Mülheim. In der Debatte um die Entwicklung der „Parkstadt Mülheim“ auf altem Tengelmann-Grund haben nun auch CDU und Grüne auf Anfrage Position bezogen.
Entscheidend ist in diesem Fall nicht „auffem Platz“, wie es einmal eine Fußballer-Ikone des Ruhrgebiets formuliert hatte, entscheidend ist „im Stadtrat“: Dort gilt es eine Mehrheit dafür zu finden, an welchen Wegweisern sich das Megaprojekt der Stadtentwicklung, die Parkstadt auf ehemaligem Tengelmann-Areal, orientieren soll. Umso mehr schauen interessierte Beobachter auf die Ratskoalition aus CDU und Grünen. Am Freitag erklärten sich auf Anfrage CDU-Fraktionschefin Christina Küsters und Brigitte Erd als planungspolitische Sprecherin der Grünen.
Investor Soravia hatte sich jüngst bewegt, will weniger hoch bauen und weniger Wohnungen (nur noch maximal 680 statt 800) auf dem Speldorfer Grund platzieren. Die SPD will den Siegerentwurf aus dem städtebaulichen Wettbewerb noch weiter eingedampft sehen, will maximal 500 Wohnungen möglich machen und knüpft dies – wie berichtet – noch an einige weitere Bedingungen.
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Parkstadt: Mülheims CDU und Grüne wollen Marschroute bis Juni festzurren
Und was machen CDU und Grüne, die sich bis dato öffentlich vornehm zurückgehalten hatten mit einer Positionierung? Am Donnerstagabend saßen Planungspolitiker beider Fraktionen zusammen, um den „Zwischenstand“ der Planungen zu rekapitulieren, auch die erst jüngst gemachten Zugeständnisse von Soravia.
Ein klares Ergebnis, wie bei der SPD, gibt es aber (noch) nicht. „Wir sind noch in der Abstimmung“, sagt CDU-Frontfrau Christina Küsters, die gleichsam Vorsitzende des Planungsausschusses im Stadtrat ist. Laut Küsters wollen CDU und Grüne die Zeit bis zur nächsten Sitzung der Planungspolitik am 13. Juni nutzen, um ein Positionspapier zu erarbeiten oder einen gemeinsamen Antrag, aus dem heraus klar wird, mit welchen Eckpfeilern Soravia weiter planen kann. Brigitte Erd von den Grünen hält es da für zwingend erforderlich, sich auf Größenordnungen etwa bei der Wohnungsanzahl festzulegen. Nur so, sagt sie, werde der Investor auch in die Lage versetzt, etwa ein Verkehrsgutachten in Auftrag zu geben, das nicht Gefahr läuft, am Ende wegen geänderter politischer Vorgaben für die Tonne zu sein.
Grünen-Politikerin hat „den Eindruck, dass wir alle nicht weit voneinander entfernt sind“
Die beiden Politikerinnen betonen, dass CDU und Grüne „große Schnittmengen“ im Anforderungsprofil für eine Parkstadt-Bebauung hätten. „Ich sehe da auf keinen Fall mehr als 12,13 Etagen“, sagt Küsters etwa mit Blick auf fünf geplante Hochhäuser im Zentrum der Parkstadt; Soravia pokert aktuell um elf bis 15 Geschosse. Hinsichtlich der Wohneinheiten werde ein Kompromiss wohl irgendwo zwischen den von der SPD aufgerufenen 450 und den 680 von Soravia liegen. Grünen-Politikerin Erd sagt mit Blick auf den SPD-Antrag: „Von der Tendenz her habe ich den Eindruck, dass wir alle nicht weit voneinander entfernt sind. Ich glaube, dass wir da eine Lösung finden können“, sieht sie auch bei Soravia „Bewegung“. CDU und Grüne wollen dem Investor nicht abgesprochen sehen, dass auch er zum Ziel habe, ein hochwertiges Quartier zu schaffen.
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In weiteren Gesprächen und Verhandlungen mit Soravia, betonen Küsters und Erd, sei es wichtig, die Qualitäten und die Attraktivität einer neuen Bebauung abzusichern. Durch den jüngsten „Vorstoß von Soravia“ habe der Entwurf auf jeden Fall gewonnen, „alles ist ein bisschen entzerrt, alles ein bisschen runter“, so Küsters mit Blick auf die geplanten Baukörper. Nur über Massen und Höhen zu diskutieren, greife aber zu kurz. Architektonische Qualitäten seien wichtig, attraktive Freiräume im autofrei geplanten Quartier, etwa durch das „blau-grüne Band“ mit See und viel Grün zwischen Alt- und Neubauten. Auch wichtig für Küsters: eine gute Bewohner-Durchmischung und ein breites Wohnungsangebot, das etwa auch Familien ein attraktives Angebot mache als Alternative zum Reihenhaus-Kauf, der mehr Versiegelung bringe als hohes Bauen.
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CDU-Fraktionschefin lehnt hohe Quote für öffentlich geförderte Wohnungen ab
Grünen-Kollegin Erd spricht ähnliche Dinge an, betont die Wichtigkeit ökologischer Bauweise, von Begrünung und energetischer Effizienz, für das man von Soravia ein verbindliches Konzept vorgelegt bekommen wolle ebenso wie jenes Verkehrsgutachten, mit dem die Verträglichkeit zusätzlicher Wohnungsmasse noch zu untermauern sein wird. Einiges sei noch zu konkretisieren, auch der Anteil öffentlich geförderter Wohnungen. Ein Drittel dafür festzusetzen, wie es die SPD vorschlägt, hält CDU-Frau Küsters allerdings nicht für angebracht. Womöglich seien die Wohnraumbedarfe insgesamt noch mal zum Thema zu machen am Runden Tisch des „Bündnisses für Wohnen“. Es gibt dazu nur veraltete Daten.
Man werde sicher „nicht alle kritischen Anwohner einfangen“ können im weiteren Verfahren, sagt Erd. Oft habe sich in der Vergangenheit aber auch „gezeigt, dass es nicht so schlimm wird wie anfangs befürchtet“. Es sei wichtig, weiter im Gespräch zu bleiben, sagt Küsters und setzt auf einen Kompromiss zwischen Investor und kritischen Bürgern.
Netzwerk der Mülheimer Parkstadt-Kritiker sieht sich durch Umfrage bestätigt
Die haben in Gestalt des Netzwerkes „Parkstadt Mülheim – aber richtig!“ eine bis Ende Mai laufende Umfrage im Internet platziert, sie ist zu erreichen unter https://www.umfrageonline.com/c/4vp4zdmj. Auf die jüngsten Zugeständnisse von Soravia nimmt die Umfrage allerdings keinen Bezug, sie spricht noch von 800 Wohnungen und Hochhäusern mit 18 Geschossen. Bislang hätten rund 1000 Mülheimerinnen und Mülheimer teilgenommen, eine „deutliche Ablehnung“ der Investoren-Pläne mit hoher und verdichteter Bebauung ist laut Netzwerk der Trend. Die Forderung nach einem neu aufgelegten städtebaulichen Wettbewerb finde Unterstützung. Die von Soravia „vorgeschlagenen Änderungen gehen zwar in die richtige Richtung, aber eben noch nicht weit genug“, so Netzwerk-Sprecher Gerald Lux.
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