Mülheim. . Mit seiner Teilnahme am Modellprojekt “Simply City“ sagt Mülheim dem Schilderwald den Kampf an. Nun wird auf Initiative der SPD auch die private Beschilderung in der Stadt zum politischen Thema - obwohl es diesbezüglich bereits feste Regeln gibt.

Wenn alle eine Richtung vorgeben, weiß am Ende doch keiner mehr, wo es lang geht: Auf Initiative des SPD-Ortsvereins Stadtmitte wird die private Beschilderung in Mülheim zum politischen Thema. Dabei gibt es bereits feste Regeln, die Wildwuchs vorbeugen sollen.

In der Sitzung der Bezirksvertretung 1 am 14. März will die SPD die Verwaltung dazu auffordern, „wilde“, nicht genehmigte Schilder ausfindig zu machen und nach und nach zu entfernen. Anlass für diesen Antrag ist ein konkretes Ärgernis, das den stellvertretenden Bezirksbürgermeister Constantin Körner die Stirn runzeln lässt: eine vor sich hin rostende Werbeanlage an der Ecke Kattowitzer/Essener Straße. Installiert ist dort ein Schild mit der Aufschrift „Kulmbacher Reichelbräu“. Nicht mal erwähnt wird, wo man das süffige Bier denn wohl zu sich nehmen kann.

„Für mich ist das Schild schrottreif“, so Körner. Er will, dass die Stadt im konkreten Fall nachforscht, wann und ob das Schild genehmigt wurde, ob es einen Zweck erfüllt – wenn nicht, soll es weg, auf Kosten des Aufstellers, wenn zu ermitteln. Körner fordert ein systematisches Vorgehen im Kampf gegen Wildwuchs.

365 Euro im Jahr

Im Modellprojekt „Simply City“ ist das Problemfeld bislang ausgespart worden – und das hat seinen Grund in einer Sondernutzungssatzung, die sich die Stadt vor drei Jahren gegeben hat. Die Satzung legalisiert zwar private Wegweiser im öffentlichen Raum, doch sie knüpft es an Auflagen: Erstens dürfen für einen Firmenstandort maximal vier Schilder installiert werden, zweitens kostet ein Schild 1 Euro pro Tag, also 365 Euro im Jahr.

Mit dieser Regelung, so Peter Rödel als Leiter der Straßenverkehrsbehörde, fahre Mülheim gut – vor allem sei Mülheim eine von nur wenigen Städten, die dagegen vorgingen, dass selbst ein kleiner Getränkemarkt ein größeres Umfeld wild mit Schildern zubaue und das Stadtbild verschandele. Werbeanlagen, die größer als ein Quadratmeter sind und auf privatem Grund stehen, seien allerdings Sache der Bauordnungsbehörde.

Außendienst kontrolliert

„Früher hatten wir das Problem, dass wir alle paar Jahre den Schilderwald abgeräumt haben, später standen die Schilder dann wieder“, sagt Rödel. Das Ausmaß an Wildwuchs im öffentlichen Raum halte man mit der Satzung nun gering. Regelmäßig kontrolliere der Außendienst. Fallen nicht genehmigte Schilder auf, fordert die Stadt die Eigentümer auf, sie zu demontieren, wird nicht Folge geleistet, passiert dies auf Rechnung. Natürlich, so Rödel, sei es teilweise Sisyphos-Arbeit. Seine Mitarbeiter müssten schon am Ball bleiben, damit die Schilder nicht später oder anderswo wieder auftauchen.

Heinz Obermann von der gleichnamigen Autofirma in Heißen lässt seine sechs Wegweiser nun, da die Stadt fast 1500 Euro verlangt, abschrauben. Er hatte sie vor Jahren angebracht, als der Betrieb umgezogen war, jetzt braucht er sie eigentlich nicht mehr, man sei am neuen Ort etabliert. Trotzdem ärgert ihn, dass die Stadt reglementiert und abkassiert. Wettbewerber in Oberhausen seien unbehelligt, das Handeln der Stadt Mülheim sei wirtschaftsfeindlich.

Franz P. Linder, Koordinator für das Modellprojekt „Simply City“, das den öffentlichen Verkehrsraum entrümpeln will, geht die Mülheimer Reglementierung gar noch nicht weit genug. Man solle nur überlegen, dass 365 Euro für eine Dauerwerbung auf einem Schild doch sehr preiswert sei, gemessen an Preisen für klassische Werbemedien.