Mülheim. Seit Donnerstagmorgen streiken zwei Mülheimer Metallunternehmen. Warum sie vom letzten Angebot ihrer Arbeitgeber „erschüttert“ waren.

Rote und weiße Bengalos wie im Fußballstadion stiegen am Donnerstagmittag über einem Werkstor an der Mülheimer Sandstraße auf. Mit einem ohrenbetäubenden Lärm aus mehreren Tröten machten die Beschäftigten von Salzgitter Mannesmann Grobblech und Europipe auf ihre Belange aufmerksam. Noch bis Freitagmorgen befinden sie sich in einem 24-stündigen Warnstreik.

Insgesamt 850 Mitarbeiter aus der Stahlbranche hatten am Donnerstagmorgen um sechs Uhr die Arbeit niedergelegt. Einige waren aber schon deutlich früher an den Werktoren, um möglichst keine Autos durchzulassen und möglichst viele Beschäftigte zu stoppen, die noch arbeiten wollten.

„Nur noch zehn Leute in der Schicht, wo es früher mal über 30 waren“

Die Lage in den Betrieben sei mindestens angespannt, erzählt ein Mitarbeiter von Mannesmann. „Wir arbeiten nur noch unter Druck, weil wir auf unserer Schicht nur noch zehn oder elf Leute sind, wo es früher mal über 30 waren.“

„Die Arbeitgeber reden immer vom Fachkräftemangel, vergessen dabei aber, dass sie selbst in den letzten Jahren 7000 Stellen in der Stahlindustrie abgebaut haben und dieses Problem damit selbst verursacht haben“, ärgert sich Frank Schulz, früherer Betriebsratsvorsitzender beim Stahlröhrenhersteller Europipe. „Jetzt wollen sie, dass die Leute mehr arbeiten, sie dafür aber nicht besser bezahlen“, schüttelt Schulz mit dem Kopf.

Mülheimer Betriebsratschef war nach letzter Verhandlungsrunde „erschüttert“

Der Mülheimer war auch bei den Tarifverhandlungen dabei und hatte in der letzten Runde sogar gute Hoffnung, weil in einem vorherigen Acht-Augen-Gespräch ein „signifikantes Angebot“ angekündigt worden sei. „Am Ende war ich ein bisschen erschüttert“, so Schulz.

Jörg Schlüter, 1. Bevollmächtigter der IG Metall im Bezirk Mülheim-Essen-Oberhausen, war mit dem letzten Angebot der Arbeitgeber alles andere als einverstanden.
Jörg Schlüter, 1. Bevollmächtigter der IG Metall im Bezirk Mülheim-Essen-Oberhausen, war mit dem letzten Angebot der Arbeitgeber alles andere als einverstanden. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Denn die Arbeitgeber verbesserten ihr Angebot für eine Erhöhung der Löhne lediglich von 3,1 auf 3,5 Prozent mit einer Laufzeit von 19 Monaten ab Juli 2024, boten außerdem eine Einmalzahlung im Januar in Höhe von 1000 Euro.

Warum Arbeitgeber und Gewerkschaft noch weit auseinander liegen

Das veranlasste die Verantwortlichen der IG Metall, vom Verhandlungstisch aufzustehen. Sie fordern 8,5 Prozent mehr Geld, eine 32-Stunden-Woche bei vollem Entgeltausgleich und eine gute Altersteilzeitregelung. Beide Parteien liegen vor dem nächsten Verhandlungstag am Freitag also noch weit auseinander. Jörg Schlüter, erster Bevollmächtigter der IG Metall in Mülheim bezeichnete das jüngste Angebot sogar als „dürftig“ und „armselig“.

„Gute Löhne haben der Wirtschaft noch nie geschadet“, meinte Schlüter. Vielmehr seien gesteigerte Einkommen Motoren der Wirtschaft. Dass die Arbeitgeber mit der wieder gesunkenen Inflation argumentieren, ärgert Frank Schulz besonders: „Was soll das denn heißen? Die bisherigen Erhöhungen sind doch trotzdem weiterhin da.“

Wird es unbefristete Streiks in Mülheim geben?

Und warum die 32-Stunden-Woche? „Wir wissen aus vielen Untersuchungen, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerade für junge Leute eine große Bedeutung hat“, sagt Jörg Schlüter, der darin sogar einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Branchen sieht. Arbeitszeitverkürzung seien gesundheitsförderlich, was zu weniger Krankheitsausfällen und erwiesenermaßen höherer Produktivität führe.

Knapp 300 Metallarbeiter nahmen am Donnerstag an der Kundgebung vor dem Werkstor von Salzgitter Mannesmann Grobblech in Mülheim teil. Dieser umgebaute, mit Tröten ausgestattete Kinderwagen sorgte dabei für einen Höllenlärm.
Knapp 300 Metallarbeiter nahmen am Donnerstag an der Kundgebung vor dem Werkstor von Salzgitter Mannesmann Grobblech in Mülheim teil. Dieser umgebaute, mit Tröten ausgestattete Kinderwagen sorgte dabei für einen Höllenlärm. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Nach dem Termin am Freitag ist für den 19. Dezember noch ein weiterer Verhandlungstag geblockt. Die IG Metall wünscht sich eine Einigung noch vor Weihnachten. Und sonst? „Über Weihnachten werden wir mit Sicherheit nicht streiken“, beruhigt Ex-Betriebsratschef Schulz. Die nächste Stufe wären aber unbefristete Streiks.

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