Mülheim. Um den Rathausmarkt mit Händlern beleben zu können, beendete der Mülheimer Rat den Vertrag mit der Marktgilde. Die aber hat einen Trumpf im Ärmel.

Das jahrelange Hickhack um einen Wochenmarkt auf dem Rathausmarkt hatte die Stadt jüngst beenden wollen. Im Rat beschloss die Politik deshalb, die bestehende Konzession der Deutschen Marktgilde auslaufen zu lassen, und den Markt in Eigenregie weiterzuentwickeln. Denn die Gilde und auch Händler hatten sich gegen den politisch gewollten Umzug von der Schloßstraße gewehrt. Jetzt aber könnte die Gilde diese Planung torpedieren – mit einem legitimen Zug.

Denn wie Stadtplaner Daniel Bach in der Bezirksvertretung 1 am vergangenen Freitag mitteilte, hat die Deutsche Marktgilde bei der Stadt bereits am 2. Dezember beantragt, einen Wochenmarkt nach §39 der Gewerbeordnung auf eigene Faust und ohne eine Konzession weiterbetreiben zu können. Auch ein weiterer Antrag auf Sondernutzung der bisherigen Standfläche sei gestellt.

Mülheims Verwaltung prüft den Antrag der Deutschen Marktgilde

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Gewerberechtlich ist das möglich und legitim. Die Stadt prüfe derzeit, ob eine Genehmigung erteilt werde, hieß es in der BV1 dazu knapp. Der Verwaltungsvorstand will darüber in einer Woche entscheiden. Wie man eine Ablehnung begründen könnte, ist noch unklar. Davon abgesehen aber läuft der noch bestehende Vertrag mit der Gilde Ende März aus, so Bach.

Mit einer möglichen Genehmigung aber erhielten die Pläne, den Wochenmarkt auf den Rathausmarkt umzusiedeln und damit diesem Platz und dem angrenzenden Wallviertel eine belebende Verjüngungskur zu verpassen, wohl einen herben Dämpfer.

Denn ob sich in der Ruhrstadt zwei Märkte parallel rentieren können - oder sich gar Händler fänden, die dazu bereit wären – ist fraglich. Ohnehin benötigt ein Wochenmarkt am Rathaus bei den Händlern eine Menge Überzeugungskraft. Ein Versuch 2016 brachte nur magere Umsätze, kurz darauf ging die Luft aus dem Testballon.

Gilde will auf 50.000 Euro Jahreseinnahmen nicht einfach verzichten

Erschwerend kommt hinzu, dass auf städtischer Seite dazu erst eine neue Stelle bei der MST eingerichtet werden soll, die mit der Durchführung des Wochenmarktes beauftragt wird. Der Versuch der Stadt, die Expertise über eine Kooperation mit der EVV Verwertungs- und Betriebsgesellschaft (EVB) aus Essen einzuholen, scheiterte, da die Essener GmbH auf das eigene Stadtgebiet beschränkt ist.

Man wird also Überzeugungskraft, langen Atem, Erfahrung und gute Ideen benötigen – aber eben keine Konkurrenz. Stadtplaner Bach weiß darum, daher soll der Wochenmarkt zumindest für dieses Jahr auch unter einer städtischen Führung auf der Schloßstraße bleiben. „Wir wollen die Händler bei einem Umzug zum Rathausplatz mitnehmen“, betont Bach.

Doch offenbar will die Gilde auf die Einnahmen durch die Betreuung der Händler von rund 50.000 Euro jährlich nicht so einfach verzichten. Auf Anfrage der Zeitung gibt sich ein Sprecher der Marktgilde sogar überrascht darüber, dass die Konzession der Marktgilde nicht verlängert würde. Man habe „keine Kündigung erhalten“. So droht womöglich ein Tauziehen um die Händlerschaft, gar eine Konkurrenz von Standorten.

Tauziehen um Händler erschwert Entwicklung rund um den Rathausmarkt

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Oder sogar das Ende der Wochenmarkt-Idee am Rathaus. Für die Entwicklung der Innenstadt insbesondere des brach liegenden Rathausmarktes könnte das einen Rückschlag bedeuten.

Gerade hier hatten sich Verwaltung, Politik, aber auch Teile der Bürger- und Händlerschaft ein neues Einfallstor zur Innenstadt erhofft, das sogar wirtschaftlichen Aufschwung mit sich brächte. Denn über den Radschnellweg sollen Freizeitradler und Pendler in Millionenstärke genau hier vorbeikommen – ein Riesenpotenzial, wenn man sie denn hinunterlocken könnte.

Und auch die langgehegte Idee der Belebung der Viadukt-Bögen entlang der Bahnstraße hängt nicht zuletzt daran, dass man den Platz vor dem Rathaus in Schwung bekommt. Ein Markt gilt zusammen mit dem bereits geplanten neuen Kiosk mit Café und Radstation – betrieben voraussichtlich durch die Fliedner-Werkstätten – sowie Kultur-Veranstaltungen als ein wichtiges Element.