Mülheim. Mohamad Al Hasans Geschichte rührt viele Menschen - und so wollten sie ihm unbedingt helfen. Auch Ministerpräsident Wüst ist aufmerksam geworden.
Geduld ist eine der Stärken von Mohamad al Hasan. Obwohl sein Leben oft hart war und immer wieder traurig, hat er nie den Glauben daran verloren, „dass jeder Mensch irgendwann seine Chance bekommt“. Die Wege zum Glück sind vielfältig, zeigt das Leben des 41-Jährigen, der 2015 vor dem Krieg in Syrien nach Deutschland geflohen ist. Nachdem er im Sommer 2022 einer Mülheimerin nach einer Messerattacke beigestanden hatte, wendete sich für ihn vieles zum Guten.
So erhielt der Paketbote im November 2023 eine Auszeichnung, die deutschlandweit angesehen ist: Bundesinnenministerin Nancy Faeser verlieh ihm den renommierten XY-Preis für Zivilcourage. In der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY Ungelöst“ wurde der Kriminalfall aus Mülheim vorgestellt: Eine 81-jährige Dümptenerin war im Sommer 2022 unversehens von hinten niedergestochen worden. Al Hasan half ihr und stellte gleich noch den Täter. Auch andere Menschen, die andernorts beherzt eingegriffen hatten, wurden porträtiert. Doch die Jury entschied, dass al Hasan sich besonders hervorgetan hatte, und belohnte seinen Einsatz vor dem Kiosk am Springweg mit einem der drei Hauptpreise.
Ministerpräsident Hendrik Wüst verleiht dem Mülheimer die Rettungsmedaille
Nun widerfährt dem zweifachen Familienvater eine neuerliche Ehrung: Im Briefkasten lag jüngst ein Schreiben der Staatskanzlei Düsseldorf. „Für den mutigen Einsatz zur Rettung eines Menschenlebens“ wird Hendrik Wüst dem Mülheimer und anderen Anfang Mai die Rettungsmedaille des Landes NRW verleihen. Mohamad al Hasan kannte diesen Preis zuvor ebenso wenig wie den XY-Preis. Er hätte sich niemals vorstellen können, dass eine für ihn so normale Hilfsbereitschaft solche Wellen schlagen könnte. Wirklich klar war ihm bis dato auch nicht, wer oder was der Ministerpräsident ist. Nun aber fiebert er der Feierstunde entgegen: „Es freut mich, wichtige Leute kennenzulernen.“
Dass er bescheiden ist, keinerlei Aufhebens um seine Person macht, zeigt sich auch beim Besuch im Familienheim in Broich. An der noch sehr nackten Wand des Wohnzimmers hängt lediglich ein kleines Foto von der XY-Preisverleihung in Berlin mit Autogramm von Moderator Rudi Cerne. Bald gibt es dort vielleicht noch eine Erinnerung an die Ehrung in Düsseldorf. Doch das, was al Hasan viel, viel glücklicher macht als alle Auszeichnungen zusammen, ist etwas anderes: Es ist diese Wohnung!
Jahrelang hat er sich erfolglos um Wohnungen in Mülheim bemüht
Jahrelang hat er versucht, für seine Frau Rabaa Al Hariri (32) und die gemeinsamen Töchter Rama (12) und Mila (2) ein neues Zuhause zu finden. Es war eng auf den 53 Quadratmetern, auf denen sie leben mussten. Dabei war sein Gehalt als Paketbote der Firma Hermes doch eigentlich hoch genug für eine komfortablere Unterkunft. Doch: „Ich habe mich immer wieder erfolglos beworben.“ Auf gut ein Dutzend E-Mails habe er nicht einmal eine Antwort bekommen. Und die 15 Wohnungen, die er besichtigen durfte, seien immer an andere Menschen gegangen. Al Hasan ist vorsichtig mit solchen Aussagen, doch er glaubt schon: „Das ist auch passiert, weil ich Ausländer bin.“
Auch wenn es manchmal schmerzte, der Mülheimer blieb geduldig und gönnte den Mitbewerbern sogar den Erfolg: „Ich habe viele gute Erfahrungen mit Deutschen gemacht. Ich weiß, dass auch sie oft ein schwieriges Leben haben.“
Plötzlich kamen Mails, in denen stand: „Wir hätten Sie so gern als Nachbarn“
Mitte Dezember, nachdem die Redaktion über die verzweifelte Wohnungssuche des Preisträgers berichtet hatte, kam sie dann endlich: seine langersehnte Chance. Die Menschen erfuhren von seiner Geschichte. Und plötzlich fand er E-Mails im Postfach, in denen stand: „Wir hätten Sie so gern als Nachbarn.“ Die Schreiben kamen aus Speldorf, Heißen, Saarn, Stadtmitte. Al Hasan bedankte sich, aber sein Herz hing an Broich, wo seine Freunde leben, wo die junge Tochter in die Kita geht. Und so wartete er noch ein kleines bisschen - bis, ja bis diese eine E-Mail einging von der Evangelischen Kirchengemeinde Broich-Saarn. Man habe da eine Wohnung mit 87 Quadratmetern, drei Zimmern, einer Küche, einem Bad, einem Balkon mit Blick auf die Kirche an der Wilhelminenstraße, hieß es.
Al Hasan besichtigte sie: „Und von der ersten Sekunde an war sie in meinem Herzen.“ Per WhatsApp-Video bekam auch die nach Jordanien geflohene Mutter das neue Heim zu sehen. Sie weinte vor Freude.
„Jetzt können wir hier unseren Traum leben“
Wenn er das Wohnzimmerfenster öffnet, kann er nun sogar seinem besten Freund Mohamed winken, der ums Eck wohnt. Auch der stammt aus Syrien und begegnet sind sie sich im Flüchtlingsdorf Saarn. Das neue Reich der Familie ist mittlerweile renoviert, die Wände sind gestrichen. Seit kurzem liegt der Teppich. Den konnte Al Hasan selbst verlegen, nach der Flucht hatte er ja kurzzeitig auch als Bodenleger gearbeitet. Auch das war wohl vorherbestimmt, auch das gehörte zum Warten auf die Chance: „Jetzt können wir hier unseren Traum leben.“
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