Mülheim. .

Kämmerer Uwe Bonan hat den 1018 Seiten umfassenden Jahresabschluss für den städtischen Haushalt 2010 vorgelegt: Er zeichnet ein düsteres Bild für den Zustand der Stadtfinanzen. Ausgaben in Höhe von rund 101 Millionen Euro waren nicht durch Einnahmen gedeckt (2009: 80 Mio Euro).

Die Wirtschaftskrise hat insbesondere die Gewerbesteuer in Mülheim weniger sprudeln lassen. Obwohl die Stadt schon mit einem Minus im Vergleich zu 2009 in Höhe von 29,5 Mio Euro geplant hatte, wurde auch die kalkulierte Einnahme von 127,5 Mio Euro weit verfehlt. Kämmerer Bonan konnte nur 11,2 Mio Euro verbuchen. Auch beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer sprangen im Vergleich zum Vorjahr 3,4 Mio Euro weniger raus (Ergebnis: 57,6 Mio Euro).

Kontinuierlich steigende Sozialausgaben

Mittlerweile 46,86 % aller städtischen Aufwendungen gehen auf Transferleistungen zurück. Ob Grundsicherung im Alter, Kosten der Unterkunft und Heizung für Hartz-IV-Empfänger, Hilfe zur Pflege oder zur Erziehung: Die Stadt registriert kontinuierlich „steigende Sozialausgaben, im Wesentlichen durch steigende Fallzahlen“.

Kämmerer Uwe Bonan macht dies an einem Vergleich der städtischen Aufwendungen der Jahre 2005 und 2011 deutlich. So wird die Stadt in diesem Jahr 31,5 Mio Euro für Kosten der Unterkunft ausgeben, eine Steigerung von gut 50 % innerhalb der letzten sechs Jahre. Gar um 57,2 Prozent sind die Kosten für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angestiegen. Kostenpunkt 2011: 8,8 Mio Euro.

Drohende Überschuldung

Angesichts der chronischen Unterfinanzierung steuert Mülheim in Richtung Überschuldung. Die Eigenkapitalquote als entscheidender Gradmesser wirtschaftlicher Solidität ist allein binnen des vergangenen Jahres von 37,6 auf knapp 33 Prozent gesunken. Die Prognose im Doppelhaushalt 2010/11 geht davon aus, dass sich das Eigenkapital von derzeit noch 705,4 Mio Euro bis Ende 2014 auf 474,5 Mio Euro reduziert haben wird, weil weiterhin kein ausgeglichener Haushalt präsentiert werden kann. Hält der Trend an, droht die Überschuldung. „Unser Eigenkapital ist rein rechnerisch in acht Jahren aufgebraucht“, hatte Bonan schon im April gesagt.

Überhaupt gilt – und das wird für die Stadt zunehmend zum Problem: Je niedriger die Eigenkapitalquote, desto schlechter werden auch die Kreditbedingungen, die die Banken der Stadt stellen.

Die Stadt hat nicht genug Geld, um ihr laufendes Geschäft zu bestreiten – das ist nicht neu. Die chronische Unterfinanzierung sorgt aber dafür, dass die Stadt allein zur Liquiditätssicherung ein immer größer werdendes Kreditvolumen vor sich herschiebt.

Steigende Zinslast

Zum Ende des Jahres 2010 hantierte das Zentrale Finanzmanagement der Stadt bereits mit 499 Mio Euro an Kassenkrediten. Müsste die Stadt diese Kredite nicht aufnehmen, würde das für 2011 vorausgesagte Defizit von 70,1 Mio Euro um fast ein Fünftel geringer ausfallen. 4,59 Prozent der ordentlichen Aufwendungen gehen mittlerweile nur für Zinszahlungen drauf.

Diese Zinslastquote dürfte sich aber weiter erhöhen, denn schon in diesem Jahr plant die Kämmerei mit Krediten zur Liquiditätssicherung in Höhe von bereits 585 Mio Euro, im Jahr 2014 sollen es gar 690 Mio Euro sein. Die Kraft, den Betrieb „Stadt“ mit flüssigen Mitteln zu bestreiten, nimmt somit kontinuierlich ab.