Mülheim. . Fast 50 Jahre überlebte das illegal angebrachte Werbe-Schild für Bier an der Ecke Essener/Kattowitzer Straße in Mülheim. Doch der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Constantin Körner setzte die Verwaltung auf das Schild an. Ergebnis: Es wurde entfernt.

„Ähm, du, du hast da was im Gesicht!“ Es fällt ja nicht immer leicht, jemanden darauf hinzuweisen, dass ihm da der Marmeladenrest vom Frühstücksbrötchen noch die Wange verschmiert. So ähnlich ging es Constantin Körner, dem Ortsvereinsvorsitzenden der SPD Stadtmitte.

Jahrelang war er an diesem vor sich hin rostenden Etwas vorbeigefahren, bis er den Anblick dann doch nicht mehr ertragen wollte: Er fragte bei der Verwaltung nach, welche Bewandtnis denn dieses seltsame Hinweisschild an der Ecke Essener/Kattowitzer Straße habe, mit der Werbung für den, milde ausgedrückt, doch eher ortsuntypischen Ausschank von Kulmbacher Reichelbräu. Wenn dort wenigstens noch zu erfahren gewesen wäre, in welcher nahe gelegenen Wirtschaft man dieses süffige, röstmalzige Dunkel mit seinem herben Nachgeschmack denn genießen könnte. Körner hätt’s ja vielleicht noch geschluckt, er hält es ja für „ein legitimes Interesse von ortsansässigen Unternehmen, Einrichtungen und Institutionen, auf sich hinzuweisen“. Aber: Fehlanzeige.

Verwaltung recherchiert

„Schrottreif“ sei das Schild, so Körner, das Stadtbild: „verschandelt“. Der SPD-Mann wollte nun am Kulmbacher Reichelbräu ein Exempel statuieren. Für die Vermutung, dass am Orte etliche nutzlose, womöglich gar illegal aufgestellte Schilder dem Stadtbild was Marodierendes anhafteten. Wer hat’s beantragt? Wer genehmigt? Was sagt der Schriftverkehr? Körner wollt’s wissen.

Die Verwaltung recherchierte – und musste tief in der Vergangenheit wühlen. Die Stellungnahme folgte in der jüngsten Sitzung in der Bezirksvertretung 1, vorgetragen vom Leiter der Straßenverkehrsabteilung höchstselbst, Peter Roedel. Ein Hoch auf die behördliche Archivpflege: „Das Bauordnungsamt hat festgestellt“, hieß es da, „dass ein entsprechendes Werbeschild 1961 beantragt, aber der Antrag 1962 abgelehnt worden ist. Eine Nachkontrolle, letztmalig 1965, ergab, dass die Anlage entsprechend der Ablehnung nicht aufgestellt worden ist.“

Schild zu Fall gebracht

Aber doch stand das Schild da, wo es nicht stehen durfte. „Wann und von wem die strittige Werbeanlage illegal errichtet worden ist“, musste Roedel passen, „lässt sich nicht mehr ermitteln.“ Und doch: Das Exempel war statuiert. Das Schild ist dieser Tage von Mitarbeitern der Stadt zu Fall gebracht und abtransportiert worden.

Dass die „Baustelle“ im Schilderwald das gesamte Stadtgebiet umfasst, ist für Roedel kein Geheimnis. Der Außendienstmitarbeiter seiner Behörde, der gezielt erlaubte und unerlaubte „Sondernutzungen“ (darunter fallen Schilder) kontrolliert, wird immer wieder fündig. Jüngst erst fiel Discounter Lidl auf, der in Heißen und Styrum mehr Hinweisschilder platziert hat als genehmigt – und bezahlt. Für jedes Hinweisschild im öffentlichen Straßenraum werden nämlich 365 Euro fällig; und zwar jedes Jahr.