschwendung?
Als in Heißen bei der Suche nach der Kobra eine ganze Wohnung entkernt werden musste, musste auch ein Gutachter her, der ermittelte, was die Wiederherstellung der Wohnung kostet. Seine Kosten: 816 Euro.

Blicken wir in die höheren Preisklassen: Für 20.000 Euro ließ die Stadt prüfen, was preiswerter sei: die Reinigung kommunaler Gebäude durch Fremdfirmen oder durch eigene Kräfte. 116.000 Euro kostete die externe Beratung zu der Frage: Wie sollen jene drei Schulen ausgestattet und eingerichtet werden, die im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft saniert werden. 51.000 Euro kostete die Erstellung eines Handlungskonzeptes für eine seniorenfreundliche Stadt und für 42.000 Euro wurde die Zufriedenheit von Familien in Mülheim ermittelt. 674.568 Euro musste die Stadt aufwenden für den Expertenrat zu mehreren ÖPP-Projekten. Die Feststellung, wie laut es ist, erfordert schon mal eine fünfstellige Summe und die Beurteilung von Altlasten erst recht. Am meisten ärgert sich die Politik inzwischen, dass „sogar zur Ermittlung von Basisfakten, Gutachter eingeschaltet werden sollen“: etwa zum Wald. Es wurde verhindert.

135 Gutachten und Beratungen

In einem Papier, das der WAZ vorliegt, führt die Kämmerei 135 Gutachten und Beratungen auf, die in den vergangenen vier Jahren in Auftrag gegeben wurden. Von einer leichtfertigen Vergabe könne keine Rede sein, versichert Stadtsprecher Volker Wiebels und betont, dass gerade der Kämmerer sehr genau auf diese Posten achte. „Wir kaufen nur dann Sachverstand ein, wenn wir dafür keine eigenen Fachleute in der Verwaltung haben und es auch zu teuer wäre, diese vorzuhalten“, sagt Wiebels. In vielen Bereichen sei die Stadt auch schlicht gesetzlich verpflichtet, Gutachten erstellen zu lassen, etwa bei der landschaftspflegerischen Begleitplanung, heißt es.

Es gibt Ratsmitglieder, die das Gefühl von einer Flut an Gutachten haben und sich nachher fragen: Was bringt mir das? Manches wird gar als „dürftig“ eingestuft, wie bisherige Gutachten zum ÖPNV . Sehr „gespalten“ zeigen sich andere, etwa der FDP-Fraktionschef Peter Beitz: „Gutachten haben für uns Politiker eine gefühlte Neutralität.“ Bei Bewertungen durch die Stadtverwaltung sei teils eine Tendenz zu erkennen. Und doch sieht auch Beitz eine „teure Lawine von Gutachten“. Selbstkritisch stellt er fest: „Wir Kommunalpolitiker fordern aber auch zu schnell Prüfungen.“