Mülheim. Der Förderstopp im Bundeshaushalt zum Jahresende hat auch bei wichtigen Mülheimer Klimaprojekten für Stillstand gesorgt. Wie es nun weitergeht.
Klimafreundlich wohnen? In Dümpten ist zumindest das Potenzial zwischen Autobahn und Hexberg riesig: 1200 Gebäude - hauptsächlich aus der Nachkriegszeit - sind zum Teil auf dem Weg oder mitten in der Transformation zur Heizungswende, zu Solarstrom, E-Mobilität und effizienter Dämmung. Viel Bereitschaft gibt es im sogenannten Klimaquartier Dümpten, und dann das zum Jahresende: Haushaltssperre im Bund, Förderstopp. Und nun?
Will die Stadt - auch getrieben durch das Versprechen, bis 2035 klimaneutral werden zu wollen - wieder Fahrt aufnehmen. Klimaquartiere wie Dümpten und Heißen sollen dabei die Matrize bilden, die sich in den nächsten Jahren auf weitere Mülheimer Quartiere übertragen ließe.
Sanierungsmanager in Mülheim-Dümpten: Zehn Wochen Stillstand - und jetzt ein „irrsinniges Arbeitsaufkommen“
„Zehn Wochen Stillstand und Unmut durch die Haushaltssperre im vergangenen Jahr“, schüttelt Architekt Ulrich Bergermann den Kopf, der im Dümptener Klimaquartier die Transformation managt. Jede Menge Energieberatungen zum Beispiel mussten erst einmal „geparkt werden, Sanierungsvorhaben konnten nicht beantragt werden, weil wir nicht wussten, ob sie noch gefördert werden. Das Telefon stand nicht mehr still...“ Und jetzt, wo wieder mehr Klarheit für Zuschüsse bestehe, sei „das Arbeitsaufkommen irrsinnig“.
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So wird dank erneuertem Gebäudeenergiegesetz etwa der Heizungstausch weiter gefördert mit 30 Prozent Grundförderung, plus 20 Prozent Klimageschwindigkeitsbonus, plus 30 Prozent bei bestimmten niedrigen Einkommen sowie fünf Prozent Effizienzbonus bei Wärmepumpen. Die Bausteine lassen sich zu einer Förderhöhe von maximal 70 Prozent kombinieren.
Erdwärme ist in Mülheim-Dümpten stark gefragt - Stadt berät
„Die Anträge können voraussichtlich zwar erst ab dem 27. Februar gestellt werden. Die Maßnahmen zum Heizungstausch können aber bereits jetzt geplant und begonnen werden, ohne dass die Förderung damit erlischt“, sagt die Stabsstellenleiterin für Klimaschutz, Ulrike Marx.
Wer bei den Förderpaketen aktuell nicht durchblickt, kann sich durch das städtische Sanierungsmanagement vor Ort in Dümpten kostenfrei beraten lassen. Zudem plant die Stabsstelle hier wie auch in weiteren Quartieren die Wärmepumpen-Kampagne fortzusetzen.
Sanierung im Altbau: Fordernd, aber machbar
Denn auch wenn die Stadt gerade die kommunale Wärmeplanung angeht: „Gerade in solchen Wohngebieten wie Oberdümpten ist der Umstieg auf Wärmepumpen und auch solchen, die Erdwärme nutzen, oftmals die unter heutigen Gesichtspunkten wirtschaftlich und ökologisch beste Option“, sagt Marx.
Bergermann bestätigt das: „Wärmepumpen laufen in Dümpten richtig gut“, auch im Altbestand. Erdpumpen, die teilweise 130 Meter tief nach Wärme bohren müssen, lohnen sich im „Königreich“. Auf dem Bruch habe etwa die Wohnungsbaugesellschaft Covivio ihre Immobilie mit Solaranlage und Luftwärmepumpe ausgestattet. Derzeit saniere Bergermann eine Doppelhaushälfte aus dem Jahr 1927, „Bimsstein, Faserzement, Nachtspeicher - eigentlich eine richtige Katastrophe. Wir müssen aber den Stein ins Rollen bringen“, meint der Architekt, mit guten Beispielen.
