Mülheim. Mülheims Stadtrat hat einen Etat mit Rekord-Volumen von einer Milliarde Euro verabschiedet. Was die geschrumpfte Opposition daran mächtig stört.

Mülheims Stadtrat hat am Donnerstagabend mit großer Mehrheit eine Milliarde Euro für den Etat 2024 freigegeben. In Clinch geriet die Etat-Koalition dabei insbesondere mit einem politischen Kontrahenten.

Die Ratskoalition von CDU und Grünen konnte bei ihrem Haushaltsbeschluss auf die Stimmen der SPD setzen, die im Vorfeld in die Verhandlungen für ein 24-Punkte-Papier zur Ergänzung des Etat-Entwurfs von Stadtkämmerer Frank Mendack eingebunden worden war. Auch Ex-Linke Andrea Mobini stimmte dem Etat zu, für den lediglich die MBI (Grundsteuer-Senkung) und die FDP (Verzicht auf den Umbau der Kaiserstraße) Änderungsanträge eingebracht hatten. Beide Vorhaben scheiterten.

CDU-Fraktionschefin Küsters sieht Mülheim vom Stillstand befreit

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Die drei Fraktionschefinnen von CDU, Grünen und SPD (Christina Küsters, Franziska Krumwiede-Steiner und Margarete Wietelmann) betonten in ihren Etatreden den Wert, der in Krisenzeiten wie diesen in einem breiten Etat-Konsens stecke. Lob auch über die Mehrheiten hinaus erntete Kämmerer Frank Mendack dafür, das einst mit Defiziten in mitunter dreistelliger Millionenhöhe in die Überschuldung rasende Mülheim nicht nur dank der Stärkungspakt-Hilfe in ruhiges Fahrwasser geführt zu haben. Wieder ist ein ausgeglichener Haushalt aufgestellt.

Es kommt Bewegung in unsere Stadt. Nach den ersten vorsichtigen Schritten in den letzten Jahren haben sich die Statik und der Stillstand der Vergangenheit endgültig aufgelöst.
Christina Küsters

„Es kommt Bewegung in unsere Stadt. Nach den ersten vorsichtigen Schritten in den letzten Jahren haben sich die Statik und der Stillstand der Vergangenheit endgültig aufgelöst“, blickte CDU-Frontfrau Küsters auf vielerlei Projekte in der Stadt, von den Schulinvestitionen über Neubauvorhaben etwa für das Heißener Schwimmbad bis hin zu den Mega-Entwicklungsprojekten der Parkstadt, von Mülheim-West oder zur Nachnutzung des Vallourec-Areals.

Mülheims SPD setzt in Krisenzeit auf Kooperation statt „Pöbelei am Spielfeldrand“

Für die SPD erklärte Fraktionsvorsitzende Wietelmann die Unterstützung des Etats damit, dass ihre Fraktion in Krisenzeiten zum Wohle der Stadt auf „Realismus statt Idealismus“ setzen wolle, auf Kooperation statt „Pöbeln am Spielfeldrand“. Man habe auch eigene Ideen verwirklichen können. Einige Spitzen gegen Schwarz-Grün verteilte sie dabei doch, beklagte etwa eine „katastrophale Umsetzung des Nahverkehrsplans“ und ein zähes Vorankommen in den geschmiedeten Bündnissen gegen Kinderarmut und für bezahlbares Wohnen.

Heftige politische Angriffe gab es an diesem Abend aber aus anderer Richtung. Insbesondere dabei im Blickpunkt: die FDP mit ihrem Fraktionschef Peter Beitz. Nachdem die Liberalen den Doppelhaushalt 2022/23 mitgetragen hatten, verweigerten sie nun ihre Zustimmung – und das mit deutlicher Kritik. Dabei warf Beitz der politischen Konkurrenz vor, nicht sparsam genug zu wirtschaften, damit Mülheim von seinen exorbitant hohen Steuersätzen bei Grund- und Gewerbesteuer Abstand nehmen könnte.

Mülheims FDP klagt: Satte Einnahmen begründen immer mehr Ausgaben

„Wir haben ein Ausgabenproblem“, zog Beitz einen Vergleich der Haushaltsvolumen von 2015 und 2024. Von gut 580 Millionen Euro in 2015 seinen die Erträge der Stadt mittlerweile auf über eine Milliarde Euro angewachsen. Die Mehreinnahmen würden aber einfach weiter verfrühstückt, ohne an Steuersenkungen zu denken. Es gebe ein grundsätzliches Problem in kommunalen Haushalten, beklagte Beitz: „Jede Mehreinnahme findet ihre Mehrausgabe.“ Mülheim leiste sich überhöhte Standards und sei manch einem aufgezeigten Sparpotenzial nicht nachgegangen.

