Mülheim. Der Umbau der GGS Styrum ist fast fertig, die Tage der Nebenstelle Meißelstraße sind gezählt. Für viele Mülheimer Kinder wird der Schulweg lang.

Seit mehr als einem Jahrzehnt diskutieren Politik und Verwaltung über die Zukunft des Grundschulgebäudes an der Meißelstraße in Mülheim-Styrum. Längst sollten die rund 90 Kinder, die dort aktuell unterrichtet werden, umgezogen sein ins Haupthaus an der Augustastraße, das seit Jahren ausgebaut wird. Doch auch diesmal hat Schulleiterin Simone Müller-Dausel wieder Briefe an die Familien der neuen Erstklässler verschickt, in denen stand, dass diese ihre Schulkarriere nach den Sommerferien im alten Backsteingebäude starten. So war es abgesprochen mit dem Schulverwaltungsamt, sagt sie. Nun aber kommt vom städtischen Immobilienservice eine andere Auskunft.

„Der Umzug vom Standort Meißelstraße in den Standort Augustastraße ist in den Sommerferien 2024 geplant“, teilte Stadtsprecherin Sindy Peukert auf Nachfrage mit. Heißt: Der Schulweg für die i-Dötzchen - und für alle anderen - wird also ein deutlich anderer sein als geplant, ein zumeist viel längerer. Die beiden Standorte der Gemeinschaftsgrundschule Styrum liegen rund zwei Kilometer voneinander entfernt.

Großteil der Arbeiten am neuen Styrumer Hauptgebäude sollen im Mai fertig werden

Laut Stadtsprecherin Peukert kann nun nur noch eines die aktuellen Pläne durchkreuzen, nämlich, dass die Bauabnahme an der Augustastraße schiefgeht. Zurzeit befinde man sich in der Schlussphase des Innenausbaus: „Nach der Fertigstellung der Arbeiten im Bereich Trockenbau sowie der Boden-, Fliesen- und Malerarbeiten erfolgt die Feininstallation der Haustechnik.“ Der Generalplaner habe zugesagt, dass die Maßnahme „Ende Mai nahezu abgeschlossen“ sein wird. Bis Ende Juli erfolge voraussichtlich der Innenausbau der Brücke, die OGS-Neubau und Bestandsgebäude verbindet, und auch die Außenanlagen würden zu eben dieser Zeit fertig.

Schulleiterin Müller-Dausel ist gespannt, ob das tatsächlich so klappt, sie hat Zweifel, dass die Planung aufgeht. „Bis dato habe ich jedenfalls keine gesicherten Informationen, kann also nichts einstielen.“ Dabei sei noch eine Menge vor dem Umzug zu erledigen. Es geht nicht nur um die vier Klassen, die von der Meißelstraße rüberkommen, auch der Rest der Schulgemeinschaft muss seinen Platz im neuen Ensemble finden. In den alten Räumen muss alles eingepackt und in den neuen Räumen ausgepackt werden, auch das Mobiliar müsse noch mal überprüft werden. Eigentlich sollte der Umzug ja schon Mitte 2023 stattfinden, doch daraus wurde bekanntlich nichts. Auch diesmal habe sie Signale bekommen, dass es wohl eher die Herbstferien werden. „Besser wäre aber der Sommer, da haben wir einfach mehr Zeit.“

Simone Müller-Dausel, Chefin der Styrumer Grundschule, hat noch leichte Zweifel, dass der Umzug tatsächlich schon in wenigen Wochen über die Bühne gehen kann.
Simone Müller-Dausel, Chefin der Styrumer Grundschule, hat noch leichte Zweifel, dass der Umzug tatsächlich schon in wenigen Wochen über die Bühne gehen kann. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Über der Eingangstür hängen Zettel im Fenster: Besucher werden mehrsprachig begrüßt

An der Meißelstraße läuft derweil Unterricht wie gehabt. Einige Scheiben sind passend zur Jahreszeit mit selbst gebastelten Blümchen verziert. Und auf den Zetteln über der grünen doppelflügigen Eingangstür, die etliche Macken aufweist, werden die Besucher noch immer vielsprachig begrüßt: „Merhaba“ und „Salut“. Einige der Fensterrahmen haben schon bessere Zeiten gesehen, und auch die massiven Stahltreppen, die an zwei Stellen an der Fassade lehnen, zeigen, dass hier nicht mehr alles in Ordnung ist. Brandschutz ist das große Thema, die Treppen dienen als Rettungsweg. Doch, trotz allem, man spürt weiterhin: Dieses Backsteingebäude war und ist ein Kleinod, ein Ort, an dem Generationen von Styrumern ins Leben gestartet sind, Lesen und Schreiben gelernt haben.