So planen Mülheimer Wohnungsbauunternehmen in Dümpten
Dass es nun für zwei weitere Jahre mit Förderungen für die energetische Sanierung im Klimaquartier Dümpten weitergeht, ist daher erst einmal ein Glück für das Klima wie auch das Mülheimer Projekt: Seit September 2020 ist Bergermann, sind aber auch die Mülheimer Wohnungsunternehmen SWB und die Wohnungsgenossenschaft MWB kontinuierlich dabei, den Altbestand auf Vordermann zu bringen.
Natürlich habe die SWB nicht erst seit 2020 in die Ertüchtigung des Dümptener Bestandes investiert, sagt SWB-Sprecherin Christina Heine. Zum Teil schon seit 2002 hat SWB rund 220 Wohneinheiten etwa an der Oberheidstraße, an Haferkamp und Jörgelstraße energetisch vollsaniert. An der Frintroper Straße baute die Gesellschaft zwischen 2012 und 2017 rund 46 Wohnungen nach neuen Standards um.
SWB schaut auf kommunale Wärmeplanung in Mülheim
Energetisch modernisiert und dabei öffentlich gefördert wurden 48 Wohnungen am Bottenbruch, am Dümpschen Karree (Schaaphausstraße) sind 26 (16 geförderte) Wohneinheiten saniert und zehn Eigenheime neu gebaut worden. Und nicht zuletzt entstanden im Zuge des Neubauquartiers „Dümpten23“ (Frintroper- und Oberheidstraße) rund 84 Wohnungen - 51 davon ebenfalls öffentlich gefördert.
„Wir werden in den kommenden Jahren im Stadtteil weitere Projekte angehen“, kündigt Heine an. Zum jetzigen Zeitpunkt seien diese aber noch nicht spruchreif. Nicht zuletzt schaue man auf die kommunale Wärmeplanung, die in Mülheim gerade die Anfänge verlassen habe.
MWB will behutsam vorgehen: Bewohner sollen Sanierungen mittragen können
„Grundsätzlich ist die Modernisierung und die Dekarbonisierung bei uns ein kontinuierlicher Prozess“, sagt MWB-Sprecher Andreas Winkler. Der Aufsichtsrat habe erst jüngst die Dekarbonisierungsstrategie der Genossenschaft gutgeheißen, die man im Frühjahr 2024 präsentieren wolle.
Ebenso unterstütze die Mülheimer Wohnungsbaugenossenschaft das Sanierungsquartier Dümpten, gehe dabei aber „behutsam vor“, erläutert Winkler. So habe man etwa Fenster modernisiert, aber keine Großmodernisierungen angestrebt, denn „jede Maßnahme wird auch daraufhin geprüft, ob die Bewohnerinnen und Bewohner eines Hauses sie finanziell mittragen können.“
Sanierung teuer - Folgen des Klimawandels aber auch
Denn längst sitzt das Geld bei Eigentümern - egal ob Unternehmen oder kleine private - für Investitionen nicht mehr locker und ist auch die Verunsicherung groß, welche Maßnahmen sinnvoll sind. „Dabei hat der Klimawandel jeden einzelnen Bürger in Deutschland schon jetzt rund 500 Euro gekostet, wenn man allein auf die Folgen der Hochwasser-Katastrophe vor zwei Jahren schaut“, spielt Bergermann auf die geschätzten Kosten von 40 Milliarden für die Schäden im Ahrtal an.
Das Bundesministerium für Klimaschutz beziffert die Schäden des menschengemachten Klimawandels zwischen 2000 und 2021 bereits mit 145 Milliarden Euro. Und geht in einer Studie davon aus, dass dieser bis 2050 bis zu 900 Milliarden allein in Deutschland kosten wird.
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