Wir haben ein Ausgabenproblem. Jede Mehreinnahme findet ihre Mehrausgabe.
Peter Beitz

Kräftig aneinander gerieten Schwarz-Grün und FDP in einem anderen Punkt: dem geplanten Umbau der Kaiserstraße, die auf Kosten des Autoverkehrs einen durchgängigen Radweg erhalten soll. Die FDP benannte das Projekt als weiteren maßgeblichen Grund ihres Neins zum Etat. Es sei „der Versuch, die städtische Infrastruktur gegen den Willen der Bürger umzubauen“. Das Projekt verschlinge eine Million Euro, werde aber zu einem Verkehrschaos führen.


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Für diese Kritik hatten sich Küsters (CDU) und Krumwiede-Steiner (Grüne) gewappnet. Sie verteidigten das Bauprojekt für die Innenstadt-Straße. „Die Skeptiker, die fürchten, der Verkehrsfluss könnte durch einen Radweg an der Kaiserstraße allzu sehr ins Stocken geraten, können beruhigt sein“, sagte Krumwiede-Steiner. Seit Monaten gebe es dort eine Baustelle, die mehr Platz einnehme als später der Radweg. Der Verkehr fließe auch jetzt, so die Grüne, und kündigte eben solche Initiativen auch für die Aktien- und Duisburger Straße an. „Wir wollen mit einem guten und sicheren Angebot Maßstäbe für Mülheim setzen und zum Umsatteln motivieren“, betonte sie. Die Verkehrswende in Mülheim sei ein zentrales Anliegen grüner Politik.

Franziska Krumwiede-Steiner, Fraktionsvorsitzende der Grünen
Franziska Krumwiede-Steiner, Fraktionsvorsitzende der Grünen © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Unterstützung dafür signalisierte Koalitionspartnerin Küsters für die CDU. Sie hielt Beitz auch die Marschrichtung vor, die FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing in der Sache verfolge. In einer Broschüre seines Ministeriums sei die deutsche Verkehrsplanung eben dazu aufgerufen, ein Radwegenetz zu spannen, das den Umstieg aufs Rad möglich mache. Geradezu ketzerisch wandte sich Küsters an Beitz: „Eure Kritik kann ich mir nur so erklären, dass ihr nicht damit einverstanden seid, dass der Radweg nicht die von Volker Wissing präferierte Breite von mindestens 2,50 Meter, besser drei Meter, aufweist, damit zwei Personen bequem nebeneinander fahren können.“

Etatreden im Mülheimer Rat: MBI und die Partei müssen krankheitsbedingt verzichten

Aus Krankheitsgründen gab es am Donnerstag keine Etatreden von MBI und „Partei“, Ex-Linke Mobini verzichtete wegen angeschlagener Stimme. Die schärfsten Worte der Kritik kamen von Einzelkämpfer Frank Wagner (Bürgerlicher Aufbruch). Er schoss gegen seine alte CDU-Fraktion: „Die CDU Mülheim liegt derart eng umschlungen mit den Grünen im Bett, dass es kaum noch eigene, die Stadt wieder nach vorne bringende Ideen aus dieser Partei gibt.“ Auch er kritisierte „Autofahrer-feindliche Ansätze“ und ein Nachjagen „irgendwelcher unbezahlbarer, unrealistischer Klimaziele“.

Wagner geißelte die hohen Steuersätze und die Gebührenerhöhungen und sagte: „Auch wenn der Kämmerer uns das anders zu verkaufen versucht und uns sogar einen leichten Überschuss prognostiziert: In Mülheim fehlt an jeder Ecke Geld – sei es für die Ertüchtigung des Rathausplatzes, sei es Geld für die Sanierung eines der prägnantesten Wahrzeichen unserer Stadt, des Bismarckturms.“ Mülheim dümpele weiter vor sich hin, werde von Jahr zu Jahr unattraktiver, so Wagners expliziter Blick auf die City.

Das jüngst mit dem Rauswurf von Alexander von Wrese aus der Fraktion gespaltene AfD-Quartett kam am Donnerstag gar in den Vorteil, mit zwei Etatreden ans Pult im Ratssaal zu treten. Fraktionschef Dominic Fiedler äußerte Kritik an der Flüchtlingspolitik und den Folgekosten, beklagte ein „ÖPNV-Desaster“, die hohe Steuerbelastung, eine Mittelverschwendung für Mülldetektive und zu üppige Pläne für ein neues Heißener Bad. Von Wrese beklagte, dass insbesondere eine „verantwortungslose Politik“ in Berlin Mülheim in finanzielle Bedrängnis bringe. Im Etat erkenne er aber auch „nicht genug Sparwillen“.

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