So wie der 61-jährige Mann, der am Donnerstag am Rande des Schulgeländes zugange ist. Mit dem Rechen zieht er den Sand am Bolzplatz glatt, entfernt Unkraut. Er ist Sportplatzarbeiter, sagt der Ur-Styrumer, und für die Turnhalle an der Eisenstraße und die Außenanlagen verantwortlich. 1969 wurde er im benachbarten Gebäude an der Schlägelstraße eingeschult, dort, wo heute die Kita Regenbogenland untergebracht ist. Er wechselte allerdings schnell an die Meißelstraße. Und hat all die Jahre nur einen Katzensprung vom Schulgelände entfernt gewohnt. Für ihn ist das hier sein Zuhause, aber es ist auch ein wichtiges Stück Stadtgeschichte, sagt er. „Wenn das zu Ende geht, werde ich traurig sein.“

An der Eisenstraße sollen Wohnhäuser entstehen - sobald es Ersatz für Bolzplatz und Co. gibt

Zumal ja nach wie vor zu befürchten sei, dass nicht nur der Schulbetrieb endet, sondern entlang der Eisenstraße bald Reihenhäuser gebaut werden und dann auch der Bolzplatz verschwindet. Entsprechende Planungen liegen seit Jahren vor - die Politik aber hat festgelegt: Abgenickt werden diese erst, wenn es alternative Angebote für die Styrumer Jugend gibt.

Für die Stadt, so sagt Sprecherin Peukert, ist auf jeden Fall klar, dass das „stark sanierungsbedürftige“ Schulgebäude an der Meißelstraße aufgegeben wird. Und der Unterricht dann für alle Jungen und Mädchen der GGS Styrum am Standort Augustastraße stattfindet. Bevor man allerdings detaillierte Termine bekannt gebe, warte man besagte Bauabnahme ab.

Mülheimer Künstler hoffen seit Jahren auf ein Kunsthaus im Schulgebäude an der Meißelstraße

Die Zeitschiene ist indes nicht nur für Styrumer Familien von Relevanz - sondern auch noch für eine andere Mülheimer Gruppe: Etliche Künstler hoffen seit Jahren darauf, das alte Schulhaus in ein Kunsthaus verwandeln zu können - mit Ateliers und zwei Wohnungen für Künstler. Alexander Voß, Erster Vorsitzende des Vereins Kunsthaus Mülheim, erinnert daran, „dass der Kulturausschuss 2013 beschlossen hat, dass das Gebäude Kunsthaus wird, sobald es nicht mehr Schule ist“. Zum Verein zählen mittlerweile längst nicht mehr alle, die anfänglich dabei waren - die Wartezeit dauert schon zu lang. Einige Kollegen sind verstorben, andere haben sich an anderer Stelle ein Atelier besorgt. Aktuell suche man auch einen Schatzmeister für den Vorstand, so Voß. Zum Glück gebe es immer noch genügend Interessenten, seien neue Künstler hinzugekommen. Die Idee, an diesem besonderen Ort Mülheimer Kunst für alle sichtbarer zu machen und auch Künstler von außerhalb anzuziehen, hat nach wie vor Kraft: „Das Projekt wäre für alle ein Gewinn“, glaubt Voß.

Leider hat sich die Situation vor Ort gegenüber der Vor-Corona-Zeit „stark verschlechtert“. Die Immobilie ist älter geworden, Probleme wie Undichtigkeiten im Dach seien aufgetreten. „Wir müssen jetzt genau hinschauen, inwieweit wir das überhaupt übernehmen können - in welchem Zustand und zu welchen Bedingungen.“ Kürzlich habe es eine Begehung mit einem Architekten und Künstlerkollegen gegeben. Und es zeichne sich ab, dass die Kosten wohl deutlich höher werden als früher kalkuliert. Man müsse sehen, so Voß, wie sich das stemmen lässt.

Die Stadt Mülheim mag sich aktuell noch nicht in die Karten schauen lassen

Die Stadt mag unterdessen noch nicht preisgeben, was sie tatsächlich mit dem Gebäude vorhat. „Fest steht, dass es für die Schulnutzung aufgegeben wird“, so Sprecherin Peukert. „Ansonsten ist noch nichts entschieden. Die Idee des Kunsthauses ist aber weiter im Rennen.“

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