Mülheim. Die Stadt Mülheim hatte sich aus dem Fenster gelehnt: Sie selbst wollte den Wochenmarkt in der City weiterentwickeln. Warum daraus nichts wird.

Geschoben, geschoben, aufgehoben: Mülheims Stadtverwaltung wird den Wochenmarkt in der Innenstadt nicht in Eigenregie übernehmen. Das ist nun das überraschende Ergebnis eines langen Kopfzerbrechens.

„Nach eingehender Prüfung aller möglichen Handlungsoptionen ist festzustellen, dass die Übernahme des Wochenmarktes durch die Verwaltung selbst nicht umsetzbar ist“, erklärte Planungsamtsleiter Alexander Behringer jüngst auf Anfrage der „PARTEI“ im städtischen Planungsausschuss.

Mülheims Verwaltung: Wochenmarkt in Eigenregie nicht kostendeckend möglich

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Das Ganze sei finanziell nicht zu stemmen und zu verantworten im überschuldeten Mülheim, lässt sich Behringers knapp zweiseitige Stellungnahme zusammenfassen. Eine Refinanzierung einer Personalstelle über die Standgelder werde nicht auskömmlich sein, so seine Einschätzung bei der Annahme, die Stadt müsste bei adäquater Eingruppierung in die Tarifgruppe E11 oder gar E12 tatsächlich jährlich gut 76.000 bis fast 85.000 Euro für jenes Personal in der Kernverwaltung oder bei einer Stadttochter aufwenden, das einen Wochenmarkt in Eigenregie zu organisieren hätte.

Ohne Kostendeckung aber sei die Marktorganisation allein wegen haushaltsrechtlicher Beschränkungen bis 2026 nicht umsetzbar, verwies Behringer darauf, dass die Stadt über die Laufzeit ihres aktuellen Haushaltssanierungsplans keine freiwilligen Aufgaben angehen dürfe, bei der eine kostendeckende Finanzierung nicht gesichert sei – keine Rede mehr davon, dass die städtischen Spielräume mit Auslaufen des NRW-Stärkungspaktes Ende dieses Jahres wieder größer werden könnten, wie in anderem Zusammenhang von Kämmerer und OB in Aussicht gestellt.

Seit fast zwei Jahren Hängepartie um den Mülheimer Wochenmarkt

Die Stellungnahme zum PARTEI-Antrag aus dem Technischen Rathaus liest sich wie das Einmaleins des „Geht nicht“ – und das, nachdem die Stadtverwaltung den Vertrag mit der Deutschen Marktgilde zur Marktorganisation ursprünglich schon im März 2021 hatte auslaufen lassen wollen. Die MST sollte für die Stadt übernehmen, damals war von Personalkosten von „nur“ rund 50.000 Euro die Rede. Mülheims Politik hatte die Verwaltung aber zunächst ausgebremst, um nicht überstürzt in einen Eigenbetrieb des Wochenmarktes zu gehen. Stattdessen ging man auf das Angebot der Marktgilde ein, den Markt noch ein Jahr länger, bis Ende März 2022, zu organisieren.

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Jetzt ist fast noch einmal ein Jahr vergangen – und die Verwaltung streicht erst auf Nachbohren der Politik die Segel. In Zukunft könne der Innenstadt-Markt nur weiter von der Marktgilde, einem anderen Anbieter oder – wie früher – von einem Verbund der Markthändler selbst betrieben werden, heißt es. Ob es über Ende März hinaus bei einem Betrieb durch die Deutsche Marktgilde bleiben wird, deren befristeter Vertrag dann ausläuft, kann die Stadtverwaltung derweil noch gar nicht sagen.

Marktgilde und Stadt streiten vor Gericht: Noch keine Lösung ab April

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Ein neuerlicher Antrag für eine Marktbeschickung ab April liege der Verwaltung nicht vor, hieß es im Ausschuss. Man gehe allerdings davon aus, dass die Marktgilde es schon machen werde, weil sie ursprünglich eine unbefristete Beauftragung durch die Stadt beantragt habe. Seit ihr diese in den Vorjahren versagt worden war, klagt die Gilde gegen die Stadt. Eine gerichtliche Entscheidung dazu steht laut Verwaltung noch aus. Laut Marktgilde hat es die Stadt „in der eingeräumten Frist nicht geschafft, alle nötigen Weichen für eine rechtssichere Übernahme zu stellen“.

Die Marktgilde selbst äußerte auf Nachfrage nun, dass sie den Wochenmarkt auch ab April weiter betreiben will. In den kommenden Tagen wolle man dies bei der Stadt beantragen, so Martin Rosmiarek, der als Niederlassungsleiter für die Region zuständig ist. Er betonte dabei, dass er auf eine längerfristige Vereinbarung hofft, da dies „die Akquise neuer Beschicker sowie weitere Investitionsplanungen deutlich vereinfacht“.

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Seine Gilde habe trotz der Befristung zuletzt investiert, etwa in eine eigene Website für den Mülheimer Wochenmarkt, mit der insbesondere auch die jüngere Generation angesprochen und für den Wochenmarkt begeistert werden solle. Der Wochenmarkt in Mülheim sei trotz der Verwerfungen im stationären Handel stabil, so Rosmiarek. „Wir haben in den letzten Monaten keinen Beschicker verloren und sind im Gegenteil sogar mit interessierten Beschickern im Gespräch.“